Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wenn die Mona Lisa zum Karneval in Venedig geht
Georg Bernhard, Gernot Thamm und fünf abstrakte Künstler im intimen Rahmen
Innehalten in diesen Zeiten, Poetisches, Heiteres oder auch Rätselhaftes anschauen – Kunst-bummel bietet dazu immer wieder die Gelegenheit. Drei Galerien, zweimal in der Innenstadt sowie in Göggingen, präsentieren Werke in unterschiedlichen Techniken.
● Besonders prominent besetzt ist derzeit der Showroom der Maxgale rie in der Passage zwischen Maximilianund Philippine-welserstraße. Von außen hat man einen guten Blick auf eine kleine, aber sehr feine Sammlung von Arbeiten Georg Bernhards. Der Fund einer Bücherkiste auf dem Dachboden hat den Nestor der Kunstszene zu eigenwilligen wie virtuosen Papier-collagen inspiriert. Untergrund dieser Kabinettstückchen sind die Buchdeckel zumeist von alten Kochbüchern aus dem 19. Jahrhundert. Den übereinander geklebten Papierschichten, auch eigenen Hinzufügungen, hat Bernhard eine wunderschöne Serie skurriler und lyrischer Gestalten und Formen entlockt – entweder durch Ritzungen mit dem Messer oder zeichnerisch-farblichen Eingriffen. Tiererscheinungen, in arabesker Eleganz oder heraldischer Verknappung, allein, oder mit menschlicher Gestik und Anmutung konfrontiert, zaubern stille Momente, die teils durch arabische oder altlateinische Schriftreihen, wie auch goldschimmernde Ebenen schweben. Drei große Rohrfederzeichnungen mit typisch Bernhard’schem Figurentheater, in denen die präzise Anatomie seiner Gestalten in virtuoser Zeichnung synchrone Bewegungsmuster voller rätselhafter Dynamik exerziert, ergänzen die sehenswerte Schau (täglich 8 bis 20 Uhr).
● Nur 200 Meter entfernt kann man sich an einen anderen Kunst-ort auf anregende Bildszenen einlassen. In der Galerie Süßkind in der Dominikanergasse gibt es Arbeiten von Gernot Thamm zu sehen. Der in Augsburg wohlvertraute und beliebte, in Dinkelsbühl 1954 geborene Künstler versteht es, Alltagsszenen,
traumartige Vorkommnisse, lustige, groteske oder einfach stille menschliche Situationen in unterschiedlichen realen und fiktiven Räumen anzusiedeln. Da kann der geniale Leonardo seine Mona Lisa im „Carneval Venedig“auftreten lassen, oder Pisa mit seinem schiefen Turm („Geheime Kraft) ebenfalls große italienische Momente generieren, ironisch gebrochen durch nüchterne Raster-felder à la Sigmar Polke oder andere verspielte grafische Maßnahmen. Urlaubsszenen mit Schwimmern oder am Himmel hereinschwebenden und filigran gezeichneten Paddlern tummeln sich am subtil bedrohlichen Meer („Sturmwarnung“). Lapidare halbabstrakte Formstudien, dazu vor allem die deftig-sarkastischen Oktoberfestbilder sorgen für reichlich Abwechslung (Laufzeit bis 7. Novem ber. Dominikanergasse 9, geöffnet Di Fr von 11 bis 18 Uhr, Sa von 11 bis 16 Uhr).
● Sehr kühl, in formstrenger Archaik zeigen fünf Künstler Beispiele ihres abstrakten Schaffens im Showroom „Contemporary“an der Gögginger Bergstraße, der von der Claudia Weil Galerie Friedbergrinnenthal und der Zweigstelle Berlin betrieben wird: Stefan Eberstadt, Stefan Annerel, Isabelle Dykerhoff, Ursula Oberhauser und Florian Ecker (Laufzeit bis 31. Okto ber. Bergstr. 11. Fr/sa 14 bis 18 Uhr).