Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Diese Zahlen sind ein Weckruf
Seit Wochen steigen die Coronafallzahlen in Augsburg an, aber der Umgang damit ist anders als im Frühjahr. Die meisten reagieren angesichts des besseren Wissensstandes gelassener (was kein Fehler ist), viele reagieren gleichgültiger (was ein Fehler ist).
Viele haben ihr soziales Leben im Sommer wieder auf normalen Stand gebracht, ohne dass die Zahlen stiegen, denn vieles fand draußen statt. Inzwischen ist die Situation anders: Vieles findet drinnen statt, und das Grundrisiko ist gestiegen, weil es viel mehr Infektionsfälle gibt. Das Bewusstsein dafür ist aber nicht da – viele sind im Kopf noch im Sommer, als Corona vermeintlich Pause machte.
Die Zahlen aus der Uniklinik sind nicht überraschend, weil klar war, dass steigende Infektionszahlen mit ein oder zwei Wochen Nachlauf mehr Krankenhauspatienten nach sich ziehen werden, zumal sich in Augsburg, anders als im Spätsommer, inzwischen auch wieder mehr ältere Menschen anstecken. Davor wurde klar und früh gewarnt.
Dennoch sind die Zahlen ein Alarmsignal: Dass die Patientenzahl innerhalb kurzer Zeit angestiegen ist, verheißt für die nächsten Tage nichts Gutes. Die abstrakt wirkenden Infiziertenzahlen bekommen mit den Patientenzahlen in der Uniklinik, die aber nicht nur Augsburger behandelt, ein anderes Gewicht, zumal ein Höhepunkt der zweiten Welle noch nicht erreicht ist. Die Kapazitätsgrenzen sind näher als man glaubt. Und diejenigen, die morgen Hilfe im Krankenhaus benötigen werden, sind heute schon angesteckt – selbst eine weitreichende Maßnahme wie ein Lockdown wirkt erst mit Verzögerung. Ein „Lockdown light“– sei es landesweit oder nur in Augsburg – wird durch verordnete Maßnahmen die Kontakte verringern und das Infektionsrisiko senken. Die größere Wirkung ist psychologischer Natur. Der Lockdown ist der Weckruf, Kontakte im Privaten freiwillig zu reduzieren oder vorübergehend einzustellen. Hier liegt der eigentliche Schlüssel zur Reduzierung der Zahlen.