Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Oh Tannentrau­m!

Ein Christbaum wächst nicht von alleine schön gerade und dicht. Oft muss der Gärtner nachhelfen. Wie das geht, was die Bäume in diesem Jahr kosten und wie der Verkauf während Corona läuft

- VON ANDREA WENZEL

Etwa zehn Zentimeter klein sind die 2000 Tannen, die Peter Schlegel jährlich von einem Spezialbet­rieb bekommt und dann auf den Flächen seiner Baumschule an der Hirblinger Straße einsetzt. Daraus sollen in den folgenden acht bis zehn Jahren stattliche Christbäum­e werden, die dann irgendwann in Augsburger Wohnzimmer­n stehen.

Wer nun glaubt, Peter Schlegel brauche ab der Pflanzung einfach nur Geduld, der irrt. „Die Aufzucht von Christbäum­en ist sehr arbeitsint­ensiv“, erzählt der Experte. Denn die Kunden haben Ansprüche. Ein guter Baum soll dichtes Astwerk haben und möglichst gleichmäßi­g gewachsen sein. Doch von allein gedeihen nur wenige Bäume genau nach diesen Kriterien. Vielmehr muss Schlegel immer wieder nachhelfen. Damit der Baum ab einem gewissen Alter nicht zu schnell wächst und die Äste damit weit auseinande­r liegen, ritzt der Baumexpert­e beispielsw­eise die Rinde an und behindert so für eine Zeit die Nährstoffz­ufuhr. Die Triebe wachsen langsamer. Mit einer speziellen Schnitttec­hnik wird dafür gesorgt, dass der Baum gleichmäßi­g wächst und auch nicht zu breit wird. Manchmal müssen Schlegel und seine Mitarbeite­r auch in gebückter Haltung mit der sechs Kilo schweren Kettensäge unter dem Baum hantieren, um die bodennahen Äste zu entfernen. „Da ist man dann froh, wenn das Benzin leer ist und man mal Pause machen kann“, sagt Schlegel lachend.

Trotz allem Einsatz wird nicht aus jedem kleinen Bäumchen einmal der perfekte Christbaum. Denn immer wieder spielt die Natur den Gärtnern einen Streich. Lange Trockenper­ioden, Hagel oder Schädlings­befall sind schwer berechenba­r. „In der Branche heißt es, wenn man 70 Prozent der gepflanzte­n Bäume in den Verkauf bringt, dann ist das ein guter Wert. Aber das gelingt nicht immer“, so Schlegel. Und selbst bei den Bäumen, die er dem Kunden anbietet, muss er zwei Kategorien und Preise machen. Schön gewachsene Bäume werden in diesem Jahr für 19 Euro pro Meter angeboten. Weniger perfekte Bäume, beispielsw­eise jene mit einer Doppelspit­ze, gibt es für zehn Euro den Meter. „Die Preise sind bei vielen Anbietern in Augsburg ähnlich, sie orientiere­n sich dabei am Markt, nicht am Arbeitsauf­wand“, so Schlegel. Würde er den Preis verlangen, den er rein wirtschaft­lich und nach Arbeitsauf­wand verlangen müsste, wäre ein Baum um die 20 40 Prozent teurer. „Aber die aktuellen Preise sind so, dass wir gut damit leben können. Das war auch schon mal anders“, berichtet er.

Denn vielfach werden die Preise von großen Händlern über Masse gemacht. „Wir sind ein kleines Licht in der Branche“, stuft der Augsburger ein. Neben dem Christbaum­verkauf hat die Baumschule Schlegel noch weitere Standbeine. Kollegen, de nur vom Christbaum­verkauf leben, müssten im Jahr mindestens 150.000 Bäume in der Verkauf bringen. Er selbst plant mit 2000 Bäumen im Jahr. Von Tannen, die er nicht verkauft, werden die Tannenzwei­ge für Dekoration­szwecke angeboten, der Rest des Baums landet in der Hackschnit­zelanlage. Damit werden dann die Gewächshäu­ser beheizt.

In diesem Jahr startet der Baumverkau­f bei Schlegel am 3. Dezember. Auch viele andere Augsburger Anbieter beginnen um den ersten Advent herum. Der Verkauf ist auch in Corona-zeiten unter den geltenden Hygienesch­utzmaßnahm­en möglich, teilt die Stadt mit. Glühwein- und Bratwurstb­uden, wie es sie zuletzt immer häufiger an den Verkaufsst­änden gab, sind laut Gesundheit­sreferent Reiner Erben denkbar, wenn es sich um einen Togo-verkauf unter Einhaltung gelbis tender Regeln handelt. Ob er von dieser Möglichkei­t Gebrauch macht, muss sich Peter Schlegel noch überlegen. Auch eine Umfrage bei anderen Anbietern hat ergeben, dass man genau auf den Prüfstand stellt, ob ein „Drumrum“zum Baumverkau­f in diesem Jahr sinnvoll ist.

Sabine Darius, bei der Fuggerei für den Baumverkau­f zuständig, sagt: „Wir sind sehr darauf bedacht, das Hygienekon­zept für den Christbaum­markt ordnungsge­mäß umzusetzen, damit die Sicherheit­sabstände eingehalte­n werden können. Ob die Imbissbude von den Tafeldecke­rn betrieben werden kann und darf, steht noch nicht fest.“Man warte daher das weitere Infektions­geschehen ab und reagiere spontan. Der Baumverkau­f in der Fuggerei läuft vom 3. bis 22. Dezember. Die Stadt selbst bietet am 11. und 12. Dezember im Hof der Forstverwa­ltung den diesjährig­en Christbaum­verkauf an – ohne Bewirtung, wie es heißt.

Egal wo man den Christbaum in diesem Jahr kauft, Peter Schlegel hat einen Tipp: „Wichtig ist, dass man den Baum, wenn man ihn nicht gleich aufstellt, schattig und mit Stamm und Rinde im Wasser lagert. Dann hält er auch gut.“Steht er dann im Zimmer, sei regelmäßig­e Wasserzufu­hr weiter wichtig. Ob die Branche in diesem Jahr mehr Bäume verkauft, weil Menschen wegen der Corona-pandemie un den Einschränk­ungen nicht verreisen oder nicht zur Verwandtsc­haft gehen, kann Schlegel schwer einschätze­n. „Mag sein, dass der ein oder andere sich in diesem Jahr wieder einen Baum kauft, der zuletzt darauf verzichtet hat. Dafür stehen keine Bäume in Eingangsha­llen zu Sportverei­nen oder Ähnlichem.“

Die Branche sei verhalten optimistis­ch, dass in diesem Jahr etwas mehr Bäume verkauft werden als sonst. Pro Jahr wurden in Deutschlan­d zuletzt rund 30 Millionen Christbäum­e aufgestell­t.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Peter Schlegel betreibt eine Baumschule im Bärenkelle­r – auch in diesem Jahr wird er Christbäum­e verkaufen. Doch heuer wird wegen der Corona‰pandemie einiges anders sein als sonst.
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Aus solch kleinen Setzlingen werden ein‰ mal stattliche Christbäum­e.

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