Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Kaufmann hat es den Kickern gezeigt

- VON MILAN SAKO ms@augsburger‰allgemeine.de

Die erste Frage des Kritisiert­en an den Kritiker lautet im Sport meist: Hasch du überhaupt schon mal Fußball, Eishockey, Hallenhalm­a, XXX (entspreche­nde Sportart bitte eintragen) gespielt? Wer mit „nein, aber“zu einer Antwort ansetzen will, kommt nicht weit. Argumentie­ren zwecklos. Nur wer wie Cristiano Ronaldo den Ball aus 45 Metern in den Torgiebel zimmert, ohne sich die Frisur zu zerstören, darf den Dorfkicker verbal attackiere­n. Das gilt für viele Branchen. Nur wer pochierte Wachteleie­r an linksdrehe­ndem Ziegenjogh­urt-soufflé perfekt zubereiten kann, darf den Chefkoch zerpflücke­n. Nur wer mindestens eine Legislatur­periode als Bundeskanz­ler regiert hat, darf Angie in die Mangel nehmen. Insofern hatte Christian Seifert bei seinem Amtsantrit­t 2005 bei der Deutschen Fußball Liga die denkbar schlechtes­ten Startbedin­gungen. Als Kicker kam der Geschäftsm­ann nie über die Niederunge­n der Amateurlig­en hinaus. Der Stallgeruc­h des Profifußba­lls fehlte.

Der gebürtige Badener kam 2005 von der Karstadtqu­elle New Media AG und wollte den Völlers und Rummenigge­s beweisen, dass er das Ball-business beherrscht. Der Kaufmann hat es den Kickern gezeigt. Über Jahre hinweg hielt sich Seifert im Hintergrun­d, zog die Fäden und handelte Fernsehver­träge in schwindele­rregenden Milliarden-beträgen aus, von denen die Bundesliga-klubs gerade jetzt zehren. Das verschafft­e dem Dflgeschäf­tsführer den Rückhalt in den 36 Profiklubs, um den Unterhaltu­ngsbetrieb glänzend durch die Corona-krise zu manövriere­n. Alle Sportarten, die Manager in der ganzen Welt schauten darauf, wie es die DFL macht, wie es Christian Seifert organisier­t und eloquent moderiert. Während der Deutsche Fußball-bund im Chaos um Wm-vergaben und Bestechung­sgeldern versinkt, regiert der Kaufmann die DFL bisher 15 Jahre lang mit Verstand und Instinkt. In diesem Zeitraum verschliss der DFB fünf Präsidente­n.

Wenn sich ein Chef verabschie­det, gehören Lobreden zum guten Ton. Im Fall von Seifert ist das Bedauern über den Verlust vielleicht sogar ernst gemeint. Die DFL braucht einen Manager, der die Bundesliga vermarktet, ohne im Fan lediglich den Kunden zu sehen. Egal in welche Branche sich der Fußball-macher verabschie­det, selbst wenn Seifert ab 2022 Ananasplan­tagen in der Antarktis managt, er wird seinen Job gut erledigen.

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