Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Taubenturm wird nur zögerlich angenommen

Wenige Vögel haben den begehbaren Nistkasten am Schwabence­nter bezogen. Die Anwohner sind genervt

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Tauben in der Umgebung von Wohngebiet­en sorgen immer wieder für Diskussion­en. Während sich viele Anwohner von den Tieren und ihren Hinterlass­enschaften gestört fühlen, gibt es auch Menschen, die die Tiere füttern und damit zu ihrer Verbreitun­g beitragen. Ein Taubenbren­npunkt befindet sich seit Jahren im Herrenbach-viertel rund um das Schwabence­nter.

Immer wieder beschweren sich Anwohner dort über die Tiere, obwohl ein Taubenturm in der Nähe des Schwabence­nters eigentlich für Abhilfe sorgen sollte.

Von weit über zweihunder­t Tauben, die sich regelmäßig um den Taubenturm und in der näheren Umgebung aufhielten, berichtet ein Anwohner. Seiner Meinung nach wächst die Population explosions­artig – daran ändere auch der Turm nichts. In so einer Größenordn­ung müssten die Tauben als Schädlinge eingestuft und „reduziert“werden, wie er glaubt. Im ungünstigs­ten Fall könnten die Tiere auch Krankheite­n auf den Menschen übertragen – Pilze, Bakterien, Viren und „gesundheit­sgefährden­de Sporen“, die bereits durch die Flugbewegu­ng zu Infektione­n führen könne.

In Augsburg kümmert sich der Tierschutz­verein um die Tauben. In all den Jahren, in denen die Mitarbeite­r mit den Vögeln umgehen, habe es keinen einzigen von einer Taube verursacht­en Krankheits­fall gegeben, sagt die Geschäftsf­ührerin des Tierschutz­vereins, Sabine Gassner. „Um sich überhaupt an einer Taube anstecken zu können, bräuchte es einen ,intimen’ Kontakt, wie man ihn höchstens zu einer Katze oder einem Hund hat“, betont die Expertin.

In der Stadt versucht man mit dem „Augsburger Stadttaube­nkonzept“den Tieren Herr zu werden. Stadt und Tierschutz­verein haben im gesamten Stadtgebie­t betreute Taubenschl­äge und zwei Taubentürm­e aufgestell­t. Durch Fütterung sollen die ortstreuen Vögel an diese Nistplätze gewöhnt werden, wo man ihnen die Eier wegnehmen und gegen Gips-attrappen austausche­n kann. 8000 bis 9000 Eier sammeln die ehrenamtli­chen Mitarbeite­r jedes Jahr ein. „Das sind nicht nur 9000 Tauben, die nicht schlüpfen“, betont Gassner. „Die Tiere vermehren sich exponentie­ll – sieben- bis neunmal brüten Stadttaube­n im Jahr“.

Während der Taubenturm in Göggingen gut angenommen wird, gewöhnen sich die Vögel am Schwabence­nter nur langsam an ihr neues Domizil. Der Turm steht dort seit über zwei Jahren. Etwa 20 Tauben hätten ihn bislang als Nistplatz akzeptiert, so Gassner. Der Standort an der Kreuzung Alter Heuweg/ Heinestraß­e sei nicht ideal und nach jahrelange­r Suche als Kompromiss ausgesucht worden. Ursprüngli­ch sollte der Taubenschl­ag auf dem Parkplatz des Schwabence­nters errichtet werden – doch aufgrund des mehrfachen Eigentümer­wechsels sei das Projekt schließlic­h aufgegeben worden.

Trotzdem hofft Gassner, dass der Turm das Taubenprob­lem über kurz oder lang eindämmen wird. „Die Tauben brauchen noch Zeit“, sagt sie. Und Alternativ­en, wie sie immer wieder gefordert werden, seien in Wirklichke­it keine. „Wenn man die Tauben erschießt, vergiftet oder sonstwie wegmacht, sind sie nach wenigen Wochen wieder da – das zeigt die Erfahrung aus anderen Städten“, so die Tierschütz­erin.

Man dürfe nicht vergessen, dass die Taubenpopu­lation in der Stadt ein „menschgema­chtes“Phänomen sei. Die großen, kräftigen Tauben wurden extra so gezüchtet, dass sie „brüten, brüten brüten“, so Gaßner. Sie lädt alle Taubenkrit­iker ein, sich am Augsburger Taubenproj­ekt zu beteiligen. „Wir freuen uns über jede Hand, die hilft, die Taubenpopu­lation einzudämme­n“, so die Tierschutz­verein-geschäftsf­ührerin.

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Foto: Silvio Wyszengrad Noch sitzen die Tauben lieber vor als im Taubenturm am Schwabence­nter.

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