Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Trump festigt sein Erbe

Konservati­ve Barrett ins Oberste Us-gericht berufen

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Das Manöver ist beispiello­s in der Geschichte der Us-justiz: Nur eine Woche vor der Präsidente­nwahl setzten die Republikan­er am Dienstag die Konservati­ve Amy Coney Barrett als Richterin am Obersten Gericht der Vereinigte­n Staaten durch. Damit ist der Plan von Präsident Donald Trump aufgegange­n, die konservati­ve Mehrheit am Supreme Court zu zementiere­n. Mit der Berufung von Barrett, die ja lebenslang gilt, ist diese Mehrheit erdrückend: Von neun Richtern sind nun sechs eindeutig politisch konservati­v.

Die Folgen für die Politik im noch immer mächtigste­n Staat der Erde sind in ihrer Tragweite gar nicht hoch genug zu bewerten: Das Oberste Gericht könnte regelmäßig das letzte Wort haben, wenn es um so konflikttr­ächtige Themen wie Abtreibung, Krankenver­sicherung oder Klimaschut­z geht. Es wäre auch zuständig, wenn Trump – was er bereits angedeutet hat – im Falle einer Wahlnieder­lage gegen Herausford­erer Joe Biden das Ergebnis anfechten sollte. Doch auch wenn Biden ins Weiße Haus einzieht und seine Demokraten im Senat die Mehrheit erringen – am Supreme Court könnten viele Reformen scheitern.

Lange trösteten sich liberale Politiker und Medien damit, dass auch als stockkonse­rvativ geltende Richter bisweilen überrasche­nd mit ihren liberalen Kollegen stimmen. Dass solche „Ausreißer“am Ende Urteile des Obersten Gerichtes in eine neue Richtung drehen, wird bei einer konservati­ven Übermacht von 6:3 in Zukunft noch weit unwahrsche­inlicher.

Für die linksliber­ale New York Times Anlass genug, zu fordern, dass die Gerichte nicht in der Lage sein dürften, die größten politische­n Debatten in den USA an den gewählten Vertretern des Volkes vorbei zu entscheide­n. Wenn eine Mehrheit der Amerikaner dies verhindern wolle, müsste eine Möglichkei­t geschaffen werden, die Mechanisme­n so zu verändern, dass die Macht des Obersten Gerichtes eingeschrä­nkt wird, kommentier­t die Times.

Eine Überlegung, die im Raume steht, ist die Erweiterun­g des Richterkol­legiums am Supreme Court. Joe Biden hat sich von dieser Idee, die bei linken Demokraten sehr populär ist, bisher distanzier­t. Im gleichen Atemzug kündigte er eine große Justizrefo­rm im Falle seines Wahlsieges an. Denn das Problem liegt tiefer: Die Berufungen von Konservati­ven Juristen wie Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und jetzt Amy Coney Barrett an das Oberste Gericht finden weltweit Beachtung. Oft übersehen wird hingegen, dass Trump in seiner Amtszeit sagenhafte 200 vakante Richterste­llen an Bundesgeri­chten der USA mit konservati­ven, meist männlichen, weißen Juristen besetzt hat. In diesem Fall hat der Präsident geliefert und die Hoffnungen streng religiöser Wähler auf eine strikt konservati­ve Rechtsprec­hung übererfüll­t.

Biden wiederum hofft, dass ihm am Dienstag noch mehr Wähler ihre Stimme geben, die die Rechte von Frauen, Homosexuel­len und Minderheit­en in Gefahr sehen.

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Foto: dpa Bewundernd­er Blick? Richterin Amy Co‰ ney Barrett und Donald Trump.

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