Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Stadtrat in Coronazeit: Es bleibt bei verkürzter Sitzung
Die Stadt will aber Diskussionen der Stadträte übers Internet möglich machen. Die Sozialfraktion versteht das Anliegen, kritisiert aber die „Basta-methode“
Die Stadt bleibt bei ihrem geplanten Vorgehen, den Stadtrat in 60-köpfiger Besetzung am kommenden Donnerstag nur in stark verkürzter Form zusammentreten zu lassen und dann Tagesordnungspunkte, die aus rechtlichen Gründen nicht vom Plenum beschlossen werden müssen, durch den 17-köpfigen Hauptausschuss beraten zu lassen. Dieses Vorgehen soll das Infektionsrisiko während der Sitzung verringern. „Das geplante Vorgehen wird dem momentan bestehenden Infektionsgeschehen gerecht, ist mit der Rechtsaufsichtsbehörde abgestimmt und entspricht den Vorgaben des Ministeriums“, so Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU).
Wie berichtet wurde aus Reihen der Opposition deutliche Kritik am Vorgehen laut. Solange Geschäfte, Lokale und Schulen geöffnet seien, sei es nicht hinnehmbar, dass 43 Stadträte von Beratungen faktisch ausgeschlossen würden, hieß es etwa von der Sozialfraktion. Am Samstag konferierte Weber via Internet mit den Stadträten. Vorgesehen ist nun, dass die nicht im Hauptausschuss vertretenen Stadträte übers Internet an der Hauptausschusssitzung teilnehmen können und auch ein Rederecht bekommen. An Abstimmungen können sie aber nicht teilnehmen. Im Hauptausschuss sitzen
Vertreter aller Fraktionen sowie Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand), der aus den Reihen der fraktionslosen Stadträte ausgelost wurde.
Offen ist nun, was am Donnerstag passiert. Zumindest ein Teil der Stadträte, die das Vorgehen ablehnen, wird sich wohl während der Plenumssitzung zu Wort melden. „Die Stadträte sind Vertreter der Gemeindebürger und nicht irgendwelcher Fraktionen. Diese Aufgabe raubt man den Stadträten, wenn sie nicht mehr an den Entscheidungen ihrer Kommune teilhaben können“, so Marcon. Die Satirepartei „Die Partei“mit Stadträtin Lisa Mcqueen hat einen offenen Brief an Weber verfasst. Das Vorgehen, den Stadtrat kurzerhand zu verkleinern, kenne man eher aus Diktaturen oder autoritären Staaten. „Kim Jong-un, der Irre vom Bosporus oder Viktor Orban lassen sich auch verdammt ungern bei ihren Entscheidungen reinreden“, heißt es in dem Schreiben. Weber scheine den Kindern in den Kitas mehr Kompetenz in Sachen Hygiene zuzutrauen als den Stadträten.
Die Stadt argumentiert unter anderem damit, dass ein unerkannter Infektionsfall in der Stadtratssitzung zum Ausfall von Teilen der Stadtregierung oder des Stadtrats durch Quarantäne oder Erkrankung führen könnte. Die Einschläge kommen in der Tat näher: Einige Stadträte unterzogen sich zuletzt Coronatests, nachdem sie Kontakt zu einem Infektionsfall hatten, wenn auch nicht im persönlichen Umfeld. Und Bürgermeisterin Martina Wild ist seit Samstag in Quarantäne wegen eines Kontakts im engeren Umfeld. Kritik kam auch von der Sozialfraktion als größter Oppositionsgruppe.
Fraktionschef Florian Freund sagte am Montag, er verstehe das Anliegen der Stadt, Infektionsrisiken zu beschränken, grundsätzlich. „Es ist aber ein starker Eingriff und die Hau-ruck- und -Basta-methode ist nicht geeignet, um durch die Krise zu führen“, so Freund. Dass man via E-mail aus der Verwaltung informiert worden sei statt über eine Ältestenratssitzung, verstehe er nicht, so Freund. „Man sollte bei Entscheidungen alle mitnehmen“, so Freund. Dies gelte für die Bevölkerung wie für die Stadtratsfraktionen. Rückendeckung bekommt die Stadt aus den Reihen der Stadtratsfraktion indes in Sachen ihres Vorgehens an den Schulen. Wie berichtet, sollen Grundschulen und Kitas nach den Herbstferien offen bleiben, weiterführende Schulen in den Wechsel aus Präsenz- und Heimunterricht gehen. Das Vorgehen sei „angemessen und differenziert“und nehme Rücksicht auf das Wohlergehen von Schülern und die Situation von Eltern.
Auch wenn es am Donnerstag erst zur kurzen Plenumssitzung (dem Nachtragshaushalt muss aus rechtlichen Gründen der Gesamtstadtrat zustimmen) und dann zur verkleinerten Ausschusssitzung kommt, ist offen, wie es mittelfristig weitergeht. Über das weitere Vorgehen werde man kurz vor der Novemberstadtratssitzung entscheiden, so Weber. Die jetzige Regelung gelte zunächst nur für die Oktober-sitzung. Das Ausweichen in eine Halle wie in die Messe oder in den Kongress am Park hielt die Stadt unter Berufung auf das Gesundheitsamt zuletzt nicht für sinnvoll. In den Hallen gebe es anders als im Rathaus keine Möglichkeit zum Querlüften.