Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Festival ohne Finale
Mit Beethoven-sinfonien hätte die Konzertreihe am Wochenende zu Ende gehen sollen. Infolge verschärfter Publikumsbeschränkung wurden die Aufführungen jetzt abgesagt. Dem Organisator ist trotzdem die Laune geblieben
Die Nachricht schlug gestern am späten Vormittag ein. Die beiden noch ausstehenden Konzerte des diesjährigen Mozartfests sind abgesagt. Keine Beethoven-sinfonien am 30. und 31. Oktober in Aufführungen der Akademie für Alte Musik Berlin. Die neuen Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung zur Pandemiebewältigung, wonach bei Konzertveranstaltungen maximal 50 Besucher zuzulassen sind, haben das städtische Mozartbüro bewogen, die beiden noch ausstehenden Konzerte des diesjährigen Klassikfestivals zu streichen.
Wer nun glaubte, vom Leiter des Mozartbüros darüber großes Wehklagen zu vernehmen, der irrt. „Mir geht’s gut“, sagt Simon Pickel heiter ins Telefon auf die Frage, wie es ihm nach dieser bitteren Pille denn ergehe. Wie bitte, hat man sich verhört? „Ich meine das ernst“, sagt der Programmmacher des am 9. Oktober gestarteten Festivals und bringt als Argument vor allem die „Würde“ins Spiel: Die Absage sei die einzige Möglichkeit gewesen, um ebendiese für das Festival zu wahren. Zusammengestrichene Programme und handverlesene Konzertbesucher aber hätten ein trostloses Bild ergeben. „Hätten wir“, fragt Pickel, „das Mozartfest 2020 tatsächlich so zu Ende bringen wollen?“
Nein, war im Laufe des Montags in Absprache mit der Akademie für Alte Musik Berlin entschieden worden. Beethovens 5. und 6. Sinfonie hätte das Originalinstrumenten-ensemble gemäß dem Beethovenschwerpunkt des Festivals am Freitag und Samstag im Kongress am Park darbieten wollen, dazu im Kontrast Sinfonisches von den Beethoven-zeitgenossen Méhul und Knecht. Und doch – die reizvollen Kombinationen sollen dem Augsburger Publikum nicht völlig davonschwimmen. Vereinbart wurde nämlich, dass die beiden Programme und dazu noch eine Aufführung von Beethovens „Eroica“im kommenden Jahr am 9., 10. und 11. Juli in Augsburg zu hören sein werden.
Nach dieser Methode war Mozartbüro-chef Pickel schon im laufenden Jahr verfahren. Nachdem das Mozartfest 2020 seinen Platz eigentlich in den Monaten Mai und Juni hätte haben sollen, war wegen der ersten Corona-welle der Großteil der Konzerte in den Oktober verschoben worden, darunter auch die Veranstaltungen mit Beethovens Fünfter und Sechster. Nun also wird weitergeschoben in den kommenden Sommer hinein.
Die Karten allerdings für die jetzt ausfallenden Konzerte am 30. und 31. Oktober – nach der bis noch vor wenigen Tagen geltenden Obergrenze waren pro Aufführung sämtliche 200 Plätze verkauft – besitzen keine Gültigkeit für die Termine 2021. Sie können an der jeweiligen Vorverkaufsstelle zurückgegeben werden.
Die Beethoven-konzerte im Juli sind auch nicht Bestandteil des nächsten Augsburger Mozartfests. Denn auch wenn das Festival im Jahr 2020 coronabedingt hin- und hergeworfen wurde, ist das für den „Optimisten“Simon Pickel (der Mozartbüro-leiter über sich selbst) kein Grund, jetzt die Flinte ins Korn zu werfen im Hinblick auf ein Festival im kommenden Jahr. Pickel plant sogar für den angestammten Mozartfest-zeitraum, nämlich vom 1. bis zum 16. Mai. Natürlich mit allerlei Ausweich- und Flexibilitätsoptionen, das hat ihn die Erfahrung in diesem Jahr gelehrt. Wer weiß heute schon, wie es um das Infektionsgeschehen in sechs oder sieben Monaten bestellt sein wird? „Mozarts Europa – Europas Mozart“soll das Motto des Festivals 2021 lauten, mit dessen genauem Programm Pickel erst zu Beginn des kommenden Jahres an die Öffentlichkeit gehen will.
Das Augsburger Mozartfest 2020 aber ist zu Ende, unvorhergesehen bereits besiegelt worden am vorvergangenen Wochenende mit Lars Vogts Darbietung der Beethoven’schen Hammerklaviersonate. Immerhin acht (teils doppelt gespielte) Konzerte hat es in diesem denkwürdigen Festival-jahr gegeben, auf deren gelungene Verschiebung vom Frühjahr in den Herbst Programmmacher Pickel zu Recht stolz ist. Insgesamt rund 1500 Besucher waren gekommen, sämtliche Konzerte ausverkauft, für den Organisator ein Zeichen, „dass der Hunger des Publikums groß ist“. Und weil man das Budget von vornherein entsprechend kalkuliert gehabt habe, würde jetzt mit dem verfrühten Ende auch kein Defizit auflaufen.
Trotzdem die Zahl der ursprünglich für 2020 geplanten Konzerte am Ende nicht zu halten gewesen war, selbst wenn der ein oder andere Künstler, der zu Jahresbeginn eigentlich vorgesehen war, nicht aus dem Ausland hatte anreisen können: Unterm Strich, bilanziert der Organisator, sei das Festival 2020 doch „ein vollwertiges Mozartfest“gewesen. Dass ein solches auch im nächsten Jahr gelingt, daran will der Optimist Pickel keinen Zweifel aufkommen lassen.