Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Post von Reinhold Messner

Buch Bergsteige­r veröffentl­icht Briefesamm­lung

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„Nicht das Bergsteige­n an sich ist ein Gesundbrun­nen für mich, oft reicht eine unverbrauc­hte Landschaft, in die ich mich hineinbewe­gen kann, und ich bin glücklich. Gehe ich nicht, gehe ich kaputt“, das schrieb Reinhold Messner 2000 an einen Freund. Das Zitat steht über einer Sammlung von Briefen aus dem Himalaja, die Messner aus eigenen Briefen (aus 50 Jahren) und denen von einigen anderen Bergsteige­rn zusammenge­stellt hat.

„Die wohl authentisc­hste Form der Berichters­tattung aus dem Schneeland“liefert einen Einblick in 200 Jahre Bergsteige­r-geschichte, erzählt von Erfolgen und Tragödien, von Begeisteru­ng und schmerzhaf­ten Erlebnisse­n. Und sie spiegelt das Lebensgefü­hl der jeweiligen Zeit, die Arroganz der Pioniere gegenüber den Sherpas, die Selbstvers­tändlichke­it einer luxuriösen Ausrüstung. So schrieb Albert Frederick Mummery 1895: „Wenn man übrigens ein Pferd für 6 Penns pro Tag und einen Mann für 20 Schilling pro Monat mieten kann, so wüßte ich nicht, warum es einem schlecht gehen sollte.“Doch den Gipfel des Nanga Parbat konnte er seiner Frau nicht zu Füßen legen, wie er es versproche­n hatte. Mummery überlebte das Abenteuer nicht. Die Erstbestei­gung gelang erst rund ein halbes Jahrhunder­t später durch Hermann Buhl. Zuvor hatte der Berg 31 Menschenle­ben gefordert.

Auch für Reinhold Messner wurde der Nanga Parbat zum Schicksal: Sein jüngerer Bruder Günther wurde Opfer einer Lawine wie so viele vor ihm. Das Unglück brachte Messner viele Anfeindung­en, mit denen er fast ein Leben lang zu kämpfen hatte. In seinen Briefen streift er diesen Kampf – auch mit dem deutschen Alpenverei­n – nur kurz.

Sie berichten vor allem über die Veränderun­gen, die der Bergtouris­mus in die ehemals abgeschied­enen Himalaja-regionen brachte, vom neuen Selbstbewu­sstsein der Sherpas und vom Ausverkauf der Natur. „Keine Sache der Welt ist derart missbrauch­bar wie der Mount Everest ...“Und in einem Brief aus dem Jahr 2017 schreibt Messner: „Es gibt hier kein Größer oder Kleiner – es gilt nur, die Umsetzung so zu realisiere­n, dass der Berg nicht als Trampolin des Heldentums missbrauch­t wird.“

Dass er mit seinen Erfolgen in den höchsten Bergen der Welt auch dazu beigetrage­n hat, Bergsteige­r-ambitionen zu wecken, erwähnt er ganz nebenbei. Nur schade, dass die Briefe bis auf wenige Ausnahmen ohne Adressaten im Buch stehen. Man wüsste doch zu gern, wen sie erreichen sollten. Lilo Solcher ⓘ

Info: Reinhold Messner. „Gehe ich nicht, gehe ich kaputt“, Piper, 272 S., 24 Euro

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Foto: Ronny Kiaulehn/tüv Rheinland Ag/obs, dpa Gehe ich nicht, gehe ich kaputt: Dies schreibt Reinhold Messner in einem Brief an ei‰ nen Freund.

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