Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Tatort Museumsinsel
Über 60 Werke wurden mit einer Flüssigkeit beschädigt. Daran entzündet sich die Frage nach der Sicherheit der Museen
Berlin Die staatlichen Berliner Museen sind erneut Opfer von Kriminellen geworden und müssen sich Fragen zur Sicherheit gefallen lassen. Wie erst jetzt bekannt wurde, wurden am 3. Oktober mehr als 60 Objekte in verschiedenen Häusern mit einer Flüssigkeit beschädigt. Öffentlich machten den Fall Berichte der Wochenzeitung Die Zeit und des Deutschlandfunks.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) forderte am Mittwoch Aufklärung zur Frage der Sicherheit. Bereits vor drei Jahren wurde die Museumsinsel zum Tatort. Damals wurde eine riesige Goldmünze gestohlen. Nun ist von dem bisher umfangreichsten Schaden für die Häuser der Museumsinsel die Rede. Insgesamt sind nach Angaben von Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin der Museen, 63 Objekte betroffen, darunter die Sarkophagwanne des Nehi und der Sarkophag des Propheten Ahmose. Auf ihnen sind Spritzer einer Flüssigkeit zu erkennen. Ein Gesamtschaden könne erst nach Ende der Restaurationsarbeiten benannt werden, sagte Haak während einer Pressekonferenz. Betroffen sind das Neue Museum, das Pergamonmuseum und die Alte Nationalgalerie.
Rund 3000 Besucher waren nach Angaben des Landeskriminalamts am 3. Oktober in den Museen. 650 wurden nun angeschrieben und nach Beobachtungen gefragt. Der überwiegende Teil der Besucher habe ein Ticket an der Tageskasse gekauft, wo wegen der Hygienekonzepte in den Museen keine persönlichen Daten erhoben werden müssen. Nach Auswertung der Videokameras gibt es keine Hinweise auf Täter. Das bisher befragte Personal hat demnach keine Beobachtungen machen können. Unklar ist auch, ob es mehrere Beteiligte gibt.
Zu der Flüssigkeit gab es aus ermittlungstaktischen Gründen keine näheren Angaben. Die Flüssigkeit war farblos, nicht ätzend und ölig.
Wie sie aufgebracht wurde, ist noch nicht klar. Auf den beschädigten Objekten waren kleine Flecken zu sehen. Einen Zusammenhang der Objekte oder ein Motiv konnten die Ermittler bisher nicht ausmachen. Bislang gingen die Ermittler eher von einem Einzeltäter aus, könnten aber nicht ausschließen, dass es auch mehrere Täter waren. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagte Pohl mit Blick auf Berichte, die einen Zusammenhang zu dem Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann herstellen. Der habe im Sommer verbreitet, dass sich im Pergamonmuseum der „Thron des Satans“befinde, berichteten Die Zeit und der Deutschlandfunk. Die Museumsinsel war im Sommer auch Schauplatz von Demos gegen die Corona-maßnahmen.
Kulturstaatsministerin Grütters klang in einer Mitteilung verärgert. Sie betonte, die Staatlichen Museen zu Berlin müssten sich erneut Fragen nach ihren Sicherheitsvorkehrungen stellen lassen. „Ich habe daher den Präsidenten umgehend gebeten, dem Stiftungsrat dazu einen umfassenden Bericht vorzulegen. Es ist zu klären, wie diese vielen Beschädigungen unbemerkt vonstattengehen konnten und wie solche Angriffe in Zukunft verhindert werden sollen.“