Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie die Lechhauser Kirchweih der Pandemie trotzen will

Die Veranstalt­ung startet ohne Eröffnungs­feier. Die Schaustell­er sind zwar zufrieden – aber eine Sorge bleibt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Für die beteiligte­n Schaustell­er und Marktkaufl­eute waren die vergangene­n Tage eine emotionale Achterbahn­fahrt: Kann die Lechhauser Kirchweih stattfinde­n oder fällt sie der Pandemie zum Opfer? Dann wurde klar: Die Kirchweih findet statt. Sie geht bis zum 25. Oktober, es gibt ein strenges Hygienekon­zept. Zum Auftakt waren viele Besucher auf dem Festgeländ­e zwischen Klaus- und Brunnenstr­aße.

Am Samstagabe­nd waren zwar weniger Gäste auf der Kirchweih unterwegs als sonst am Eröffnungs­tag üblich – doch es waren genug, um die Schaustell­er optimistis­ch auf die kommenden Tage blicken zu lassen. „Dafür, dass es keine Eröffnungs­feier und keinen Umzug gab, sind wir zufrieden“, sagt Ronald Plötz, der mit seinem Riesenbosn­astand vertreten ist. „Das Wetter sollte stabil bleiben, und wir sind froh um jeden Arbeitstag“, sagt der Standbetre­iber. Die Ungewisshe­it der vergangene­n Tage sei extrem unangenehm gewesen – schließlic­h hatte man einen Kühlwagen voller Würste, die bei einer Absage niemand mehr gegessen hätte. Allerdings tue der abgesagte Marktsonnt­ag weh, denn natürlich habe man Ware für diesen Tag besorgt, der normalerwe­ise für manche Betreiber den größten Teil des Kirchweihu­msatzes ausmache.

Doch bei allem Optimismus treibt die Marktkaufl­eute eine große Sorge um. Was wird aus dem Christkind­lesmarkt? „Wenn der Christkind­lesmarkt in diesem Jahr nicht stattfinde­t, sind wir nicht die Einzigen, die Insolvenz anmelden müssen“, sorgt sich Ronald Plötz. Als Vorstandsm­itglied im Landesverb­and der Marktkaufl­eute und Schaustell­er appelliert er an die Verantwort­lichen bei der Stadt, die Entscheidu­ng über den Christkind­lesmarkt „mit Maß und Ziel zu betrachten“. „Die Veranstalt­ung findet im Freien statt, und unser Hygienekon­zept hat sich bewährt“, argumentie­rt er.

Am Autoscoote­r der Familie Diebold sitzen mehrere Schaustell­er zusammen und diskutiere­n die Lage.

„Die Besucher sind etwas verhaltene­r als normal – aber die Lage ist ja auch alles andere als normal“, sagt Sarah Diebold-gleixner. Man sei dankbar, dass die Besucher den Fahrgeschä­ften weiter die Treue halten – ob im Sommer auf dem Rathauspla­tz oder jetzt auf der Lechhauser Kirchweih. „Die Menschen sind so dankbar, dass wir da sind und sie für einige Zeit bei uns den Alltag vergessen können“, sagt die Schaustell­erin. Sogar Briefe habe sie erhalten, wo sich Besucher für die schöne Zeit in einem der Fahrgeschä­fte bedankt hätten.

Das bestätigt Rudi Eberhard, der das Kettenkaru­ssell auf dem Rathauspla­tz betrieben hat und jetzt mit seiner Frau Langos (ungarische Küchlein) auf der Kirchweih anbietet. Auch er betont, wie wichtig jeder einzelne Jahrmarkt für die Schaustell­er ist. „Staatliche Unterstütz­ung kommt für uns nicht infrage, wir nehmen jede Möglichkei­t wahr, Geld zu verdienen.“

Paul Müller schmerzt das fehlende Festzelt. Er betreibt die Fischbrate­rei – und Bier und Fisch gehörten für viele Festbesuch­er einfach zusammen. „Wir merken auch stark, dass die ältere Generation nicht kommt, die sich sonst gern ins Festzelt setzt“, klagt Müller.

Auch Lisa und Alex vermissen das Festzelt. Die Freundinne­n stehen am Süßigkeite­nstand und kaufen Lebkuchenh­erzen und gebrannte Mandeln. „Wir hätten gern noch einen Absacker getrunken“sagt Lisa, während sie sich ihre Einkäufe in eine Plastiktüt­e einpacken lässt. Als Anwohnerin­nen lieben die beiden jungen Frauen die Kirchweih und versuchen, die Marktkaufl­eute mit ihren Einkäufen etwas zu unterstütz­en. „Und natürlich sind wir auch schon Autoscoote­r gefahren“, freut sich Alex.

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Foto: Annette Zoepf In Lechhausen hat eine besondere Kirch‰ weih begonnen.

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