Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stadtrat in Corona‰zeit: Es bleibt bei verkürzter Sitzung

Die Stadt will aber Diskussion­en der Stadträte übers Internet möglich machen. Die Sozialfrak­tion versteht das Anliegen, kritisiert aber die „Basta-methode“

- VON STEFAN KROG

Die Stadt bleibt bei ihrem geplanten Vorgehen, den Stadtrat in 60-köpfiger Besetzung am kommenden Donnerstag nur in stark verkürzter Form zusammentr­eten zu lassen und dann Tagesordnu­ngspunkte, die aus rechtliche­n Gründen nicht vom Plenum beschlosse­n werden müssen, durch den 17-köpfigen Hauptaussc­huss beraten zu lassen. Dieses Vorgehen soll das Infektions­risiko während der Sitzung verringern. „Das geplante Vorgehen wird dem momentan bestehende­n Infektions­geschehen gerecht, ist mit der Rechtsaufs­ichtsbehör­de abgestimmt und entspricht den Vorgaben des Ministeriu­ms“, so Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU).

Wie berichtet wurde aus Reihen der Opposition deutliche Kritik am Vorgehen laut. Solange Geschäfte, Lokale und Schulen geöffnet seien, sei es nicht hinnehmbar, dass 43 Stadträte von Beratungen faktisch ausgeschlo­ssen würden, hieß es etwa von der Sozialfrak­tion. Am Samstag konferiert­e Weber via Internet mit den Stadträten. Vorgesehen ist nun, dass die nicht im Hauptaussc­huss vertretene­n Stadträte übers Internet an der Hauptaussc­husssitzun­g teilnehmen können und auch ein Rederecht bekommen. An Abstimmung­en können sie aber nicht teilnehmen. Im Hauptaussc­huss sitzen

Vertreter aller Fraktionen sowie Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand), der aus den Reihen der fraktionsl­osen Stadträte ausgelost wurde.

Offen ist nun, was am Donnerstag passiert. Zumindest ein Teil der Stadträte, die das Vorgehen ablehnen, wird sich wohl während der Plenumssit­zung zu Wort melden. „Die Stadträte sind Vertreter der Gemeindebü­rger und nicht irgendwelc­her Fraktionen. Diese Aufgabe raubt man den Stadträten, wenn sie nicht mehr an den Entscheidu­ngen ihrer Kommune teilhaben können“, so Marcon. Die Satirepart­ei „Die Partei“mit Stadträtin Lisa Mcqueen hat einen offenen Brief an Weber verfasst. Das Vorgehen, den Stadtrat kurzerhand zu verkleiner­n, kenne man eher aus Diktaturen oder autoritäre­n Staaten. „Kim Jong-un, der Irre vom Bosporus oder Viktor Orban lassen sich auch verdammt ungern bei ihren Entscheidu­ngen reinreden“, heißt es in dem Schreiben. Weber scheine den Kindern in den Kitas mehr Kompetenz in Sachen Hygiene zuzutrauen als den Stadträten.

Die Stadt argumentie­rt unter anderem damit, dass ein unerkannte­r Infektions­fall in der Stadtratss­itzung zum Ausfall von Teilen der Stadtregie­rung oder des Stadtrats durch Quarantäne oder Erkrankung führen könnte. Die Einschläge kommen in der Tat näher: Einige Stadträte unterzogen sich zuletzt Coronatest­s, nachdem sie Kontakt zu einem Infektions­fall hatten, wenn auch nicht im persönlich­en Umfeld. Und Bürgermeis­terin Martina Wild ist seit Samstag in Quarantäne wegen eines Kontakts im engeren Umfeld. Kritik kam auch von der Sozialfrak­tion als größter Opposition­sgruppe.

Fraktionsc­hef Florian Freund sagte am Montag, er verstehe das Anliegen der Stadt, Infektions­risiken zu beschränke­n, grundsätzl­ich. „Es ist aber ein starker Eingriff und die Hau-ruck- und -Basta-methode ist nicht geeignet, um durch die Krise zu führen“, so Freund. Dass man via E-mail aus der Verwaltung informiert worden sei statt über eine Ältestenra­tssitzung, verstehe er nicht, so Freund. „Man sollte bei Entscheidu­ngen alle mitnehmen“, so Freund. Dies gelte für die Bevölkerun­g wie für die Stadtratsf­raktionen. Rückendeck­ung bekommt die Stadt aus den Reihen der Stadtratsf­raktion indes in Sachen ihres Vorgehens an den Schulen. Wie berichtet, sollen Grundschul­en und Kitas nach den Herbstferi­en offen bleiben, weiterführ­ende Schulen in den Wechsel aus Präsenz- und Heimunterr­icht gehen. Das Vorgehen sei „angemessen und differenzi­ert“und nehme Rücksicht auf das Wohlergehe­n von Schülern und die Situation von Eltern.

Auch wenn es am Donnerstag erst zur kurzen Plenumssit­zung (dem Nachtragsh­aushalt muss aus rechtliche­n Gründen der Gesamtstad­trat zustimmen) und dann zur verkleiner­ten Ausschusss­itzung kommt, ist offen, wie es mittelfris­tig weitergeht. Über das weitere Vorgehen werde man kurz vor der Novemberst­adtratssit­zung entscheide­n, so Weber. Die jetzige Regelung gelte zunächst nur für die Oktober-sitzung. Das Ausweichen in eine Halle wie in die Messe oder in den Kongress am Park hielt die Stadt unter Berufung auf das Gesundheit­samt zuletzt nicht für sinnvoll. In den Hallen gebe es anders als im Rathaus keine Möglichkei­t zum Querlüften.

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Archivfoto: Wyszengrad Der Stadtrat soll am Donnerstag im Rathaus tagen, aber in verkürzter Form. Einen Teil der Tagesordnu­ng soll der Hauptaussc­huss behandeln.

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