Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Erzieherinnen kritisieren neue Kitaregeln
Zweimal werden in dieser Woche neue Regularien für den Betrieb in Kindertagesstätten angekündigt. Die zweite Änderung überrascht auch die Stadt – die Kritik der Einrichtungen nimmt zu
In dieser Woche gab es zwei Maßnahmen, was die Corona-regeln in Kindertagesstätten betrifft. Die Änderungen am Montag wurden von der Stadt veranlasst – am Mittwochnachmittag verkündete der Freistaat dann per Newsletter erneute Anpassungen für die Kitas. Kurzfristig, denn diese Änderungen sollten bereits für den nächsten Tag gelten. Der Unmut unter den Mitarbeitern der betroffenen Einrichtungen wächst. Das Augsburger Bildungsreferat erklärt auf Nachfrage, selbst von diesen erneuten Änderungen überrascht worden zu sein. Man habe davon, ebenso wie die Kita-mitarbeiter, erst aus dem Newsletter des Ministeriums erfahren.
Eine der am Montag in Kraft getretenen Regeln lautete, Kinder benötigten kein ärztliches Attest und keinen negativen Corona-test, um nach einer Erkrankung wieder in die Einrichtung zurückzukommen. Kinder mit leichten Symptomen wie Schnupfen oder gelegentlichem Husten dürfen die Kita nach Absprache mit der Einrichtungsleitung besuchen.
Konkrete Änderungen betreffen etwa die Testpflicht für Kinder: Bereits am Montag galt, dass Kinder unabhängig von der Infektionslage auch mit leichtem Schnupfen und gelegentlichem Husten ohne negativen Corona-test die Einrichtungen besuchen können. Sie dürfen allerdings kein Fieber haben. Ab Donnerstag müssen nun Kinder, die ernstlich erkrankt sind, 24 Stunden symptomfrei sein, bevor sie in die Kita zurückkehren. Und: Sie benötigen jetzt entweder ein ärztliches Attest oder einen negativen Coronatest.
Gravierender sind die Änderungen für Erzieher. Kita-mitarbeiter müssen nun bereits bei leichten Symptomen zu Hause bleiben und 24 Stunden lang abwarten, ob Fieber auftritt. Ohne einen negativen Corona-test oder ärztliches Attest dürfen sie nicht zurück an ihren Arbeitsplatz. Unter den betroffenen Erzieherinnen sorgen diese erneuten Änderungen für Frust und Ärger, den sie nicht nur gegenüber unserer
Redaktion äußerten. Mehrere Kitas verfassten E-mails, die auch an das zuständige Ministerium gingen.
Christine Stehle, Leiterin der katholischen Kindertagesstätte St. Thaddäus, schreibt: „Ehrlich gesagt dachte ich, das sei ein schlechter Faschingsscherz.“Nachdem alle im Erziehungswesen tätigen über Monate hinweg Pläne ausgearbeitet und Überstunden geleistet hätten, gebe es nun ein „ständiges Hin und Her“. Man sei an den „Grenzen der Belastbarkeit“. Sowohl unter den Eltern als auch den Mitarbeitern schwinde das Verständnis für etliche der nun geltenRegeln. Stehle schreibt weiter, sie fürchte, ihre Kita müsse demnächst zeitweise schließen, da die nun gültigen Testregeln für Mitarbeiter die Personalsituation erschweren und eine Betreuung unmöglich machen würden. „Wir sind einer Willkür ausgesetzt, die nicht mehr akzeptabel ist.“
In der Kita Christkönig haben 13 Mitarbeiterinnen einen offenen Brief verfasst und unterschrieben. Erzieherin Eva Stempfle und ihre Kolleginnen schreiben, mit den pädagogischen Mitarbeitern werde seitens der Politik „fahrlässig“und „unverschämt“umgegangen. „Wir kritisieren ausdrücklich nicht das Offenhalten der Kindertagesstätten, sondern den Umgang mit dem Infektionsschutz in Pandemiezeiten.“So dürften Erzieher nun auch wieder in anderen Kita-gruppen aushelfen, was die Infektionsgefahr erhöhe.
Statt eines Stufenplans gelte nun wieder Regelbetrieb mit Hygienekonzept, in ihrer Kita gebe es nun eine Gruppe – die aber mit 50 Kindern. Weder Kinder noch Mitarbeiter seien angesichts des diffusen Infektionsgeschehens in Augsburg so ausreichend geschützt – man fühle sich „schlichtweg im Stich gelasden sen“. Die Kita wird laut Stempfle ab Montag die erneuten Änderungen übernehmen.
Christine Stehle, Leiterin von St. Thaddäus, sagte auf Nachfrage, dass die Kita vorerst nicht die erneuten Änderungen vom Donnerstag einführen werde – man behalte die am vergangenen Montag eingeführten Maßnahmen vorerst bei. „Bei uns laufen die Eltern sowieso schon Amok, die hängen schließlich auch alle in der Luft. Seit dem Frühjahr erfolgen solch kurzfristige Regeländerungen.“Stehle sagt, man hoffe nun auf eine Stellungnahme der Stadt bis Montag.