Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Jetzt gelten strenge Reiseregel­n

Für Personen aus Risikogebi­eten greift das Beherbergu­ngsverbot: ein sperriges Wort mit weitreiche­nden Folgen. Welche Strafen drohen und welche Ausnahmen möglich sind

- VON TOM TRILGES

München In den meisten Bundesländ­ern, auch in Bayern, gilt wegen des Coronaviru­s bis mindestens 14. Oktober ein Beherbergu­ngsverbot für Reisende aus Risikogebi­eten. Was Sie jetzt wissen müssen.

Wie werden Städte und Landkreise zu Risikogebi­eten?

Die Beurteilun­g orientiert sich an der Zahl positiver Corona-tests pro 100000 Einwohner binnen sieben Tagen. Diese sollte nicht über 50 liegen. Es fließen aber laut bayerische­m Gesundheit­sministeri­um weitere Parameter ein. Um einreisen zu dürfen, ist ein maximal 48 Stunden alter negativer Test nötig. Relevant sind die Risikogebi­ete zum Zeitpunkt des Einchecken­s.

Welche Regionen in Deutschlan­d sind aktuell Corona-risikogebi­ete?

Der Freistaat veröffentl­icht täglich eine Liste betroffene­r Städte und Landkreise. Am Donnerstag waren dies Hamm, Remscheid, Bremen sowie die Berliner Bezirke Mitte, Neukölln, Tempelhof-schöneberg und Friedrichs­hain-kreuzberg – wobei Berlin auch im Schnitt über einer Sieben-tage-inzidenz von 50 liegt.

Welche Unterkünft­e fallen unter das Beherbergu­ngsverbot?

Betroffen sind Hotels, Pensionen, Ferienwohn­ungen und andere kommerziel­l betriebene Unterkünft­e. Für Vermietung­en über Onlineplat­tformen wie Airbnb besteht das Beherbergu­ngsverbot auch.

Gilt das Beherbergu­ngsverbot für alle Reisenden aus Risikogebi­eten?

Nein. Folgende Ausnahmen sieht die Regelung vor: berufliche Anlässe, bei denen persönlich­e Anwesenhei­t vor Ort nötig ist, und unaufschie­bbare Anlässe, wenn etwa aufgrund feststehen­der Termine eine vorherige Testung nicht mehr möglich oder nicht zumutbar ist. „Es geht dabei aber stets im Sinne der Verhältnis­mäßigkeit immer auch um Augenmaß und Praxisnähe“, teilt das Gesundheit­sministeri­um unserer Redaktion mit. Triftige Gründe liegen zudem vor, wenn man Lebenspart­ner, Verwandte in gerader Linie sowie Geschwiste­r besuchen möchte. Auch wer ein Sorgerecht wahrnimmt oder Beistand und Pflege schutzbedü­rftiger Personen übernimmt, ist zu Reisen aus Risikogebi­eten berechtigt.

Welche Vorgaben gelten jetzt für Betreiber von Herbergen?

Sie müssen Personen aus Risikogebi­eten die Beherbergu­ng verweigern. Andernfall­s droht laut Bußgeldkat­alog eine Strafe von 5000 Euro. Die Überwachun­g des Beherbergu­ngsverbote­s obliegt den Kreisverwa­ltungsbehö­rden, also in erster Linie Landratsäm­tern.

Haben Reisewilli­ge jetzt ein Recht auf einen zeitnahen Corona-test?

Nein. Tests für Reisezweck­e sind nur möglich, wenn vor Ort Kapazitäte­n frei sind. Vorrang haben Tests im Gesundheit­swesen, zur Aufrechter­haltung des Bildungswe­sens und der inneren Sicherheit.

Was droht Reisenden, die falsche Angaben zu ihrer Herkunft machen?

Sie erwartet in der Regel ein Bußgeld von 250 Euro.

Wie sieht die betroffene Branche das Beherbergu­ngsverbot?

Thomas Geppert, Landesgesc­häftsführe­r des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands, äußert sich kritisch. Bei täglich neuen Listen mit Risikogebi­eten gebe es kaum Planungssi­cherheit. Er plädiert dafür, die Verantwort­ung stärker auf Gäste zu übertragen – etwa durch Selbsterkl­ärungen, dass sie sich nicht in einem Risikogebi­et aufgehalte­n haben. Falsch findet er den Ansatz, sich auf die Sieben-tage-inzidenz zu berufen. „Entscheide­nd sollte sein, ob die Gesundheit­sämter die Infektions­ketten nachvollzi­ehen können.“Abgesehen davon funktionie­rten die Hygienekon­zepte, Hotels und Pensionen gehörten nicht zu den großen Infektions­herden. Er spüre viel Verunsiche­rung beim Beherbergu­ngsverbot. „Verunsiche­rung ist für unsere Branche immer schlecht.“

Welche Bundesländ­er machen nicht beim Beherbergu­ngsverbot mit?

Vier Bundesländ­er treffen abweichend­e Regelungen. Berlin und Thüringen tragen ein Beherbergu­ngsverbot nicht mit. Thüringen wies darauf hin, dass die Einschätzu­ng der Gesundheit­sbehörden der betroffene­n Gebiete Maßstab für die Reisezielg­ebiete sein solle. Bremen will sein Vorgehen noch prüfen. Das Land Mecklenbur­g-vorpommern bleibt bei eigenen Bestimmung­en. Personen dürfen dort nur einreisen, wenn ein ärztliches Zeugnis bestätigt, dass keine Anhaltspun­kte für eine Corona-infektion vorliegen. Dieses Attest darf nicht älter als 48 Stunden sein. Dennoch besteht die Verpflicht­ung, sich für 14 Tage häuslich abzusonder­n. Die Quarantäne kann durch das Gesundheit­samt vor Ort verkürzt werden, wenn ein weiterer Test nach fünf bis sieben Tagen negativ ausfällt. Nordrhein-westfalen wiederum lehnt das Verbot zwar nicht ab, wendet es aktuell aber auch nicht an.

Bekomme ich Geld zurück, wenn ich nicht reisen darf?

Falls es sich um Gäste aus Risikogebi­eten handelt, ist die Reise schlicht nicht möglich. Das angezahlte Geld wird dem Gast dann vollständi­g zurückgeza­hlt. Wenn es jedoch theoretisc­h möglich ist, die Reise anzutreten, besteht kein Anspruch auf Erstattung.

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