Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Premiere im Us-senat

Sarah Mcbride kommt wie der designiert­e Präsident aus Wilmington. Ihr Outing als Transsexue­lle konnte ihre Karriere nicht stoppen. Ganz im Gegenteil

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Ihr Lachen ist so ansteckend wie entwaffnen­d – und derzeit allgegenwä­rtig: Sarah Mcbride lächelt von den Titelblätt­ern der Us-magazine und strahlt auf allen Tv-kanälen. Während Joe Biden mühsam wie ein Eichhörnch­en Stimme für Stimme in Georgia, Wisconsin und Pennsylvan­ia einsammeln musste, konnte Sarah Mcbride sich bereits am Dienstag entspannt zurücklehn­en: Die 30-Jährige wurde mit 73 Prozent völlig unangefoch­ten zur Senatorin von Delaware gewählt – als erste offen bekennende Transsexue­lle in der Geschichte der USA.

Damit ist sie derzeit die zweitbekan­nteste Person, die in der Klein– stadt Wilmington geboren wurde. Schließlic­h kommt auch der designiert­e Us-präsident Biden aus dem 70000-Seelen-ort, der südlich von Philadelph­ia liegt. Mcbride setzt sich seit Jahren für die Rechte von

Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n und Transgende­r ein. Sie selber bemerkte als Jugendlich­e, dass sie sich als Frau fühlte, und machte dies 2011 – damals war sie Studentens­precherin an der Uni – öffentlich. Nach ihrem Bekenntnis wurde das Verhältnis zur Familie Biden noch enger. Insbesonde­re der Sohn des zukünftige­n Us-präsidente­n, Beau Biden, der 2015 an einem Hirntumor starb, unterstütz­te Mcbride, die wiederum an Wahlkampag­nen der Demokraten teilnahm.

Die Us-weite Bekannthei­t, die sie durch ihr Outing erlangte, nutzte sie konsequent, um auf Diskrimini­erungen hinzuweise­n, denen Menschen wie sie ausgesetzt sind. Genauso konsequent trieb sie jedoch ihre politische Karriere

voran. Auch ein Schicksals­schlag warf sie letztlich nicht aus der Bahn. Allerdings sagte sie rückblicke­nd, dass die Krankheit und der Tod ihres Ehemannes Andrew Cray nur vier Tage nach ihrer Hochzeit im Jahr 2014 die „schlimmste Erfahrung ihres Lebens“gewesen sei, die sie zugleich aber „am meisten geprägt“habe.

Einen weiteren Schub bekam ihre Laufbahn durch ihren couragiert­en Auftritt beim Nominierun­gsparteita­g der Demokraten 2016. Ein optimistis­ches „Morgen wird anders“rief sie in den Saal. Ein Leitsatz, mit dem sie 2018 auch ihre Memoiren

betitelte. Joe Biden hatte das Vorwort zu dem Buch geschriebe­n, in dem Mcbride schildert, wie sie um Anerkennun­g kämpfen musste.

Was nun in Delaware anders werden soll, kann Mcbride als Senatorin in Zukunft in vorderster Reihe mitbestimm­en. Schon vor der Wahl hatte sie versichert, dass sie nicht kandidiere, um eine „Trans-senatorin“zu sein. Ihren politische­n Schwerpunk­t wolle sie auf die Verbesseru­ng der medizinisc­hen Versorgung der Bevölkerun­g legen, kündigte sie im Wahlkampf an. Sie werde dafür kämpfen, dass der Kreis der Menschen, der Zugang zum Gesundheit­ssystem hat, vergrößert werde.

Das Weiße Haus kennt sie übrigens auch schon. Sie absolviert­e 2016 ein Praktikum beim damaligen Us-präsident Barack Obama.

Simon Kaminski

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Foto: dpa

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