Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Gestresster Mann verpasst Kontrahenten Pfefferspray
Ein einstiges Paar steht vor Gericht, weil es unerlaubt eine Untermieterin gefilmt haben soll. Davon abgesehen gibt es einige andere Delikte, die vor Gericht zu Tage kamen
Stressbewältigung mit Pfefferspray? Nicht in Ordnung, bescheinigte jetzt das Augsburger Amtsgericht einem 34-jährigen Angeklagten, der einen Kontrahenten im Gesicht verletzt hatte. Auch die frühere Lebensgefährtin des 34-Jährigen wurde verurteilt. Sie hatte unerlaubt einen Polizeieinsatz in ihrer Wohnung mit ihrem Handy gefilmt.
Der 34-jährige gelernte Koch, gebürtiger Nürnberger, seine 37-jährige vormalige Lebensgefährtin, Hausfrau, und deren einjährige Tochter lebten zusammen in einer Wohnung in Oberhausen. Nach einiger Zeit untervermieteten sie ein Zimmer an eine Frau und deren Sohn. Küche und Bad wurden gemeinsam benutzt, so wie es bei vielen jungen Leuten in Wohngemeinschaften üblich ist. Wiederum nach einiger Zeit bekam das vormals gute Verhältnis Risse, es kam mehr und mehr zu Streitigkeiten. Einer der Anlässe sei, so der Angeklagte, gewesen, dass die Untermieterin zahlreichen Besuch verschiedener Männer in der Wohnung empfangen hatte.
Er selbst und seine Lebensgefährtin
hätten sich indes in einer schwierigen Lebenssituation befunden: Die 37-Jährige war im siebten Monat schwanger. Erster Fehltritt der beiden Angeklagten: Sie betraten im November 2019 mit einem Zweitschlüssel die Wohnung der Untermieterin, währen diese abwesend war, und machten dort Fotos. Zweiter Fehltritt: In der gemeinsamen Küche wurde im Dezember 2019 eine versteckte Kamera aufgestellt, die offensichtlich heimliche Filmaufnahmen von der Untermieterin anfertigte.
Zwar wurde von der Polizei eine Kamera gefunden, nicht aber eine Speicherkarte mit Daten. Der dritte Fehltritt der angeklagten 37-Jährigen folgte, als die von der Untermieterin alarmierte Polizei anrückte, um in der Wohnung nach angeblich versteckten Kameras zu suchen. Die Hausfrau filmte den Polizeieinsatz mit ihrer Handykamera – was von der Staatsanwaltschaft als (verbotene) „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“angeklagt wurde.
Das schlimmste Delikt: Bei einem Disput unter mehreren Beteiligten zückte der 34-jährige Angeklagte im Dezember 2019 eine Dose mit Reizgas und sprühte einem Besucher der
Untermieterin ins Gesicht. Er sei damals mit seinen Nerven am Ende gewesen, so der Mann, der für seine Tat um Verzeihung bat. Der 33-jährige Geschädigte sagte als Zeuge vor Gericht aus, er habe zunächst nichts mehr gesehen und ein starkes Brennen in den Augen verspürt. Nachdem er im Krankenhaus behandelt worden sei, hätten die Schmerzen zwar nachgelassen und die Sehkraft sei wiedergekehrt, bis heute würden seine Augen aber schnell trocken und sie seien empfindlicher als vorher.
Beide Angeklagten räumten die Vorwürfe ein, nachdem zuvor zwischen den Verteidigern Oskar Derkacz und Olaf Groborz, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft sowie Richter Dominik Wagner Absprachen geführt worden waren. Im Zuge dieser Absprachen erklärte der Angeklagte, dem Geschädigten 1000 Euro Schmerzensgeld zu bezahlen bereit zu sein. 500 Euro legte er anschließend sofort auf den Tisch.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft
forderte für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie 30 Stunden Sozialdienste und die Festschreibung der verbleibenden 500 Euro Schmerzensgeld. Er habe sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, also für das Filmen des Polizeieinsatzes, forderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft für die Angeklagte eine Geldstrafe von 800 Euro nach Tagessätzen.
Die Verteidiger plädierten auf niedrigere Strafen für ihre Mandanten, bleiben damit aber nur bedingt erfolgreich. Richter Wagner verhängte gegen den angeklagten 34-Jährigen eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, die er zur Bewährung aussetzte. Zudem muss der Koch, der sich zurzeit während des Teil-lockdowns als selbstständiger Bauhelfer versucht, 64 Stunden Hilfsdienste leisten und besagte 500 Euro Schmerzensgeld in Raten zahlen. Die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten muss 800 Euro Geldstrafe bezahlen. Beide Angeklagten nahmen das Urteil noch im Gerichtssaal an.