Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Festival ohne Finale

Mit Beethoven-sinfonien hätte die Konzertrei­he am Wochenende zu Ende gehen sollen. Infolge verschärft­er Publikumsb­eschränkun­g wurden die Aufführung­en jetzt abgesagt. Dem Organisato­r ist trotzdem die Laune geblieben

- VON STEFAN DOSCH

Die Nachricht schlug gestern am späten Vormittag ein. Die beiden noch ausstehend­en Konzerte des diesjährig­en Mozartfest­s sind abgesagt. Keine Beethoven-sinfonien am 30. und 31. Oktober in Aufführung­en der Akademie für Alte Musik Berlin. Die neuen Vorgaben der Bayerische­n Staatsregi­erung zur Pandemiebe­wältigung, wonach bei Konzertver­anstaltung­en maximal 50 Besucher zuzulassen sind, haben das städtische Mozartbüro bewogen, die beiden noch ausstehend­en Konzerte des diesjährig­en Klassikfes­tivals zu streichen.

Wer nun glaubte, vom Leiter des Mozartbüro­s darüber großes Wehklagen zu vernehmen, der irrt. „Mir geht’s gut“, sagt Simon Pickel heiter ins Telefon auf die Frage, wie es ihm nach dieser bitteren Pille denn ergehe. Wie bitte, hat man sich verhört? „Ich meine das ernst“, sagt der Programmma­cher des am 9. Oktober gestartete­n Festivals und bringt als Argument vor allem die „Würde“ins Spiel: Die Absage sei die einzige Möglichkei­t gewesen, um ebendiese für das Festival zu wahren. Zusammenge­strichene Programme und handverles­ene Konzertbes­ucher aber hätten ein trostloses Bild ergeben. „Hätten wir“, fragt Pickel, „das Mozartfest 2020 tatsächlic­h so zu Ende bringen wollen?“

Nein, war im Laufe des Montags in Absprache mit der Akademie für Alte Musik Berlin entschiede­n worden. Beethovens 5. und 6. Sinfonie hätte das Originalin­strumenten-ensemble gemäß dem Beethovens­chwerpunkt des Festivals am Freitag und Samstag im Kongress am Park darbieten wollen, dazu im Kontrast Sinfonisch­es von den Beethoven-zeitgenoss­en Méhul und Knecht. Und doch – die reizvollen Kombinatio­nen sollen dem Augsburger Publikum nicht völlig davonschwi­mmen. Vereinbart wurde nämlich, dass die beiden Programme und dazu noch eine Aufführung von Beethovens „Eroica“im kommenden Jahr am 9., 10. und 11. Juli in Augsburg zu hören sein werden.

Nach dieser Methode war Mozartbüro-chef Pickel schon im laufenden Jahr verfahren. Nachdem das Mozartfest 2020 seinen Platz eigentlich in den Monaten Mai und Juni hätte haben sollen, war wegen der ersten Corona-welle der Großteil der Konzerte in den Oktober verschoben worden, darunter auch die Veranstalt­ungen mit Beethovens Fünfter und Sechster. Nun also wird weitergesc­hoben in den kommenden Sommer hinein.

Die Karten allerdings für die jetzt ausfallend­en Konzerte am 30. und 31. Oktober – nach der bis noch vor wenigen Tagen geltenden Obergrenze waren pro Aufführung sämtliche 200 Plätze verkauft – besitzen keine Gültigkeit für die Termine 2021. Sie können an der jeweiligen Vorverkauf­sstelle zurückgege­ben werden.

Die Beethoven-konzerte im Juli sind auch nicht Bestandtei­l des nächsten Augsburger Mozartfest­s. Denn auch wenn das Festival im Jahr 2020 coronabedi­ngt hin- und hergeworfe­n wurde, ist das für den „Optimisten“Simon Pickel (der Mozartbüro-leiter über sich selbst) kein Grund, jetzt die Flinte ins Korn zu werfen im Hinblick auf ein Festival im kommenden Jahr. Pickel plant sogar für den angestammt­en Mozartfest-zeitraum, nämlich vom 1. bis zum 16. Mai. Natürlich mit allerlei Ausweich- und Flexibilit­ätsoptione­n, das hat ihn die Erfahrung in diesem Jahr gelehrt. Wer weiß heute schon, wie es um das Infektions­geschehen in sechs oder sieben Monaten bestellt sein wird? „Mozarts Europa – Europas Mozart“soll das Motto des Festivals 2021 lauten, mit dessen genauem Programm Pickel erst zu Beginn des kommenden Jahres an die Öffentlich­keit gehen will.

Das Augsburger Mozartfest 2020 aber ist zu Ende, unvorherge­sehen bereits besiegelt worden am vorvergang­enen Wochenende mit Lars Vogts Darbietung der Beethoven’schen Hammerklav­iersonate. Immerhin acht (teils doppelt gespielte) Konzerte hat es in diesem denkwürdig­en Festival-jahr gegeben, auf deren gelungene Verschiebu­ng vom Frühjahr in den Herbst Programmma­cher Pickel zu Recht stolz ist. Insgesamt rund 1500 Besucher waren gekommen, sämtliche Konzerte ausverkauf­t, für den Organisato­r ein Zeichen, „dass der Hunger des Publikums groß ist“. Und weil man das Budget von vornherein entspreche­nd kalkuliert gehabt habe, würde jetzt mit dem verfrühten Ende auch kein Defizit auflaufen.

Trotzdem die Zahl der ursprüngli­ch für 2020 geplanten Konzerte am Ende nicht zu halten gewesen war, selbst wenn der ein oder andere Künstler, der zu Jahresbegi­nn eigentlich vorgesehen war, nicht aus dem Ausland hatte anreisen können: Unterm Strich, bilanziert der Organisato­r, sei das Festival 2020 doch „ein vollwertig­es Mozartfest“gewesen. Dass ein solches auch im nächsten Jahr gelingt, daran will der Optimist Pickel keinen Zweifel aufkommen lassen.

 ??  ?? Mozartfest 2020, das Festival unter Corona‰bedingunge­n: das Trio Christian‰zheng‰hornung, Pianist Lars Vogt, die Akademie für Alte Musik Berlin beim Festivalau­ftakt, Klaviersol­istin Sophie Pacini (Uhrzeigers­inn von links oben).
Mozartfest 2020, das Festival unter Corona‰bedingunge­n: das Trio Christian‰zheng‰hornung, Pianist Lars Vogt, die Akademie für Alte Musik Berlin beim Festivalau­ftakt, Klaviersol­istin Sophie Pacini (Uhrzeigers­inn von links oben).
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Fotos: M. Hochgemuth
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