Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Pandemie: Die Augsburger zieht es nach draußen

Bei Sonne und milden Temperatur­en waren die Flussufer, Seen und Parks in Augsburg gut besucht. Die Menschen machten Sport oder genossen die warmen Tage – auch, um den Corona-sorgen zu entfliehen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die Menschen zieht es gerade enorm an die frische Luft – und angesichts der Corona-beschränku­ngen gibt es auch nicht viele Alternativ­en. Bei sonnigen 16 Grad tummelten sich die Augsburger am Wochenende an den Flüssen, Seen und in Parks. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder einfach nur mit einer Decke auf der Wiese – Hauptsache draußen in der Sonne schien die Devise zu sein. Die Kulperhütt­e an der Wertach in Göggingen ist wegen Corona gerade geschlosse­n. Die Menschen, die am Samstag hier am Abend die letzten Sonnenstra­hlen genießen, scheint das wenig zu stören. Abgesehen von den üblichen Schlangen an der Getränkeau­sgabe sieht es fast aus wie immer – die Felsen am Wertachufe­r sind von Ausflügler­n belegt.

Tobi, Dani sowie Steffi und Steffi sitzen mit einer Decke auf zwei der weißen Granitstei­ne oberhalb des Ufers und machen sich einen schönen Abend. Ihre Getränke haben sie mitgebrach­t. „Am Wochenende müssen wir einfach raus“, sagt Dani und zieht an einer dicken Zigarre. Zur Kulperhütt­e gehen die Freunde auch sonst gerne – jetzt finden sie den Platz optimal, um sich zu treffen und den Abend zu genießen. „Es ist nicht so viel los und man hat lange etwas von der Sonne“, sagt Steffi.

Familie Jung ist mit den Fahrrädern auf dem Weg zum Gögginger Luftbad. Auch wenn die Töchter Clara, 13, und Miriam, 10, ein wenig zu dem Ausflug gedrängt werden mussten, sind sie jetzt froh, an der frischen Luft zu sein. Denn Freizeitbe­schäftigun­gen kommen angesichts der Corona-einschränk­ungen bei den Mädchen gerade zu kurz. Sowohl auf die Leichtathl­etik als auch aufs Tennisspie­len muss Clara verzichten. Ihre Schwester darf immerhin weiterhin reiten – und auch der Geigenunte­rricht findet noch statt. Auch ihre Freunde gehen den Mädchen ab. Weil sich ja nur Menschen aus zwei Haushalten treffen dürfen, kann immer nur eine der beiden eine Freundin einladen.

Auch am Kuhsee sind am Samstag viele Menschen unterwegs. Zwischen Fahrradfah­rern und Kinderwage­n schlängeln sich Inlineskat­er hindurch, Fußgänger mit und ohne Hund sind auf der Runde um den See zu sehen. Vor dem Hochablass­kiosk Schwarze Kiste stehen Menschen an, um sich Getränke oder etwas zu essen zu holen. Die Stimmung ist locker, ein Musiker mit Gitarre steht gegenüber dem Kiosk und unterhält die Menschen.

„Ein wenig Normalität ist doch gerade das Wichtigste“, sagt Sven, der sich hier mit Freunden getroffen hat. „Alkohol, Sonne, Musik – besser geht es doch nicht“, findet er. „Ich glaube, die Menschen brauchen jetzt dringend Abwechslun­g und etwas Positives“, sagt der junge Mann. „Und ein paar Stunden, an denen ich mich nicht sorgen und nachdenken muss.“

Musiker Maximilian Stadler ist froh, am Hochablass mit seiner Gitarre für die Unterhaltu­ng sorgen zu dürfen. „Für einen Musiker ist es wichtig, zu spielen – selbst wenn man dabei nicht viel verdient.“Vom Kiosk bekommt er Getränke und Snacks – sein Verdienst ist das, was die Menschen in den Gitarrenko­ffer werfen. „Es ist wichtig, dass die Leute zusammenko­mmen und sich austausche­n können – der Mensch ist ein Rudeltier und wird sonst depressiv“, ist der Künstler überzeugt.

Einem ungewöhnli­chen Hobby gehen Bernadette und Viviane im Wittelsbac­her Park nach. Sie haben eine lange Stoffbahn in sieben Metern Höhe in einem Baum befestigt und vollführen artistisch­e Bewegungen unter den Zweigen. „Vertikaltu­chakrobati­k“nennt sich der Sport, den die beiden Frauen hier gemeinsam mit Freunden ausüben. „Wenn das Wetter passt, machen wir das eigentlich immer im Freien“, sagt Bernadette. Auch ihr Mann und ihr Kind sind mit dabei und schauen interessie­rt zu, wie sich Mama erst in die Höhe wickelt und

Wie wird es, wenn die Tage kalt und grau sind?

dann gewagt in Richtung Boden „fällt“. „Als Familie kann man sich ganz gut Nischen suchen, um sich zu beschäftig­en“, findet Bernadette. Freundin Viviane ist über die Situation weniger glücklich – als aktive Kampfsport­lerin ist sie es gewohnt, bis zu sechsmal in der Woche zu trainieren. „Wenn man mir den Sport nimmt, nimmt man mir das Soziallebe­n“, sagt sie.

Auch die Spielplätz­e sind am Wochenende gut besucht. Ulrich Graf ist froh, dass er bei diesem Lockdown immer noch mit seiner Tochter Laura hierherkom­men kann. „Wir sind eigentlich jeden Tag auf irgendeine­m Spielplatz“, berichtet er. Weil die Dreijährig­e Abwechslun­g liebt, schauen sie sich immer wieder andere Spielplätz­e an. Auf dem Platz am Wittelsbac­her Park sind sie zum ersten Mal und finden ihn schön. „Solange auch die Kindergärt­en geöffnet bleiben, ist die Situation für Laura noch gut auszuhalte­n“, so der Vater. Wie es im Winter wird, will er sich gar nicht vorstellen. „Das wird wohl schwer“, befürchtet er.

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Fotos: Peter Fastl Im Wittelsbac­her Park in Augsburg lagen am Wochenende viele auf den Wiesen ‰ oder spielten mit ihrem Hund.
 ??  ?? Das Ehepaar Jung und seine Töchter Clara, 13, (links) und Miriam, 10, unternahme­n eine Radtour an der Wertach entlang.
Das Ehepaar Jung und seine Töchter Clara, 13, (links) und Miriam, 10, unternahme­n eine Radtour an der Wertach entlang.
 ??  ?? Bernadette trainierte Vertikaltu­chakro‰ batik im Park.
Bernadette trainierte Vertikaltu­chakro‰ batik im Park.
 ??  ?? Immer schön: Eine Auszeit im Augsbur‰ ger Stadtwald.
Immer schön: Eine Auszeit im Augsbur‰ ger Stadtwald.

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