Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Adventsein­kauf wird zur Geduldspro­be

An der City-galerie heißt es am Samstag Anstehen, um Einlass zu erhalten. Anderenort­s bleibt der Ansturm aus. Wir sprachen mit Kunden und Händlern über die Corona-maßnahmen und ihre Erwartunge­n

- VON LILIANA LUDWIG

Auf den ersten Blick ist am Samstag alles wie in den Jahren zuvor: Menschen laufen mit großen Einkaufstü­ten durch die Straßen, in der Hand den einen oder anderen Snack, manch einer verweilt sogar am Schaufenst­er. Auf den zweiten Blick machen sich schließlic­h die Unterschie­de schnell bemerkbar. Die Passanten tragen Maske, Gastrobetr­iebe haben geschlosse­n oder bieten höchstens einen Verkauf zum Mitnehmen an und vor vielen Geschäften haben sich lange Schlangen von Menschen gebildet, die darauf warten, Eintreten zu dürfen. So auch bei der City-galerie, wo sich die Reihe der wartenden Personen über den gesamten Willy-brandt-platz erstreckt. Da sich nach den verschärft­en Corona-maßnahmen nur noch eine Person pro 20 Quadratmet­er in dem Einkaufsce­nter aufhalten darf, müssen die Menschen warten, bis sie das Sicherheit­spersonal hereinwink­t. Dazu braucht es vor allem eins: Geduld.

„Ich warte jetzt schon 20 Minuten“, so Stefanie Besendorfe­r, die erst in der Mitte der Schlange steht. „Dabei brauche ich ja nur Druckerpat­ronen für die Arbeit.“Dass so viel los ist, habe sie nicht gedacht. Gern gehe die 44-Jährige momentan nicht in die Stadt, da helfe auch Weihnachts­deko nicht. „Es ist einfach kein Genuss. Es kommt auch keine gute Stimmung in der Stadt auf“, findet Besendorfe­r. Man könne sich nirgendwo hinsetzten und auch die Maske verhindere den Einkaufsge­nuss. Hier vor der City-galerie in einer Schlange zu stehen empfindet sie außerdem als wenig „sinnführen­d“, da der nötige Abstand nicht immer eingehalte­n werde.

Schon fast 30 Minuten wartet eine junge Frau auf ihren Einlass. Sie möchte Geschenke kaufen. „Die, die jetzt in die Stadt kommen, versuchen eben, die lokalen Händler zu unterstütz­en, das mache ich auch“, sagt sie. „Aber man geht dieses Jahr zielgerich­tet einkaufen, das gemütliche Bummeln fällt weg.“Wer es in das Einkaufsze­ntrum geschafft hat, muss dort teilweise auch noch vor den einzelnen Geschäften anstehen. „Mir macht das nichts aus“, sagt Florian Huber. Der 19-Jährige empfinde es sogar als angenehm, da man dieses Jahr wenigstens ohne Gedränge durch das Einkaufsce­nter laufen könne.

„Die Beschränku­ng der Fläche schmerzt, zumal wir ja vorher schon ein sehr gutes Hygienekon­zept hatten“, sagt Axel Haug, Center-mader City-galerie. „Eine Person pro 20 Quadratmet­er – das bedeutet, dass jeder einen Abstand von fünf Metern zu seinen Mitmensche­n hat“, erklärt Haug. Das erscheine ihm „recht übertriebe­n“. Der Handel sei in diesem Jahr ohnehin stark gebeutelt. Umso glückliche­r mache es den Center-manager, dass die Bürger so viel Verständni­s zeigten und sich bereitwill­ig in den Warteschla­ngen einreihten. „Die Menschen nehmen die Maßnahmen gut an“, findet er. Der Nachteil sei nur, dass sich die Kunden nach dem Anstehen länger in der City-galerie aufhielten als sonst, was wiederum noch längere Wartezeite­n für die anderen Personen bedeute. Am Ausgang der City-galerie werden kleine Schokolade­ntäfelchen verteilt, ein kleiner Trost für das Warten.

Im Vergleich zu den Adventwoch­enenden in den vergangene­n Jahren sei die Anzahl der Kunden deutlich reduziert, bestätigen Händler in der Innenstadt. Simone Nerdinger, der Confiserie Joh´s Becker am Judenberg, vermisst viele Kunden aus dem Umland. „Es kommen zwar Stammkunde­n, aber lange nicht so viele wie im letzten Jahr“, so Nerdinger. Die Menschen hätten Angst, vermutet sie.

Es sei zwar mehr los als an den vergangene­n Wochenende­n, aber bislang würden die Kunden weniger Weihnachts­geschenke kaufen als viel mehr Süßwaren für den Eigenbedar­f, um sich das erste Adventswoc­henende zu „versüßen“. Simone Nerdinger habe schon einige Gespräche mit Kunden geführt, die vor allem bemängelte­n, dass in der Stadt keine weihnachtl­iche Stimmung aufkäme. „Viele vermissen auch den Glühweinau­sschank, was ihrer Meinung nach einfach zum Weihnachts­bummel dazugehöre.“

Auch der Perlenmark­t in der Wintergass­e hat es nicht leicht. „Wenn es gut läuft, haben wir im November 40 Prozent vom Vorjahnage­r resumsatz und das wäre toll. Viele Kollegen trifft es noch härter“, sagt Inhaber Jochen Schwab. Dennoch scheint der Geschäftsm­ann zuversicht­lich. „Wir sind immer das Geschenk in letzter Minute. Bei uns kommt es auf die Woche vor Weihchefin nachten an“, sagt Schwab, der nun Hoffnungen in den Dezember steckt. Die Stimmung der Kunden, die in den Laden kommen, empfindet er als entspannt. „Man darf sich eben die Laune nicht verderben lassen.“

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Fotos: Annette Zoepf Die Kunden der City‰galerie mussten am Samstag anstehen, um das Maßnahmen teilweise vor den einzelnen Geschäften erneut warten. Einkaufsce­nter betreten zu können. Im Inneren mussten sie aufgrund der verschärft­en Corona‰
 ??  ?? Simone Nerdinger von Joh´s Beckers Confiserie merkt, dass sich das Kundenverh­alten durch die Corona‰pandemie deutlich verändert hat.
Simone Nerdinger von Joh´s Beckers Confiserie merkt, dass sich das Kundenverh­alten durch die Corona‰pandemie deutlich verändert hat.

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