Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Stadt will Wohnungen statt Zimmerverm­ietung

Allzu viele Leerstände und Fremdvermi­etungen, etwa über die Internet-plattform Airbnb, gibt es derzeit nicht in Augsburg. Die Stadt möchte aber für die Zukunft gerüstet sein

- VON STEFAN KROG

Augsburg Die Stadt möchte verhindern, dass Wohnungen in Augsburg künftig anders als zum ständigen Wohnen genutzt werden, sei es als Ferienwohn­ungen, die über Plattforme­n wie Airbnb angeboten werden, sowie als Monteurswo­hnungen oder Büros. Dazu soll eine sogenannte Zweckentfr­emdungssat­zung auf den Weg gebracht werden. Der Mietervere­in fordert eine solche Satzung schon seit Jahren für Augsburg. Bisher konnte sich die Rathauspol­itik auf keinen Weg einigen, im schwarz-grünen Koalitions­vertrag wurde eine solche Satzung dann festgeschr­ieben. Der Wohnungsau­sschuss des Stadtrats soll am Mittwoch die ersten Weichen für eine solche Satzung stellen.

In den vergangene­n Jahren wurde zunehmend mit Sorge betrachtet, dass die Wohnungsve­rmietung über Plattforme­n wie Airbnb einfacher geworden ist. Angesichts des Welterbe-titels befürchtet­en manche, dass Vermieter ihre Wohnungen lieber als Ferienwohn­ung vermieten, weil sich so mehr Geld machen lassen könnte. Für den angespannt­en Augsburger Wohnungsma­rkt stehen diese Wohnungen dann nicht mehr zur Verfügung.

Die Verwaltung sieht das Thema allerdings eher gelassen. Suche man ohne Eingrenzun­gen in einschlägi­gen Internetpo­rtalen, komme man auf etwa 280 Wohnungen in Augsburg, die als Ferien-, Monteursod­er leerstehen­de Wohnungen angeboten werden. Der Großteil davon seien aber wohl selbst bewohnte Wohnungen, die nur gelegentli­ch über Airbnb zur Zwischennu­tzung angeboten werden (acht Wochen Jahr sind erlaubt). Ziehe man Doppelaufl­istungen und Ähnliches ab, komme man schlussend­lich nur noch auf 50 Wohnungen, auf die eine Satzung zutreffen würde. Bei etwa 160.000 Wohnungen in Augsburg handle es sich um Zahlen im Promillebe­reich. Auch was leerstehen­de Wohnungen betrifft, geht die Stadt von keiner hohen Zahl aus. Das städtische Amt für Wohnen bekomme zwar immer wieder Hinweise von Bürgern über leerstehen­de Wohnungen, bei Prüfung stelle sich aber heraus, dass diese renoviert, neu vermietet oder verkauft werden sollen „Dass Wohnungen bewusst einen längeren Zeitraum leer stehend gelassen werden, scheint in Augsburg kein verbreitet­es Phänomen zu sein“, so Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg (CDU). Als Zweckentfr­emdung gilt ein Leerstand von mehr als drei Monaten.

Vor allem aus vorbeugend­en Gründen hält er eine Zweckentfr­emdungssat­zung trotzdem für sinnvoll. Sollte sich die Lage verschärfe­n (aufgrund der Coronapand­emie ist momentan eher eine Entspannun­g zu beobachten), hätte die Verwaltung dann sofort ein wirkungsvo­lles Instrument im Arsenal. Mittelfris­tig sei dies durchaus mögpro lich. Neben München erließen zuletzt auch Nürnberg, Regensburg oder Erlangen solche Satzungen. Um die Satzung zu kontrollie­ren, müsste Augsburg (herunterge­rechnet vom Personal der Stadt München) sechs Vollzeitmi­tarbeiter einsetzen. In München decken die Mitarbeite­r pro Jahr um die 350 Zweckentfr­emdungen auf. Sie werden mit einem Bußgeld geahndet.

In der vergangene­n Periode waren die Grünen mit dem Antrag auf eine Zweckentfr­emdungssat­zung im Wohnungsau­sschuss gescheiter­t. CSU und Pro Augsburg stimmten damals dagegen, weil es um die Löüber sung eines „Scheinprob­lems“gehe. Interessan­t wird sein, wie die CSU sich nun zum Vorschlag ihres Sozialrefe­renten stellt, der im Einklang mit dem Koalitions­vertrag steht. Auch Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) hatte sich im Wahlkampf mit Einschränk­ungen für eine Zweckentfr­emdungssat­zung offen gezeigt.

Zuletzt scheint es zwischen CSU und Grünen Diskussion­en über die Frage gegeben zu haben, wie mit der Vergabe von städtische­n Grundstück­en im Erbbaurech­t verfahren werden soll. Das Thema wurde im Liegenscha­ftsausschu­ss kurzfristi­g von der Tagesordnu­ng genommen. Hinter den Kulissen laufen aber Gespräche. Wie berichtet hat „Augsburg in Bürgerhand“ein Bürgerbege­hren für den Fall angekündig­t, dass die Stadt ihre Wohnbaugru­ndstücke nicht entspreche­nd vergibt.

Der Koalitions­vertrag sieht auch noch weitere Instrument­e vor, um eine Verteuerun­g von Wohnraum zu verhindern. Unter anderem soll eine sogenannte Erhaltungs­satzung geprüft werden, die Wohnungen in bestimmten Vierteln von Luxussanie­rungen ausnimmt. Auch eine Erhöhung des Anteils an geförderte­n Wohnungen in Neubauvier­teln von 30 auf 40 Prozent soll geprüft werden (die CSU hatte in der vergangene­n Periode nach langem Ringen mit sich selbst den 30 Prozent zugestimmt). Vorgesehen ist auf Drängen der Grünen auch die Prüfung einer sogenannte­n Stadtanlei­he nach Münchner Vorbild. Dort nutzt die Stadt das Geld, das sie sich von ihren Bürgern leiht, Wohnungen im Rahmen ihres Vorkaufsre­chts zu kaufen und relativ günstige Mieten zu sichern.

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Archivfoto: Ulrich Wagner Die Stadt will ein Instrument, um stärker gegen Leerstände und die Vermietung­en von Wohnungen als Feriendomi­zil vorzuge‰ hen.

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