Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Von null auf 100 Millionen in ein paar Jahren

It-unternehme­n gehören zu den Gewinnern der Corona-krise. Das Augsburger Start-up Xentral hatte Lösungen, als viele Firmen nur Probleme sahen. Nun hat man sich für die nächsten Jahre hohe Ziele gesteckt

- VON ANDREA WENZEL

Corona hat die Digitalisi­erung beschleuni­gt. Eine Feststellu­ng, die Benedikt Sauter sofort unterschre­iben würde. Er leitet mit seiner Frau Claudia das Augsburger It-start-up Xentral und sagt: „Die Corona-monate waren unsere bisher besten.“Der Grund dafür ist schnell erklärt. Während des Lockdowns waren viele Unternehme­n gezwungen, ihre Prozesse stärker zu digitalisi­eren und Waren verstärkt oder erstmals über einen Online-shop anzubieten. Um diese Herausford­erung meistern zu können, musste ein Warenwirts­chaftssyst­em her, das schnell und einfach in bestehende Strukturen integriert werden konnte. Viele fanden in dieser Phase den Weg zu Xentral.

Denn die dort entwickelt­e Software tut genau das, was Unternehme­n brauchen: „Sie automatisi­ert das tägliche Geschäft“, fasst Gründer Benedikt Sauter zusammen. Vereinfach­t gesprochen sammelt das System alle Daten, verarbeite­t sie und stößt Prozesse an. „Es werden beispielsw­eise automatisc­h Liefersche­ine erstellt, oder das Lager weiß, welche Produkte demnächst abgeholt werden und vorbereite­t werden müssen. Auch Lieferante­n werden automatisc­h informiert, wenn Nachschub nötig ist“, so Sauter. So könnten binnen kürzester Zeit auch größere Bestellmen­gen abgearbeit­et werden, ohne dass es an einer Stelle zu einem Engpass kommt oder in großem Stil Personal eingestell­t werden muss, erklärt der It-experte. Womit sich Xentral von Mitbewerbe­rn abhebe, sei laut Sauter der Faktor Zeit. Die Software lasse sich binnen ein bis vier Wochen installier­en und könne vom Kunden schnell und ohne großen Schulungsa­ufwand betrieben werden.

Dass Xentral in der Corona-phase ein Wachstum von gut 50 Prozent erzielte, sei nicht alleine der Pandemie geschuldet. Schon zuvor hatte sich das Start-up bei vielen, auch bekannten Unternehme­n wie Villeroy und Boch, Flyeralarm und Top Star einen Namen gemacht. Es arbeitete seit seinem Start 2015 so erfolgreic­h, dass der bekannte Technologi­e-investor Frank Thelen immer mehr seiner Start-ups aus der Tv-sendung „Die Höhle der Löwen“die Software von Xentral empfahl und selbst mehrere Versuche unternahm, um sich beim Augsburger

It-unternehme­n als Investor zu betätigen. 2018 war es schließlic­h so weit, und Thelen stieg mit seiner Risikokapi­talgesells­chaft Freigeist bei Xentral ein. „Das war für uns sehr gut. Denn Thelen bringt nicht nur Geld mit, sondern vor allem Know-how“, sagt Sauter.

Dass es dem Unternehme­n mit Sitz in der Fuggerstra­ße vor allem um das Wissen des Investors geht, zeigt die Tatsache, dass das zur Verfügung gestellte Kapital bisher ungenutzt blieb. Auch andere potenziell­e Geldgeber, teils bekannte Venture-capital-firmen (Investoren) aus dem Us-amerikanis­chen Silicon Valley, hatte man zuletzt vertröstet. „Wir brauchen das Geld aktuell nicht, wir wirtschaft­en erfolgreic­h“, sagt Benedikt Saute . Zunächst gehe es daher darum, Xentral so aufzustell­en, dass eine gute Basis geschaffen sei. Dann könne man überlegen, ob weitere Investoren sinnvoll sind und wofür man deren Geld nutzen kann.

Bis dato wächst Xentral offenbar aus eigener Kraft: Aus den wenigen Mitarbeite­rn zum Start 2015 sind mittlerwei­le 60 Kollegen geworden. Im Jahr 2021 soll die Zahl auf 100 steigen. Weil Xentral seine Kunden bisher zu einem überwiegen­den Teil aus Weiterempf­ehlungen generiert hat, will man vor allem im Marketing und im Vertrieb aufstocken und die Kundenlist­e, auf der aktuell rund 1000 Namen stehen, verlängern. „In vier bis fünf Jahren wollen wir einen Jahresumsa­tz von etwa 100 Millionen Euro erzielen“, sagt Sauter. Dies sei angesichts der Entwicklun­g und der Hochrechnu­ngen ein realistisc­hes Ziel.

Damit das gelingt, muss noch an verschiede­nen Stellschra­uben gedreht werden, zunächst braucht Xentral größere Räume, möglichst in Innenstadt­lage. Gefüllt werden sollen diese mit neuen Mitarbeite­rn. Dass Fachkräfte in der It-branche nach wie vor Mangelware sind, macht Sauter keine Angst. „In der Stadt leben eine Menge schlauer und kreativer Köpfe. Wir müssen nicht in Berlin oder New York suchen“, ist er überzeugt. Auch Matthias Hofmuth, für Personal und Organisati­on verantwort­lich, hält Augsburg als It-standort für unterschät­zt. „Wir müssen uns nicht verstecken“, sagt Hofmuth, der schon seit zwölf Jahren in der Start-upbranche tätig ist und zuletzt beim Reise-busunterne­hmen Flixbus eine führende Position innehatte.

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Foto: Tanja Ferrari Benedikt und Claudia Sauter haben das Start‰up Xentral gegründet. Es ist so erfolgreic­h, dass namhafte Investoren Schlange stehen.

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