Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Am Anfang war die Romantik
Eine der wichtigsten Ferienstraßen wurde vor 70 Jahren in Augsburg erfunden: die Romantische Straße. Warum sie trotz mancher Veränderung noch immer eine Erfahrung wert ist
Auch die Romantische Straße selbst entspricht nicht mehr dem Original aus den 50er Jahren, als sie gerade mal 350 Kilometer lang war. „Wir haben sie nicht verlegt, wir haben sie optimiert“, erklärt der Geschäftsführer die Verlängerung auf inzwischen 460 Kilometer. Schließlich wolle man die Touristen auf der Suche nach der Romantik nicht über Autobahnen oder durch Gewerbegebiete schicken.
Auch neue Orte sind hinzugekommen, Schillingsfürst zum Beispiel.
Der Ort wollte unbedingt Teil der Romantischen Straße werden. Weil sich die Arbeitsgemeinschaft dem Ansinnen verweigerte, bastelten die Schillingsfürster kurzerhand eigene Schilder, braun wie die charakteristischen Hinweisschilder der Romantischen Straße. Seither ist Schillingsfürst Mitglied der Romantischen Straße – und Beitragszahler.
29 Ortschaften reihen sich entlang der Ferienstraße, die vom Wein zum Bier führt, zu Unesco-weltkulturerbestätten, zu Schlössern und Museen. Wer sie wirklich erleben will, rät Jürgen Wünschenmeyer, sollte nicht dem Navi folgen, sondern immer nur den braunen Hinweisschildern, die von der Arbeitsgemeinschaft Romantische Straße entworfen wurden: „So bleibt man auf jeden Fall immer auf der richtigen Spur“– und der Romantik soweit wie möglich treu. Auch Radler und Wanderer können sich auf den für sie 500 Kilometer langen Weg machen, die Radler folgen grünen, die Wanderer blauen Wegweisern.
Ob braun, ob grün, ob blau: Die Romantische Straße eröffnet auch Wege zur Kultur: Von der Würzburger Residenz zu König Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein, von der Wieskirche im Pfaffenwinkel mit ihrer Rokokopracht zum Tilman-riemenschneider-altar in der Hergottskirche in Creglingen, von der Fuggerei in Augsburg, der ersten Sozialsiedlung der Welt zum Renaissance-schloss in Weikersheim. „Romantische Straße für verliebte Paare“war der erste Arbeitstitel. Die verliebten Paare fielen später weg – die Romantik aber blieb.
Die viel kopierte Straße – es gibt eine Romantische Straße in Japan, Südkorea, Taiwan und in Brasilien – ist touristisch eine Erfolgsgeschichte. Jährlich konnten über 30 Millionen Tagesgäste und sieben Millionen Übernachtungen verzeichnet werden. Der von Anfang an verkehrende Romantische Straße Bus hat mittlerweile 16 Millionen Kilometer zurückgelegt und über 1,6 Millionen Fahrgäste befördert.
In Corona-zeiten hoffen die Verantwortlichen nun auf romantisch veranlagte Landsleute. Sie sollen auch mit kulinarischen Erlebnissen gelockt werden. „Für Entdecker und Genießer – Romantische Straße vom Main zu den Alpen“heißt das neue Tourenbuch, das in allen Tourist Informationen ausliegt und die Romantische Straße in sieben Streckenabschnitten präsentiert. Angefordert werden kann es auch auf www.romantischestrasse.de.
Wie Schillingsfürst zur Romantischen Straße kam