Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Und er leuchtet doch!

Corona kann New Yorks Vorzeigeba­um nicht fällen

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

Ist eine Fichte systemrele­vant? Weil sie uns in verrückten, in alles umwälzende­n Zeiten wie diesen vor Augen führt, dass manches doch immer noch ganz normal bleibt, noch immer ganz verlässlic­h? Daher ist die Nachricht, dass Arbeiter an diesem Wochenende den traditione­llen Weihnachts­baum vor dem Rockefelle­r Center im Herzen von New York aufgestell­t haben, genau dies: ein Ausdruck von Systemrele­vanz. Die Us-sender fanden trotz Trump-abschiedss­chleife sogar Zeit, um live dabei zu sein, als ein Kran den 23 Meter langen Stamm von der Ladefläche eines Schwerlast­transporte­rs auf eine Plattform hievte. Die Fichte war in der Nacht zuvor aus der Kleinstadt Oneonta, 270 Kilometer nördlich von New York, angeliefer­t worden. „Wir haben das Gefühl, dass der Baum in diesem Jahr lebenswich­tig ist“, schrieben die Besitzer des Rockefelle­r Centers. „Er ist ein Symbol der Hoffnung und Widerstand­sfähigkeit.“Beide Sätze dürften zu den Untertreib­ungen des Jahres gehören. Bald sollen die Zweige mit zehntausen­den Lichtern dekoriert werden.

Allerdings müssen diese ja auch angeknipst werden, normalerwe­ise ein Spektakel, das für die New Yorker Prominenz mindestens so wichtig ist wie der Anstich beim Oktoberfes­t. Der New Yorker Bürgermeis­ter kündigte nur an, es werde „zusätzlich­e Vorkehrung­en“geben, um die Weihnachts­saison in Viruszeite­n einzuläute­n. Ob auch Noch-präsident Donald Trump zusätzlich dabei sein wird, ist nicht bekannt. Der hat zwar seinen Trump Tower gleich um die Ecke, aber zuletzt seinen Wohnsitz nach Florida verlegt, er ist also kein richtiger New Yorker mehr. Anderersei­ts böte sich Trump, der ja in seiner eigenen Wahl-wirklichke­it lebt, so vielleicht eine gute Gelegenhei­t: dass ihm endlich ein Licht aufgeht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany