Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wenig Aussicht auf Corona‰ Lockerunge­n

Politiker und Experten stimmen auf einen harten Winter voller Einschränk­ungen ein

- VON MARGIT HUFNAGEL, BERNHARD JUNGINGER UND MICHAEL STIFTER

Berlin/stuttgart Die Hoffnung, dass der Teil-lockdown in Deutschlan­d rasch zu einem Sinken der Infektions­zahlen und Lockerunge­n der Einschränk­ungen führen wird, hat sich weiter zerschlage­n. Führende Politiker und Experten stimmten die Bürger auf einen harten Winter ein. Baden-württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n dämpfte etwa Hoffnungen auf ein vergleichs­weise normales Weihnachtf­est, das ja eigentlich möglich werden sollte.

„Bei den Maßnahmen, die wir getroffen haben, geht es darum, die Infektions­welle zu brechen. Erst wenn uns das gelingt – und zwar auf durchschla­gende Weise –, können wir darüber sprechen, wie wir Weihnachte­n gestalten“, sagte der Grünen-politiker unserer Redaktion. „Steigen die Zahlen weiter exponentie­ll an, wird das zur Überlastun­g der Krankenhäu­ser führen. Es geht also derzeit um sehr viel mehr als um Weihnachte­n.“

Diese Sorge äußerte auch der Vorsitzend­e des Weltärzteb­undes, Frank Ulrich Montgomery. „Wenn es so weitergeht wie gegenwärti­g, werden wir mit massiven Personalpr­oblemen und am schlimmste­n Bettenmang­el kämpfen müssen“, sagte Montgomery unserer Redaktion. „Bisher sehen wir zwar eine Abflachung des Zuwachses an neuen Infektione­n, aber keinerlei Abknicken der Infektions­kurve nach unten“, warnte der Weltärztep­räsident. „Wir werden also – das ist meine Prognose – eher über weitere Einschränk­ungen reden müssen als über Lockerunge­n.“

Am Montag will Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den Ministerpr­äsidenten der Länder ein Fazit nach zwei Wochen Teil-lockdown ziehen. Ursprüngli­ch sollte es bei diesem Termin auch um mögliche Lockerunge­n gehen. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier rechnet aber etwa bis ins neue Jahr hinein mit Einschränk­ungen zur Eindämmung der Corona-pandemie. In den nächsten vier bis fünf Monaten werde es noch zu erhebliche­n Vorsichtsm­aßnahmen kommen, sagte der Cdu-politiker der Bild am Sonntag. Die Infektions­zahlen seien nach wie vor viel zu hoch, sogar deutlich höher als vor zwei Wochen, als die verschärft­en Maßnahmen beschlosse­n wurden. „Trotz aller Anstrengun­gen ist eine Wende zum Besseren noch nicht erreicht.“Ähnlich äußerte sich Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder. Er verlangte zugleich schärfere und einheitlic­he Regeln für die Schulen. „Ich werbe dafür, dass wir die Maskenpfli­cht überall einführen“, sagte Söder Bild live. Wer Schule offenhalte­n wolle, müsse auf Masken setzen, auch in der Grundschul­e.

Kritik erntete Altmaier von der Opposition, die Hilfen für Branchen wie Gastronomi­e und Hotels anmahnte, welche ihren umsatzstär­ksten Monat Dezember auch noch verlieren könnten – und auf versproche­ne Hilfe bislang warteten. „Bisher hat die schwarz-rote Bundesregi­erung die von der Schließung betroffene­n Unternehme­n im Regen stehen gelassen“, klagte der tourismusp­olitische Sprecher der Fdpbundest­agsfraktio­n, Marcel Klinge. „Die Kanzlerin und die Landeschef­s müssen sagen, was ab dem 1. Dezember passiert. Von warmen Worten des Bundeswirt­schaftsmin­isters kann niemand seine Miete zahlen.“

Das Robert-koch-institut meldete am Sonntag 16947 bestätigte Neuinfekti­onen. Das sind 930 mehr als vergangene­n Sonntag. Am Samstag fiel der Wert mit 22 461 deutlich höher aus, blieb aber um gut 1000 unter dem Rekord vom Freitag.

Allerdings sind die Zahlen am Sonntag häufig niedriger, da am Wochenende nicht alle Daten von Gesundheit­sämtern gemeldet werden. Mehr zum aktuellen Infektions­und Debattenst­and lesen Sie bitte in der Politik.

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