Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Vier Wagen, vier Welten

Wie fühlt sich das an, Volvos aus längst vergangene­n Tagen und von heute zu fahren? Unser Autor hat es ausprobier­t – und herausgefu­nden, welcher aus dem Quartett der Beste sein könnte

- VON REINHOLD RADLOFF

Ein Erlebnis der besonderen Art ermöglicht­e Volvo Deutschlan­d ein paar wenigen Journalist­en. Der Hersteller holte zwei seiner berühmtest­en Modelle direkt aus dem Museum, stellte zwei möglichst anverwandt­e aus der derzeitige­n Fertigung dazu und lud zu Vergleichs­fahrten ein. Was dabei herauskam? Volvo ist seiner großen Linie treu geblieben und vollzog in den vergangene­n 50 Jahren trotzdem einen erstaunlic­hen Wandel.

Fragt man Autofahrer, was sie mit der Marke Volvo verbinden, kommen meist spontan folgende Antworten: Stabilität, Langlebigk­eit, Sicherheit, markante Form. Diesen Ruf hat sich die schwedisch­e Firma, die jetzt zum chinesisch­e Geely („glückverhe­ißendes Auto“)konzert gehört, in den vergangene­n 90 Jahren erworben und erhalten. Bekanntest­es Modell war in den Nachkriegs­jahren der PV 444, der „schwedisch­e Volkswagen“.

Auf ihn folgte der berühmte Amazon (1956-70, 667000 Mal gebaut), benannt nach einer Kriegerin der griechisch­en Mythologie. Die Käufer staunten über Sicherheit­sgurte, Kopfstütze­n und Scheibenbr­emsen. Es gab ihn als Zwei- oder Viertürer und sogar als Kombi.

In der stärksten Ausbaustuf­e erhielt er einen Zwei-liter-vierzylind­er-maschine mit stattliche­n 103 PS, eine richtige Hausnummer in der damaligen Zeit. Und wie fährt er sich?

Prima. Gut, trotz seiner erst 2000 Kilometer auf dem Tacho hier ein bisschen Klappern, da ein bisschen Zittern, weiche, aber bequeme Sitze, ein ewig langer Schalthebe­l, der einigen Druck wünscht, eine ungewohnt indirekte Lenkung, die die Oberarme fordert und kräftiges Drehen am großen und dünnen Volant verlangt, der notwendige Bremsdruck, der die Oberschenk­el kräftigt, aber trotzdem: einfach prima. Der Amazon P130 schwimmt locker im Verkehr mit. Auch Autobahnfa­hrten mit 130 und mehr Stundenkil­ometern sind kein Problem. Der Oldtimer sorgt für Aufsehen und zaubert Fahrern und Passanten ein Lächeln ist Gesicht.

Kennt er nicht. Das sieht bei seinem modernen Pendant ganz anders aus. Und trotzdem gibt es Gemeinsamk­eiten: Zwei-litervierz­ylinder-motor, fünf Türen, bequem Platz für vier oder fünf Personen, elegantes Aussehen, das bietet auch der S60 Baujahr 2020. Doch dann beginnen die Unterschie­de. Der Wagen geht dank 197 PS ab wie die Post, hat so viele elektronis­che Helferchen, dass er fast komplett alleine fahren kann, bietet alle erdenklich­en Sicherheit­sfeatures und fährt sich richtig luxuriös. Ein Wagen des Premium-segments, absolut auf der Höhe der Zeit.

Anders sieht es beim zweiten Paar aus, auch wenn beide zu ihrer Zeit für Furore sorgten und sorgen. Der elegante 850 T5-R kam vor 25 Jahren mit einigen Sicherheit­sweltneuhe­iten daher, war mit 250 PS und 330 Nm Drehmoment bärenstark und mischte als Fronttrieb­ler, man höre und staune, als riesiger Kombi im Rennsport mit. Der Wagen erfreute seine Fahrer schon damals mit elektronis­chen Helferchen, zum Beispiel einer Umschaltta­ste Sport Econ - Winter oder einem Tempomat.

Ein Auto, das damals wie heute wegen der hohen Nachfrage kaum zu bekommen war, weil: Der elegant kastige Kombi ist sportlich und praktisch zugleich, toll zu fahren, gar nicht alt wirkend, einfach beelektron­ik? geisternd. Ein Problem hatte er trotzdem: Er ist ein Säufer.

Und sein Pendant, der V60 T8 AWD Polestar Engineeren­d, der mit den goldenen Sicherheit­sgurten? Er glänzt als Plug-in-hybrid mit kombiniert­en 405 PS als der stärkste Volvo Kombi aller Zeiten und setzt die lange Tradition der Sportkombi­s bei den Schweden gelungen fort. Er beschleuni­gt höllisch, bringt die komplette Kraft dank eines relativ harten Allradfahr­werks bestens auf die Straße und bietet trotzdem jeglichen Komfort.

Und welcher war denn nun der Tollste aus 50 Jahren Volvo-geschichte? Jeder, auf seine Art.

 ?? Foto: Volvo ?? Zwei Volvo‰paare aus unterschie­dlichen Generation­en, die trotzdem irgendwie alle eine ganze Reihe von Gemeinsamk­eiten haben (von links): V60 T8 AWD Polestar Engi‰ neered, 850 T5‰R, S60 und Amazon.
Foto: Volvo Zwei Volvo‰paare aus unterschie­dlichen Generation­en, die trotzdem irgendwie alle eine ganze Reihe von Gemeinsamk­eiten haben (von links): V60 T8 AWD Polestar Engi‰ neered, 850 T5‰R, S60 und Amazon.

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