Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wie Modehändler in der Krise punkten wollen
Der Lockdown hat viele Läden in Augsburg in Schwierigkeiten gebracht. Sie bleiben auf Bergen von Ware sitzen, für die sich keine Abnehmer fanden. Neue Ideen sollen helfen
Für die Entwicklung von Innenstädten werden derzeit viele düstere Bilder gemalt. Sollte ein zweiter Lockdown folgen, könnte das eine Insolvenzwelle im Einzelhandel auslösen und zu vielen Leerständen in Fußgängerzonen führen, warnt unter anderem der Handelsverband Bayern. Da kommt das City-outlet von Jung am Ende der Annastraße (Ecke Karlstraße) zur rechten Zeit. Die Eröffnung des Ladens setze ein positives Signal, sagen Passanten.
Der Leerstand, den das Modehaus Benesch nach seinem Umzug in die ehemaligen Esprit-räume, ebenfalls in der Annastraße, hinterlassen hat, werde nun nachgenutzt – und zwar von einer Branche, die vom Lockdown besonders gezeichnet war: dem Modehandel.
Doch hinter dem Pop-up-laden, der rund sechs Wochen in den ehemaligen Benesch-räumen bleiben wird, stecke nicht nur Optimismus, sondern auch eine gewisse „Not“, sagt Katharina Ferstl vom Modehaus Jung. „Nach dem Lockdown sind unsere Lager voll mit nicht verkaufter Ware. Wir müssen also etwas unternehmen, um möglichst viel noch verkauft zu bekommen.“Auf die Bekleidung gibt es im Outlet einen Nachlass von mindestens 50 Prozent. „Uns war es wichtig, dass wir die Kleidung zwar im Preis senken, aber nicht verramschen. Wir wollten einen schönen Ort für den Abverkauf haben und auch Verkäufer bieten, die beraten.“Das sei an diesem Standort gelungen. Dazu könne man in zentraler Lage auf das Haupthaus an der Wertachbrücke aufmerksam machen.
Der Modehandel ist vom Lockdown nach wie vor gezeichnet, das berichten neben Ferstl auch andere Unternehmen. Vor allem Geschäfte, bei denen der Fokus auf anlassbezogener Mode liegt – also auf Anzügen für den Bräutigam, Kleider für Bälle, Kommunion oder Hochzeiten sowie Business-mode. „Wenn viele Veranstaltungen nach wie vor abgesagt werden, dann kauft auch keiner solche Klamotten“, sagt Katharina Ferstl. Marcus Vorwohlt vom Modehaus Rübsamen bestätigt dies.
Das Modehaus Jung, wie andere Augsburger Modehändler auch, müssen sich für den Abverkauf alter und die Bestellung neuer Ware etwas einfallen lassen. „Wir bestellen beispielsweise weniger neue Ware und auch gezielter, also auf den Kunden zugeschnitten“, sagt Ferstl. Man überlege genau, was zur Kundenstruktur passe und worauf man gegebenenfalls verzichten könne. Auch Marcus Vorwohlt bestellt vorsichtiger als sonst: Um die zehn bis 20 Prozent hat er seine Bestellungen für die nächste Saison zurückgefahren. „Man weiß schließlich nicht, was kommt“, sagt er stellvertretend für die ganze Branche. Außerdem richte er bei seiner Bestellung den Fokus nun weniger stark auf Anzüge, Hemden und schicke Kleider, sondern mehr auf Mode für den Freizeitbereich. Diese sei der aktuellen Lage wegen stärker nachgefragt. Lagerware biete er verstärkt über den Onlineshop an.
Dazu versuchen die Augsburger Modehändler mit neuen Konzepten zu punkten. Jung wird eine Abteilung für große Größen für Damen und Herren einrichten und genauso wie Rübsamen und andere Kollegen auf individuelle Beratungstermine setzen. „Da sind sie dann zusammen mit dem Berater oder der Beraterin in einem eigenen Bereich und können hier, ohne auf andere zu treffen, an- und ausprobieren“, erklärt Marcus Vorwohlt das Konzept. Der Handel habe schon vor Corona das ein oder andere Thema verschlafen, das werde nun sichtbar, sagt Ferstl selbstkritisch. Nun müsse man sich umso stärker den aktuellen Gegebenheiten anpassen, um die schwierige Phase so gut wie möglich zu überstehen.