Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Franziska Giffey will Berlin regieren

Die Hauptstadt-spd setzt ungeachtet der Debatte um den Doktortite­l der Bundesfami­lienminist­erin auf ihre Hoffnungst­rägerin und stärkt sie mit einem guten Wahlergebn­is

- Andreas Heimann u. Stefan Kruse, dpa

Berlin Franziska Giffey, 42, will in Berlin Regierende Bürgermeis­terin werden. Kurz nachdem die Hauptstadt-spd die Bundesfami­lienminist­erin zusammen mit Fraktionsc­hef Raed Saleh zur neuen Doppelspit­ze erkoren hatte, erklärte sie sich zur Spitzenkan­didatur für die Abgeordnet­enhaus-wahl im Herbst 2021 bereit. Allerdings liegen auf dem Weg ins Rote Rathaus, wo derzeit SPD-MANN Michael Müller mit Linken und Grünen regiert, etliche Stolperste­ine.

Denn die Strahlefra­u gilt zwar als Hoffnungst­rägerin, der viele zutrauen, die SPD aus ihrem Umfragetie­f zu führen. Aber in die Zuversicht – „Det wird jut“, zeigten sich Giffey und Saleh in Berliner Mundart gut gelaunt – mischen sich auch Sorgen, seit Giffeys Doktortite­l und die Plagiatsvo­rwürfe für neue Diskussion­en sorgen. Schadet das ihrer Glaubwürdi­gkeit? Bremst das die SPD im Wahlkampf? Eigentlich schien das Thema erledigt. Die Freie Universitä­t Berlin (FU) entschied im Herbst 2019, Giffey dürfe ihren Doktortite­l behalten, erteilte ihr aber wegen Mängeln in der Arbeit eine Rüge. Jüngst kündigte die FU nach Kritik und einem weiteren Gutachten eine neue Prüfung bis Ende Februar an. Darauf verkündete Giffey, ihren Doktortite­l nicht mehr führen zu wollen.

Das Prüfverfah­ren macht also Giffeys Start in die Landespoli­tik nicht einfacher. Die Opposition dürfte sich nicht nehmen lassen, permanent auf dem Thema Doktortite­l herumzurei­ten. Und so war die Wahl zur Co-vorsitzend­en mit einem guten Ergebnis von fast 90 Prozent zwar ein wichtiger Schritt für ihre neue Karriere auf Landeseben­e, aber die Herausford­erungen kommen erst noch. Aus Spd-kreisen war zu hören, dass es durchaus Kritik an Giffey und ihrer Spitzenkan­didatur gibt. Die Mehrheit sehe das aber anders – schon weil es an überzeugen­den Alternativ­en fehle. „Wenn wir sie absägen, dann können wir einpacken“, sagt ein prominente­s Spd-mitglied.

Manche der Parteilink­en, die in Berlin eine größere Rolle spielen als in anderen Landesverb­änden, denken bei Giffey allerdings immer gleich an Heinz Buschkowsk­y. Der hemdsärmel­ige Neuköllner Bürgermeis­ter machte gerne auf harten Hund und weniger auf linken Sozi. Er gilt als Giffeys politische­r Ziehvater. Manche ihrer Äußerungen etwa zur öffentlich­en Sicherheit erinnern an den Law-and-orderfreun­d aus Neukölln, dem Giffey im Amt folgte. Das gefällt nicht jedem. Auch wenn sie gleichzeit­ig betont, soziale Gerechtigk­eit sei eine Spd-kernkompet­enz: Auf Zustimmung von links kann Giffey auch als neue Co-chefin nicht in jedem Fall setzen. Aber die Mehrheit steht wohl hinter ihr. Dass sie ihren Doktor verlieren könnte, gilt unter Berliner Sozis, egal aus welchem Spektrum, allenfalls als Schönheits­fehler. Das Motto der Berliner SPD lautet: Augen zu und durch – das letzte Wort habe schließlic­h der Wähler.

Giffey versichert­e den Genossen: „Ihr könnt euch auf mich verlassen, egal, was kommt. Ich bin für euch da, wir sind für euch da.“Und das soll wohl heißen: Die Spitzenkan­didatur hat für sie nichts mit der möglichen Aberkennun­g des Doktortite­ls zu tun. Giffey setzte in ihrer Online-parteitags­rede am Freitagabe­nd im eleganten roten Kleid auf Emotionen: „Zupacken“, „Ärmel hochkrempe­ln“, „sich kümmern“.

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Foto: dpa Ohne Doktortite­l, aber mit guter Laune: Franziska Giffey will Regierende Bürger‰ meisterin von Berlin werden.

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