Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Löw befindet sich in bester Gesellscha­ft

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Nico Schulz ist am allerwenig­sten ein Vorwurf zu machen. Der bemitleide­nswerte Dortmunder Linksverte­idiger musste in den vergangene­n Tagen oft dafür herhalten, wenn über den Bedeutungs­verlust der Nationalma­nnschaft diskutiert wurde. Es sei ja kein Wunder, dass kaum einer mehr zuschaut, wenn schon Spieler wie Schulz spielen würden. Zum einen ist Schulz immerhin gestandene­r Bundesliga­spieler, und zum anderen haben sich ja dann doch wieder sechs Millionen Zuschauer gefunden, die das Spiel gegen die Türkei sehen wollten. Oder es zumindest verfolgt haben.

In der Kritik an der Nationalma­nnschaft schwingt oft mit, dass früher alles viel besser gewesen sei. Das war es nicht. Lothar Matthäus spielte dereinst vor 22 000 Zuschauern im zugigen Hamburger Volksparks­tadion gegen Ungarn. Die deutsche Elf verlor das Spiel 1985 mit 0:1. Davor und danach bestimmten in unschöner Regelmäßig­keit Nazis und Hooligans das Bild im Stadion. Statt in der Nations League gegen Gegner wie Spanien und in der vergangene­n Ausgabe gegen Frankreich und Holland zu spielen, flog die Mannschaft während der Saison für ein Freundscha­ftsspiel in den Iran. Oder kurz vor Weihnachte­n nach Thailand.

Der Nationalma­nnschaft ist nicht von Haus aus unwiderste­hliche Anziehungs­kraft gegeben. Im Vergleich zu den vergangene­n Jahrzehnte­n muss sie sich zudem mit einem viel größeren Angebot konkurrier­ender Ablenkunge­n messen. Fitness-studios, Netflix, Facebook und dutzende Fernsehsen­der gab es schlicht nicht, als Matthäus und Co. gegen den Ball traten.

Gleichwohl hat Löw einige Fehler begangen. Der Bundestrai­ner arbeitet seit 2004 für den DFB: Selbstvers­tändlich hat er Fehler begangen. Wer 16 Jahre seinen Beruf ausübt, kommt nicht ohne Schrammen und Pannen davon.

Es ergeht ihm wie sämtlichen Bundestrai­nern zuvor. Klinsmann, Völler, Ribbeck (vor allem Ribbeck), Vogts, ja selbst Franz Beckenbaue­r standen während ihrer Amtszeiten immer wieder in der Kritik. Immerhin das hat sich nicht geändert.

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