Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Richter in ungewohnte­r Rolle

Statt im Kader gegen Mainz findet sich der Angreifer im U23-team wieder. Wie die Verantwort­lichen ihr Handeln begründen

- VON JOHANNES GRAF

74 Minuten waren gespielt, als Marco Richter zum Freistoß antrat – und traf. Dass der gegnerisch­e Torhüter den Ball durch die Finger rutschen ließ und bei Richters erstem Pflichtspi­eltor in dieser Saison entscheide­nd mithalf, dürfte den Angreifer des FC Augsburg in diesem Moment wenig gestört haben. Die Begleitums­tände hingegen dürften bei ihm weniger Anklang gefunden haben. Richter erzielte seinen Treffer nicht auf der großen Bühne Bundesliga, er erzielte diesen in der Regionalli­ga Bayern. Also in der vierten Liga. Im Rosenausta­dion. An einem tristen Freitagabe­nd.

Richters Einsatz über 90 Minuten bedeutete, dass er einen Tag später nicht zum Kader des Bundesliga­spiels gegen Mainz 05 zählen sollte. Fca-trainer Heiko Herrlich begründete: „Ich wollte ihn in der U23 spielen lassen, damit er mal wieder 90 Minuten Gas gibt. Er hat dort eine ordentlich­e Leistung gebracht.“Bei der 2:3-Niederlage gegen Wacker Burghausen traf Richter nicht nur zum 2:2, er bereitete auch das zwischenze­itliche 1:1 ideal vor.

Einmal mehr gaben Cheftraine­r Herrlich und seine Assistente­n anderen Profis den Vorzug. Richters Bilanz nach sechs Spieltagen in der Bundesliga: 24 Einsatzmin­uten, aufgeteilt in zwei Kurzeinsät­ze. Eine ernüchtern­de Statistik, für einen ehemaligen U21-nationalsp­ieler, der in der vergangene­n Spielzeit der Stammelf angehörte.

Fca-coach Herrlich begründete Richters Nichtnomin­ierung bislang damit, dass der Spieler zu Saisonbegi­nn eine Sprunggele­nksverletz­ung auskuriere­n musste und andere Spieler seine Abwesenhei­t nutzten, um sich in den Vordergrun­d zu spielen. Im 3:1-Erfolg gegen Mainz 05 wird sich Herrlich in seiner Einschätzu­ng bestätigt fühlen. In der Offensive überzeugte­n nicht nur die Torschütze­n Ruben Vargas und André Hahn, ebenso einen guten Eindruck machten die Einwechsel­spieler Alfred Finnbogaso­n und Noah Sarenren Bazée. Anderersei­ts hätte ein Richter auf der Ersatzbank gegen Mainz eine wichtige Option sein können. Auf dem Platz steht der Angreifer für instinktiv­es Handeln. Dank seiner technische­n Fähigkeite­n findet er auf engstem Raum Lösungen und bringt Unerwartet­es zustande. Anderersei­ts: Misslingen seine Einzelakti­onen, wird ihm dies schnell als Eigensinn ausgelegt.

Herrlich bestückte seine Ersatzbank gegen Mainz in der Offensive mit Finnbogaso­n, Sarenren Bazée und dem nicht eingesetzt­en Finnen Fredrik Jensen. Ganz allgemein sprach der Trainer zuletzt von einem ausgeprägt­en Konkurrenz­kampf. Trainer mögen das, es garantiert ihnen ein hohes Trainingsn­iveau und hohe Leistungsb­ereitschaf­t. Wer nachlässt, verliert seinen Platz. Fest steht: Bislang überzeugte der FCA auch ohne Richter.

Zehn Punkte und der sechste Tabellenpl­atz geben Herrlich wenig Anlass, vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC Grundlegen­des zu verändern (Samstag, 15.30 Uhr/sky).

Richter wird folglich nichts anderes übrig bleiben, als sich im Training zu empfehlen und die Geschehnis­se aus dem Sommer endgültig abzuhaken. Vor drei Wochen hatte er sich nochmals zu seinem geplatzten Transfer im Sommer geäußert und seinen grundsätzl­ichen Wechselwun­sch erneuert.

Im vergangene­n Jahr hatte Borussia Mönchengla­dbach Interesse gezeigt, nun drängte es Richter und seinen Berater zum 1. FC Köln. „Das ist kein Geheimnis, dass ich bereit bin für den nächsten Schritt. Ich hoffe, dass es demnächst damit klappt“, sagte der 22-Jährige am Rande des Testspiels gegen den 1. FC Heidenheim.

Der FC Augsburg reagierte wenig erfreut auf diese Aussage. „Es hat keiner juhu geschrien im Umfeld und in der Kabine“, kommentier­te Herrlich. Im Verein herrscht die Meinung vor, er solle weniger über seine Situation klagen, sondern stattdesse­n im Training überzeugen.

Dass Richter nun in der U23 zum Einsatz kam, wollten aber weder Herrlich noch Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter als Degradieru­ng verstanden wissen. „Er hatte relativ wenig Spielzeit. Das soll keine Strafe sein. Er sollte mal wieder 90 Minuten spielen und das Stehvermög­en bekommen“, betonte Reuter.

 ?? Foto: Witters ?? In der Bundesliga‰partie gegen Leverkusen stand Marco Richter (Mitte) noch im Profi‰kader. Gegen Mainz wurde er nicht berück‰ sichtigt, sondern spielte am Tag zuvor in der Regionalli­ga‰mannschaft des FC Augsburg.
Foto: Witters In der Bundesliga‰partie gegen Leverkusen stand Marco Richter (Mitte) noch im Profi‰kader. Gegen Mainz wurde er nicht berück‰ sichtigt, sondern spielte am Tag zuvor in der Regionalli­ga‰mannschaft des FC Augsburg.

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