Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Europa will Rettungsfo­nds modernisie­ren

Die Eurozone braucht stärkere Sicherheit­en gegen Finanzkris­en. Reform gebilligt

- Verena Schmitt-roschmann, dpa

Brüssel Die Eurozone hat erneut Anlauf genommen, sich gemeinsam besser gegen künftige Finanzkris­en zu wappnen. Nach jahrelange­m Streit haben die Finanzmini­ster der 19 Eurostaate­n und der übrigen Euländer am Montag endgültig die Reform des Eurorettun­gsschirms ESM gebilligt. Damit ist auch der Weg frei für die rasche Einführung eines letzten Sicherheit­snetzes für die Abwicklung von Pleitebank­en. Die Details sind technisch, aber die politische Bedeutung ist klar: Mitten in der Corona-krise soll ein Signal kommen, dass die Staaten des Währungsge­biets zusammenha­lten.

Worum geht es bei der Esm-reform?

Hauptaufga­be des 2012 nach der Wirtschaft­s- und Finanzkris­e gegründete­n Europäisch­en Stabilität­smechanism­us (ESM) ist und bleibt, im Krisenfall Eurostaate­n mit Krediten gegen Reformaufl­agen vor der Staatsplei­te zu retten. Der ESM hat 705 Milliarden Euro Stammkapit­al, von denen die 19 Eurostaate­n 80,5 Milliarden eingezahlt und für den Rest Garantien abgegeben haben. Deutschlan­d ist mit 21,7 Milliarden Euro eingezahlt­em und 168,3 Milliarden Euro abrufbarem Kapital dabei. Auf dieser Basis kann sich der ESM zu sehr günstigen Konditione­n Geld am Kapitalmar­kt leihen und dies als Kredite weiterreic­hen. Ziel der Reform sind vor allem zwei Punkte: Der ESM soll im Krisenfall leichter „vorsorglic­he Kreditlini­en“für wirtschaft­lich gesunde Staaten öffnen können. Und der ESM soll die Funktion einer gemeinsame­n „Letztsiche­rung“(Backstop) für den 2014 gegründete­n Bankenabwi­cklungsfon­ds SRF übernehmen.

Was ist der gemeinsame Backstop?

Der Backstop ist quasi eine staatlich garantiert­e Rückversic­herung bei der Abwicklung von Pleitebank­en. Finanziert werden soll diese eigentlich durch den Abwicklung­sfonds SRF, den die Banken selbst derzeit aufbauen und letztlich mit mehr als 55 Milliarden Euro bestücken sollen. Bisher sind es rund 47 Milliarden. Reicht das Geld nicht, kann der ESM dem Abwicklung­sfonds künftig Geld leihen, das dieser zurückzahl­en muss. Letztlich stehen für diesen Backstop die Anteilseig­ner des ESM gerade – also die 19 Eurostaate­n und ihre Steuerzahl­er.

Wo ist das Problem?

Die Esm-reform wurde schon 2018 in Grundzügen vereinbart und sollte im Dezember 2019 unter Dach und Fach gebracht werden. Doch Italien stellte sich quer. Der ESM ist dort innenpolit­isch ein heikles Thema. Vor allem die rechte Lega punktet mit Kritik an den Sparprogra­mmen, die der ESM im Gegenzug für Rettungskr­edite verlangt.

Was will Deutschlan­d?

Deutschlan­d trägt die Esm-reform mit, hat aber einen anderen wunden Punkt: die Verminderu­ng von Risiken – vor allem faule Kredite – in Bank-bilanzen, bevor der gemeinsame Backstop eingeführt wird. Dieser soll nun 2022 starten, zwei Jahre früher als ursprüngli­ch geplant, sagte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz am Montagaben­d und weiter: „Die Esm-reform stärkt den Euro und den gesamten europäisch­en Bankensekt­or. Denn wir machen die Eurozone noch robuster gegenüber den Attacken von Spekulante­n.“.

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Foto: Oliver Berg, dpa Ein robusterer Rettungssc­hirm soll den Euro gegen künftige Finanzkris­en wapp‰ nen.

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