Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Der Wirt betäubt mit K.o.tropfen
„Tischlein deck dich“– bei Fritz & Freunde
Es war einmal ein habgieriger, betrügerischer Wirt, bei dem nacheinander drei Brüder einkehrten. Dem ersten luchste er ein wunderliches Tischlein ab und dem zweiten einen Goldesel. Bei dem dritten dagegen sollte es dem Wirt übel ergehen, denn dieser war vorgewarnt worden und fiel auf des Wirts K.-o.tropfen nur zum Schein herein, ehe er seinen „Knüppel aus dem Sack!“rief. Der Verprügelte war alsbald reuig, rückte sein Diebesgut heraus und merkte sich die Moral: „Mit Lügen und Betrügen und Stehlen kommt man auch nicht weiter.“
So schnell ist das Grimm’sche Märchen in der neuen Inszenierung des Theaters Fritz und Freunde erzählt, die am Samstag im Abraxas Premiere hatte. Der permanenten clownesken Action wegen hält sich diese Version nicht bei subtileren Motiven auf. Der Wirt macht stets ratzfatz Beute und verrät vorab den Kindern sogar seine Absichten. Anfangs steht hier die Moritat von der Ziege („mäh, mäh, mäh! Ich bin so satt, ich mag kein Blatt!“), lustig von Christian Beier zur Gitarre gesungen. Obwohl das verschlagene Vieh im originalen Märchen doch die Söhne aus dem Haus getrieben und den Schneider verbittert hat. Was ließe sich daraus nicht übers Mobbing unserer Tage ableiten, das auch Kinder schon erleben?
Doch auf der Bühne – im Wesentlichen ein großer Vorhang, ein Garderobenständer und zwei Stühle – kehrt kurz darauf der erste verbannte Sohn schon wieder frohgemut nach Hause (keine Furcht, keine Bedenken?). Die Blamage der Bestohlenen vor dem Vater fällt milde aus, den dritten versprengten Sohn muss man flugs per Brief (kein Smartphone zur Hand?) warnen, damit er’s dem fiesen Wirt (Fritz Weinert) heimzahlt. Und schon tönt’s ausgelassen zum Finale: „Lasst uns froh und munter sein …“
Das alles ist etwas arg simpel gestrickt für professionelles Kindertheater. Was hat eigentlich Regisseur Detlef Winterberg gemacht?