Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Uniklinik: Streik wird vorzeitig abgebrochen
Tarifstreit Noch am Montagmorgen standen Mitarbeiter des Krankenhauses auf der Straße, um für bessere Bedingungen zu streiken. Dann änderte sich die Lage in der Notaufnahme. Ab Dienstag läuft der Dienst wieder normal
Übersehen und überhören konnte man die Streikenden am Universitätsklinikum Augsburg (UKA) am Montagmorgen nicht. In gelben Warnwesten, mit Rasseln, Trommeln und Sirenen hatten die Mitarbeiter ihrem Unmut über das ihrer Meinung nach schlechte Angebot der Arbeitgeber in der laufenden Tarifrunde Luft gemacht. Zwei Tage, bis Mittwochmorgen, hätte der Ausstand dauern sollen. Doch weil sich die Lage in der Notaufnahme wegen Corona am Abend zuspitzte, hat die Gewerkschaft den Streik nun vorzeitig abgebrochen.
„Die Zahlen in der Notaufnahmen stiegen am Montagabend so stark an, dass eine Fortsetzung des Streiks nicht mehr zu verantworten gewesen wäre“, teilte Gewerkschaftssekretär Tim Graumann am Montag gegen 20.30 Uhr mit. Er
Notdienstvereinbarung wurde aufgekündigt
hatte zu diesem Zeitpunkt mit Notfallmedizinerin Renate Demharter telefoniert, die gerade ihren Dienst in der Notaufnahme verrichtete. Demharter ist Notfallmedizinerin und außerdem Mitglied der Verdistreikleitung. Noch am Vormittag hatte sie betont, dass Verdi trotz einer hohen Zahl an Corona-patienten weiter streiken wollte. Hintergrund: Das Klinikum hatte am Freitag seinerseits eine gemeinsam geschlossene Notdienstvereinbarung aufgekündigt. Darin stand unter anderem, dass es bei 25 Corona-patienten oder mehr keinen Streik geben dürfe. Weil das Klinikum seinen Teil der Vereinbarung aufgekündigt hatte, sah sich aber auch Verdi nicht mehr daran gebunden.
Die Zahl der Corona-patienten war im Lauf des Montags aber kontinuierlich gestiegen. Stand Montagmittag wurden am UKA 39 Covid-19-patienten behandelt, hieß es aus dem Klinikum noch am Nachmittag. Davon müssten acht Patienten intensivmedizinisch versorgt werden, sieben wurden aktuell beatmet. Hinzu kämen fünf Verdachtsfälle in Abklärung, außerdem drei Personen in der Kinderklinik. Zum Vergleich: Während der ersten Welle im Frühjahr betrug die Höchstzahl an Covid-19-patienten am UKA 43 Patienten. Die Gewerkschaft fordert unter anderem eine Einkommenserhöhung von 4,8 Prozent oder aber mindestens 150 Euro mehr Geld, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Arbeitgeber bieten 3,5 Prozent mehr für 36 Monate. Wieder stünden die Pflegekräfte bei der Corona-krise an vorderster Front, doch eine Anerkennung werde ihnen von den Arbeitgebern nach wie vor verweigert, hieß es auf der Kundgebung am Montagvormittag. Weil auch die streikenden Pflegekräfte keine Patienten gefährden wollten, hatte der Ausstand weniger Patienten als ursprünglich geplant betroffen, so Verdi. Statt 207 Betten wurden nur noch 140 Betten bestreikt. Doch auch diese Stationen werden nun ab Dienstagmorgen wieder voll in den Dienst einsteigen. „Bis auf die Streikleitung, die noch einiges organisieren muss, erscheinen Dienstagfrüh wieder alle Kollegen zum Dienst“, so Graumann.
Prof. Michael Beyer, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Uniklinik, hatte am Montagmittag bei einem Treffen der so genannten Task Force Corona betont, man müsse „kein Hellseher sein, um vorhersagen zu können, dass uns die zweite Corona-welle weit wuchtiger treffen wird als die erste“. Die Task Force hatte seit dem Frühjahr zum ersten Mal wieder getagt, um Schritte in der Bekämpfung des Virus zu besprechen. Beyer hatte in diesem Rahmen vehement Kritik am Streik geäußert.