Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Jetzt geht auch in der Tennishalle nichts mehr
Über Nacht verbietet die Staatsregierung die letzten Reste Vereinssport in der Halle. Auslöser ist ein Gerichtsurteil zu Fitnessstudios. Dabei wäre das ohnehin fast folgenlos geblieben
Augsburg Kurz nur lebte die trügerische Hoffnung, dass Fitnessstudios inmitten des bundesweiten Lockdowns wieder öffnen dürfen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte am Donnerstag unter Verweis auf das Gleichheitsprinzip deren bisherige Schließung aufgehoben, weil auf der anderen Seite sonstige Sportstätten für Individualsport geöffnet seien. Die Reaktion folgte prompt. Die Bayerische Staatsregierung verschärfte die Corona-beschränkungen quasi über Nacht (siehe dazu auch die Randbemer
kung) und verbietet ab Freitag den Indoor-sport komplett. Tennis und Badminton waren im Einzel noch erlaubt gewesen. Damit sind im November nur Schul- und Profisport in Innenräumen möglich. Leistungssportler der Bundes- und Landeskader dürfen ebenfalls trainieren.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte zuvor in seiner Entscheidung dem Eilantrag eines Fitnessstudio-inhabers zum Teil stattgegeben. In seiner Entscheidung ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass Inhaber durch die Regelung benachteiligt würden, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt sei, teilte ein Justizsprecher mit. Die vollständige Schließung von Fitnessstudios wertete das Gericht demnach als nicht verhältnismäßig.
Das hätte allerdings nur bedeutet, dass Fitnessstudios Individualtraining anbieten dürfen. Eine Sprecherin des Arbeitgeberverbandes deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) sagte gegenüber unserer Redaktion, dass diese Regelung den allermeisten Fitnessstudios nichts genutzt hätte, da der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag gestanden hätte. Höchstwahrscheinlich wären die meisten Fitnessstudios trotz des Urteils geschlossen geblieben. Vor diesem Hintergrund wollte die Sprecherin die Sinnhaftigkeit des Eilantrags nicht kommentieren.
Bayern jedoch blieb seiner Linie treu, mit besonders rigiden Maßnahmen die hohen Infektionszahlen senken zu wollen. Die Konsequenzen für den letzten Rest Vereinssport sind eklatant. Entsprechend harsch fielen die ersten Reaktionen aus. Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Landes-sportverbandes (BLSV), wertete die Entscheidung als „kurzfristige Maßnahme ohne Ziel und ein falsches Signal in dieser schwierigen Zeit. Wir haben für diese überhastete Maßnahme kein Verständnis – die Volksseele unserer Sportlerinnen und Sportler, Sportvereine und Sportfachverbände brodelt“. Die Gesundheit der Sportler habe für den Verband zwar nach wie vor oberste Priorität. „Dennoch sollte die Bayerische Staatsregierung diese Entscheidung dringend überdenken“, empfahl Ammon. Der BLSV sei von dem Beschluss Donnerstagnacht „überraschend und ohne Vorbereitung“getroffen worden.
Vor allem die Tennisvereine wurden kurz vor dem Wochenende vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie mussten innerhalb weniger Stunden alle Belegungszeiten absagen und ihre Mitglieder informieren. Der Bayerische Tennis-verband (BTV) ließ wissen, er halte das Hallensport-verbot im Freistaat für eine „undifferenzierte Maßnahme“. Deren Kurzfristigkeit sei nicht nachvollziehbar und sorge zu Recht für enormen Unmut an der Basis, heißt es in einem Schreiben von Btvpräsident Helmut Schmidbauer.
Er fordere von der Bayerischen Staatsregierung, „dass nicht alle Sportarten wegen eines Einzelnen in Mithaftung genommen werden, sondern in der Beurteilung eine differenzierte Vorgehensweise nach den Kriterien des Infektionsschutzes erfolgt“. Dorothee Hallerbach, Vorstandsmitglied des Tennisclub Schießgraben Augsburg und selbst Juristin, sieht aber durchaus auch den BTV in der Pflicht. „Ich würde vom Verband schon erwarten, dass er sich einen Musterverein rauspickt, für den er dann eine entsprechende Klage macht. Denn ich sehe nicht, dass wir mit den Fitnessstudios vergleichbar sind.“