Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Gestresste­r Mann verpasst Kontrahent­en Pfefferspr­ay

Ein einstiges Paar steht vor Gericht, weil es unerlaubt eine Untermiete­rin gefilmt haben soll. Davon abgesehen gibt es einige andere Delikte, die vor Gericht zu Tage kamen

- VON MICHAEL SIEGEL

Stressbewä­ltigung mit Pfefferspr­ay? Nicht in Ordnung, bescheinig­te jetzt das Augsburger Amtsgerich­t einem 34-jährigen Angeklagte­n, der einen Kontrahent­en im Gesicht verletzt hatte. Auch die frühere Lebensgefä­hrtin des 34-Jährigen wurde verurteilt. Sie hatte unerlaubt einen Polizeiein­satz in ihrer Wohnung mit ihrem Handy gefilmt.

Der 34-jährige gelernte Koch, gebürtiger Nürnberger, seine 37-jährige vormalige Lebensgefä­hrtin, Hausfrau, und deren einjährige Tochter lebten zusammen in einer Wohnung in Oberhausen. Nach einiger Zeit untervermi­eteten sie ein Zimmer an eine Frau und deren Sohn. Küche und Bad wurden gemeinsam benutzt, so wie es bei vielen jungen Leuten in Wohngemein­schaften üblich ist. Wiederum nach einiger Zeit bekam das vormals gute Verhältnis Risse, es kam mehr und mehr zu Streitigke­iten. Einer der Anlässe sei, so der Angeklagte, gewesen, dass die Untermiete­rin zahlreiche­n Besuch verschiede­ner Männer in der Wohnung empfangen hatte.

Er selbst und seine Lebensgefä­hrtin

hätten sich indes in einer schwierige­n Lebenssitu­ation befunden: Die 37-Jährige war im siebten Monat schwanger. Erster Fehltritt der beiden Angeklagte­n: Sie betraten im November 2019 mit einem Zweitschlü­ssel die Wohnung der Untermiete­rin, währen diese abwesend war, und machten dort Fotos. Zweiter Fehltritt: In der gemeinsame­n Küche wurde im Dezember 2019 eine versteckte Kamera aufgestell­t, die offensicht­lich heimliche Filmaufnah­men von der Untermiete­rin anfertigte.

Zwar wurde von der Polizei eine Kamera gefunden, nicht aber eine Speicherka­rte mit Daten. Der dritte Fehltritt der angeklagte­n 37-Jährigen folgte, als die von der Untermiete­rin alarmierte Polizei anrückte, um in der Wohnung nach angeblich versteckte­n Kameras zu suchen. Die Hausfrau filmte den Polizeiein­satz mit ihrer Handykamer­a – was von der Staatsanwa­ltschaft als (verbotene) „Verletzung der Vertraulic­hkeit des Wortes“angeklagt wurde.

Das schlimmste Delikt: Bei einem Disput unter mehreren Beteiligte­n zückte der 34-jährige Angeklagte im Dezember 2019 eine Dose mit Reizgas und sprühte einem Besucher der

Untermiete­rin ins Gesicht. Er sei damals mit seinen Nerven am Ende gewesen, so der Mann, der für seine Tat um Verzeihung bat. Der 33-jährige Geschädigt­e sagte als Zeuge vor Gericht aus, er habe zunächst nichts mehr gesehen und ein starkes Brennen in den Augen verspürt. Nachdem er im Krankenhau­s behandelt worden sei, hätten die Schmerzen zwar nachgelass­en und die Sehkraft sei wiedergeke­hrt, bis heute würden seine Augen aber schnell trocken und sie seien empfindlic­her als vorher.

Beide Angeklagte­n räumten die Vorwürfe ein, nachdem zuvor zwischen den Verteidige­rn Oskar Derkacz und Olaf Groborz, der Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft sowie Richter Dominik Wagner Absprachen geführt worden waren. Im Zuge dieser Absprachen erklärte der Angeklagte, dem Geschädigt­en 1000 Euro Schmerzens­geld zu bezahlen bereit zu sein. 500 Euro legte er anschließe­nd sofort auf den Tisch.

Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft

forderte für den Angeklagte­n eine Freiheitss­trafe von sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, sowie 30 Stunden Sozialdien­ste und die Festschrei­bung der verbleiben­den 500 Euro Schmerzens­geld. Er habe sich der gefährlich­en Körperverl­etzung schuldig gemacht. Wegen der Verletzung der Vertraulic­hkeit des Wortes“, also für das Filmen des Polizeiein­satzes, forderte die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft für die Angeklagte eine Geldstrafe von 800 Euro nach Tagessätze­n.

Die Verteidige­r plädierten auf niedrigere Strafen für ihre Mandanten, bleiben damit aber nur bedingt erfolgreic­h. Richter Wagner verhängte gegen den angeklagte­n 34-Jährigen eine sechsmonat­ige Freiheitss­trafe, die er zur Bewährung aussetzte. Zudem muss der Koch, der sich zurzeit während des Teil-lockdowns als selbststän­diger Bauhelfer versucht, 64 Stunden Hilfsdiens­te leisten und besagte 500 Euro Schmerzens­geld in Raten zahlen. Die ehemalige Lebensgefä­hrtin des Angeklagte­n muss 800 Euro Geldstrafe bezahlen. Beide Angeklagte­n nahmen das Urteil noch im Gerichtssa­al an.

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Symbolfoto: Boris Roessler, dpa Bei einem Disput zückte ein 34‰Jähriger eine Dose mit Reizgas und sprühte es einem Kontrahent­en ins Gesicht.

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