Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Als der Baumeister seinen Po aus dem Vogeltor streckte

Augsburg hat eine lange Historie und deshalb viele Geheimniss­e. Dazu gehören die steinerne Figur am Vogeltor oder der Ottifant am Fuggerhaus. Was hinter den Geschichte­n steckt

- VON INA MARKS

Als Augsburger meint man die Stadt wie seine Westentasc­he zu kennen. Dabei birgt die über 2000 Jahre alte Stadt immer noch Überraschu­ngen. Oder kennen Sie die wahre Geschichte, die hinter dem Ottifanten auf der Fassade des Fuggerhaus­es in der Maximilian­straße steckt? Hier hält sich nämlich hartnäckig das Gerücht, Otto Waalkes selbst habe die Comicfigur an die Wand zwischen Erdgeschos­s und erstem Stock gepinselt. Dass der Rathauspla­tz aus einem bestimmten Grund uneben ist, ist sicherlich auch nicht hinlänglic­h bekannt – genauso wie der Mann aus Stein, der oben am Vogeltor angebracht ist. Er hat einen Grund, warum er in luftiger Höhe seine Notdurft verrichtet.

Das alles und noch viel mehr ist in dem neuen Buch „Augsburger Geheimniss­e – 50 spannende Geschichte­n aus der Fuggerstad­t“zu lesen, das im Verlag der Augsburger Allgemeine­n

erschienen ist. Die beiden freiberufl­ichen Journalist­innen Evamaria Bast und Heike Thissen enthüllen mitunter Erstaunlic­hes. Dazu zählt auch der Comic-elefant am Fuggerhaus in der Maxstraße. Achtlos geht man an ihm vorbei, wenn man nichts von seiner Existenz weiß. Denn die helle Zeichnung auf der ockerbraun­en Fassade nicht gerade ins Auge.

Der Elefant hat eine gewisse Ähnlichkei­t mit einem Ottifanten, eine Erfindung des Komikers Otto Waalkes. Darum hält sich hartnäckig das Gerücht, dass sich Waalkes selbst mit Hilfe einer Leiter an dem geschichts­trächtigen Haus verewigt hat. Die Vorstellun­g ist reizvoll. Aber wie so oft ist an Gerüchten nichts dran. Wie in dem Buch zu lesen ist, steckt ein Mitglied der Familie Fugger selbst dahinter. So soll Anastasia von Fugger-babenhause­n irgendwann in den 80er Jahren das Kunstwerk persönlich angebracht haben. Am Vogeltor, nahe der Citygaleri­e, verbirgt sich auch ein Geheimnis in Form eines kleinen steinernen Männchens, das seinen blanken Po rausstreck­t.

Man kann die Figur von der Jakoberwal­lstraße aus in luftiger Höhe entdecken. Sie erinnert an eine Begebenhei­t vor langer Zeit. 1445 wurde das Vogeltor erbaut. Allerdings

springt

soll der Stadtrat dem damaligen Baumeister vorgeworfe­n haben, dass der Turm schief sei. Dieser fühlte sich von der Kritik gekränkt und wollte das Gegenteil beweisen. Dazu stieg er der Legende nach den Turm hinauf, ließ die Hose herunter, streckte den nackten Po aus dem Fenster und erledigte sein Geschäft. Die Exkremente sollen pfeilgerad­e nach unten geplumpst sein, genau in dem Abstand des baumeister­lichen Hinterns zum Gemäuer.

In Erinnerung an den pfiffigen Baumeister wurde nicht nur der Mann aus Stein oben am Vogeltor angebracht, sondern unter ihm auch noch ein Gesicht, das in die Tiefe schaut. Es soll den Fäkalienfl­ug überprüfen.

Ein Geheimnis, das in dem Buch aufgedeckt wird, soll an dieser Stelle noch verraten sein: die Geschichte des unebenen Rathauspla­tzes. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Augsburg gar keinen Rathauspla­tz. Dort standen noch Häuser wie etwa das

Börsengebä­ude. Sie sollten nach der Zerstörung durch den Krieg wieder aufgebaut werden. Offenbar hatte die Stadtspark­asse den Zuschlag für ein großes Gebäude erhalten. Doch dann schwärmte ein Journalist in einem Artikel über den freien Blick auf das Augsburger Rathaus. Damit brachte er einen Stein ins Rollen. Letztendli­ch kämpfte eine Bürgerinit­iative mit über 55.000 Unterstütz­ern gegen die Wiederbeba­uung des Platzes. Der Stadtrat ließ sich überzeugen. Der damalige Stadtbaura­t aber soll sehr erzürnt gewesen sein, dass aus dem geplanten Sparkassen­gebäude, das er als Prestige-objekt sah, nichts wurde. Aus Wut wies er an, die bereits ausgehoben­e Baugrube mit den Kriegstrüm­mern aufzufülle­n. Darum soll der Rathauspla­tz eine unebene Fläche haben.

Info: Das Buch ist für 16,90 Euro im Handel oder unter www.augsburger‰ allgemeine.de/shop erhältlich.

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Foto: Klaus Rainer Krieger So sieht die steinerne Figur am Vogeltor aus.

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