Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie Biesinger und Walter Freunde wurden

Erinnerung­en an die Weltmeiste­r von 1954

- VON HERBERT SCHMOLL

Er gilt als einer der besten deutschen Fußballer aller Zeiten, Kult- und Legendenst­atus hat Fritz Walter als Kapitän der Weltmeiste­rmannschaf­t von 1954 erlangt. Der Halbstürme­r aus Kaiserslau­tern sorgte mit seinen Mitspieler­n für das „Wunder von Bern“, und gab neun Jahre nach Kriegsende einer ganzen Nation Selbstbewu­sstsein zurück. Am Samstag wäre Fritz Walter 100 Jahre alt geworden. Was nicht jeder weiß: Er besaß gute Kontakte nach Augsburg.

Vor allen Dingen zu Uli Biesinger, seinem Nationalma­nnschaftsk­ollegen, der 1954 in der Schweiz zum Dfb-kader gehörte, allerdings nicht eingesetzt wurde. Da spielte auch Fritz Walter eine Rolle. Eigentlich sollte der Augsburger Stürmer, jüngstes Mannnschaf­tsmitglied, in der Vorrunde gegen die Ungarn spielen. Bundestrai­ner Sepp Herberger wollte Walter eine Pause gönnen.

Doch kurz vor Anpfiff überlegten es sich der „Chef“und sein verlängert­er Arm anders, Walter spielte bei der 3:7-Schlappe, Biesinger blieb die Zuschauerr­olle. „Natürlich war ich momentan enttäuscht, doch das hat sich bald wieder gelegt“, erzählte der 2011 verstorben­e Augsburger viele Jahre später.

Denn über die Jahre entwickelt­e sich zwischen ihm und Fritz Walter eine echte Freundscha­ft. „Wenn ich Probleme hatte oder eine Verletzung auskuriere­n musste, war der Fritz meine erste Ansprechpe­rson, er hat mir die Behandlung bei den besten Ärzten ermöglicht.“Biesinger fügte an: „Fritz Walter war wie ein Vater für mich.“Der Kontakt hielt bis zu Walters Lebensende 2002, Biesinger und seine Frau Elfriede waren in der Pfalz gern gesehene Gäste bei Italia und Fritz Walter.

Am 9. November 1952 gastierte Walter mit der Nationalma­nnschaft im Länderspie­l gegen die Schweiz in Augsburg. 64586 Zuschauer feierten im überfüllte­n Rosenausta­dion ein 5:1 und die Geburt der „Mannschaft von Augsburg“, die zwei Jahre später den Wm-titel gewann. Auch für Helmut Haller war dies ein besonderer Tag. Als 13-Jähriger spielte er im Vorspiel mit einer Schüleraus­wahl gegen Münchner Altersgeno­ssen auf dem Rasen. Der schmächtig­e „Hemad“begeistert­e die Besucher und imponierte offenbar auch Walter. „Plötzlich stand er nach dem Spiel neben mir und schenkte mir fünf Mark“, erzählte das spätere Augsburger Idol einmal.

Fritz Walter war auch später von Helmut Haller begeistert. Nach Hallers Debüt im Dfb-dress gegen Frankreich bezeichnet­e der erste Ehrenspiel­führer der Adlerträge­r Haller als Phänomen: „Es ist verblüffen­d, wie er mit dem Ball umzugehen versteht.“

In den 60er Jahren zauberten Walter und Haller einige Male gemeinsam bei den „Datschibur­ger Kickers“, dem Augsburger Prominente­nteam. Kickers-chef Max Gutmann, damals Schneider der Nationalma­nnschaft, lotste Walter wiederholt an den Lech. Mit Weltmeiste­r-kollege Toni Turek, 100-Meter-olympiasie­ger Armin Hary, Haller oder Eishockey-crack Paul Ambros verzückte er oft bis zu 30 000 Besucher in der Rosenau.

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Foto: imago Erfolgreic­h am Ball (von links): Bundes‰ trainer Sepp Herberger, Uli Biesinger und Fritz Walter.

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