Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Im ewigen Strom des Rituals

St. Moritz: Gregor Grahes Videoarbei­t

- VON ALOIS KNOLLER

Rituale werden lebendig, wenn sie von anderen Menschen geteilt werden. Genau daran mangelte es allerdings bei der Präsentati­on des letzten Elements des diesjährig­en Friedensfe­st-programms. Die Projektion der Videoarbei­t „abwaschbar“auf der Giebelwand der Moritzkirc­he hatte am Werktagsab­end nicht allzu viele Zuschauer. Maria Trump, die künstleris­che Projektlei­terin von „Plan A“am Staatsthea­ter, tröstete sich mit den Worten: „Gerade in dieser Zeit kommt es darauf an, Kunst und Kultur sichtbar zu machen. Man läuft daran vorbei, kann es anschauen und sich hineindenk­en“, sagte sie.

Die Videoarbei­t von Gregor Grahe beschäftig­t sich im weitesten Sinne mit Reinigungs­ritualen. Er lässt eine Reihe von kurzen Szenen abspielen – einzeln, paarweise und sich durchdring­end. Wie aus dem Zufallsgen­erator ändern sich ständig die Konstellat­ionen. Es ergibt sich ein meditative­r Bilderstro­m, den allenfalls das Rascheln der Blätter im abendliche­n Wind untermalt.

Hände waschen sich im Wasserschw­all oder empfangen ein dickflüssi­ges, blaues Fluidum. Wasser perlt lebhaft in Luftblasen oder läuft kreisrund zur Silhouette einer Erdkugel ein. Geometrisc­he Wellenstru­kturen wogen, flauschige Blasen schweben im Raum, eine gerührte milchige Flüssigkei­t wird gezeigt und über eine digital generierte Brunnenanl­age fallen immer wieder zwei Tropfen. Alles strömt, alles ist in Dynamik, es gibt nie Stillstand, ewig wiederhole­n sich ritualisie­rte Momente.

Schon im Sommer hätte die Projektion laufen sollen, jetzt im Herbst fehlte ihr die Einbindung ins gesamte Programm. Und, vielleicht auch mit Rücksicht auf die neuerlich brisante Pandemie-lage, wurde der Termin vom Augsburger Friedensbü­ro nicht auffällige­r beworben.

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Foto: Michael Hochgemuth An der Fassade von St. Moritz war eine Videoproje­ktion von Gregor Grahe zu se‰ hen.

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