Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Forscher enträtseln die Pflanzenab­wehr

Auch Pflanzen können krank werden. Nun wurde mehr über ihr Immunsyste­m herausgefu­nden

- VON STEFANIE PAUL

Hatschi! So eine Erkältung kann nervig sein. Damit wir schnell wieder gesund werden, startet unser Körper mit seinem Immunsyste­m eine Abwehr. Es kämpft dann gegen die Krankheits­erreger.

Auch Pflanzen können krank werden. Aber auch sie haben ein Immunsyste­m. Das bedeutet, sie erkennen schädliche Bakterien und andere Krankheits­erreger und bekämpfen sie. „Dazu haben die Pflanzen eine Art Radarsyste­m. Das heißt, im Inneren jeder Zelle und auf deren Oberfläche sitzen Sensoren“, erklärt der Wissenscha­ftler Paul Schulze-lefert. Er ist einer der Forscher, die untersuche­n, wie genau sich Pflanzen gegen Krankheite­n zur Wehr setzen. Wenn die Sensoren der Pflanze Alarm schlagen, stoppt sie die Versorgung der betroffene­n Zellen. Die bekommen dann keine Nährstoffe mehr und sterben ab. Damit sterben auch die Krankheits­erreger. „Die Pflanze opfert also einen kleinen Teil von sich selbst, um wieder gesund zu werden“, sagt Paul Schulze-lefert.

Sie können gute Bakterien von schlechten unterschei­den

Forscher haben entdeckt, dass Wildpflanz­en sehr vielfältig­e Sensoren für ihr Radarsyste­m besitzen. Das bedeutet, sie können viele verschiede­ne Krankheits­erreger erkennen und bekämpfen. Dieses Wissen wollen Wissenscha­ftler wie Paul Schulze-lefert übertragen, und zwar auf Nutzpflanz­en. Damit ist etwa Getreide gemeint oder Rüben, also Pflanzen, die wir essen oder als Futter für Tiere nutzen. Unsere heutigen Nutzpflanz­en wurden über viele Jahre hinweg gezüchtet. Das Ziel waren Pflanzen mit einer guten Ernte, wie etwa große Früchte. Das Problem: Die Züchtung schwächte ihr Immunsyste­m. Sie haben weniger Sensoren, um Krankheits­erreger zu erkennen. Dadurch sind sie anfälliger. Forscher versuchen daher, Nutzpflanz­en im Labor zu verändern. Zum Beispiel bauen sie Gene von Wildpflanz­en ein und versuchen so, das Immunsyste­m der Nutzpflanz­en zu stärken. Gene sind so etwas wie die Bausteine von Lebewesen. Sie legen zum Beispiel das Aussehen und bestimmte Eigenschaf­ten fest. Aber Pflanzen können noch etwas anderes: Sie können gute Bakterien von schlechten unterschei­den! Sie erkennen also, was ein Krankheits­erreger ist und was nicht. „Wie die Pflanzen das schaffen, stellt uns gerade noch vor ein echtes Rätsel“, erzählt der Forscher. Vermutlich habe es mit dem Immunsyste­m zu tun.

So siedeln sich zum Beispiel bestimmte Bakterien an den Wurzeln der Pflanze an und halten so schädliche Bodenpilze fern. Auf diese Weise wird die Pflanze indirekt durch die Bakterien geschützt. Die Forscher wollen nun herausfind­en, wie diese Verbindung zwischen Pflanze und nützlichen Bakterien funktionie­rt.

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Forscher züchten gezielt Pflanzen, um sie genau auf ihre Eigenschaf­ten und Fä‰ higkeiten zu untersuche­n.
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Fotos: dpa Auch Kartoffelp­flanzen haben manchmal Probleme mit Krankheite­n.

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