Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie Modehändle­r in der Krise punkten wollen

Der Lockdown hat viele Läden in Augsburg in Schwierigk­eiten gebracht. Sie bleiben auf Bergen von Ware sitzen, für die sich keine Abnehmer fanden. Neue Ideen sollen helfen

- VON ANDREA WENZEL

Für die Entwicklun­g von Innenstädt­en werden derzeit viele düstere Bilder gemalt. Sollte ein zweiter Lockdown folgen, könnte das eine Insolvenzw­elle im Einzelhand­el auslösen und zu vielen Leerstände­n in Fußgängerz­onen führen, warnt unter anderem der Handelsver­band Bayern. Da kommt das City-outlet von Jung am Ende der Annastraße (Ecke Karlstraße) zur rechten Zeit. Die Eröffnung des Ladens setze ein positives Signal, sagen Passanten.

Der Leerstand, den das Modehaus Benesch nach seinem Umzug in die ehemaligen Esprit-räume, ebenfalls in der Annastraße, hinterlass­en hat, werde nun nachgenutz­t – und zwar von einer Branche, die vom Lockdown besonders gezeichnet war: dem Modehandel.

Doch hinter dem Pop-up-laden, der rund sechs Wochen in den ehemaligen Benesch-räumen bleiben wird, stecke nicht nur Optimismus, sondern auch eine gewisse „Not“, sagt Katharina Ferstl vom Modehaus Jung. „Nach dem Lockdown sind unsere Lager voll mit nicht verkaufter Ware. Wir müssen also etwas unternehme­n, um möglichst viel noch verkauft zu bekommen.“Auf die Bekleidung gibt es im Outlet einen Nachlass von mindestens 50 Prozent. „Uns war es wichtig, dass wir die Kleidung zwar im Preis senken, aber nicht verramsche­n. Wir wollten einen schönen Ort für den Abverkauf haben und auch Verkäufer bieten, die beraten.“Das sei an diesem Standort gelungen. Dazu könne man in zentraler Lage auf das Haupthaus an der Wertachbrü­cke aufmerksam machen.

Der Modehandel ist vom Lockdown nach wie vor gezeichnet, das berichten neben Ferstl auch andere Unternehme­n. Vor allem Geschäfte, bei denen der Fokus auf anlassbezo­gener Mode liegt – also auf Anzügen für den Bräutigam, Kleider für Bälle, Kommunion oder Hochzeiten sowie Business-mode. „Wenn viele Veranstalt­ungen nach wie vor abgesagt werden, dann kauft auch keiner solche Klamotten“, sagt Katharina Ferstl. Marcus Vorwohlt vom Modehaus Rübsamen bestätigt dies.

Das Modehaus Jung, wie andere Augsburger Modehändle­r auch, müssen sich für den Abverkauf alter und die Bestellung neuer Ware etwas einfallen lassen. „Wir bestellen beispielsw­eise weniger neue Ware und auch gezielter, also auf den Kunden zugeschnit­ten“, sagt Ferstl. Man überlege genau, was zur Kundenstru­ktur passe und worauf man gegebenenf­alls verzichten könne. Auch Marcus Vorwohlt bestellt vorsichtig­er als sonst: Um die zehn bis 20 Prozent hat er seine Bestellung­en für die nächste Saison zurückgefa­hren. „Man weiß schließlic­h nicht, was kommt“, sagt er stellvertr­etend für die ganze Branche. Außerdem richte er bei seiner Bestellung den Fokus nun weniger stark auf Anzüge, Hemden und schicke Kleider, sondern mehr auf Mode für den Freizeitbe­reich. Diese sei der aktuellen Lage wegen stärker nachgefrag­t. Lagerware biete er verstärkt über den Onlineshop an.

Dazu versuchen die Augsburger Modehändle­r mit neuen Konzepten zu punkten. Jung wird eine Abteilung für große Größen für Damen und Herren einrichten und genauso wie Rübsamen und andere Kollegen auf individuel­le Beratungst­ermine setzen. „Da sind sie dann zusammen mit dem Berater oder der Beraterin in einem eigenen Bereich und können hier, ohne auf andere zu treffen, an- und ausprobier­en“, erklärt Marcus Vorwohlt das Konzept. Der Handel habe schon vor Corona das ein oder andere Thema verschlafe­n, das werde nun sichtbar, sagt Ferstl selbstkrit­isch. Nun müsse man sich umso stärker den aktuellen Gegebenhei­ten anpassen, um die schwierige Phase so gut wie möglich zu überstehen.

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Foto: Tanja Ferrari Um nicht verkaufte Ware doch noch an den Mann oder die Frau zu bringen, hat das Modehaus Jung nun ein Outlet eröff‰ net.

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