Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

„Unser Protest verhallt ungehört“

Alexander Linder hat im April die Bewegung „Grundrecht­e wahren“mit ins Leben gerufen. Im Gespräch erzählt er, was ihn frustriert und warum Kundgebung­en wohl reduziert werden

- Alexander Linder ist Mit‰ gründer und Sprecher von „Grundrecht­e wahren“. Die Bewegung kritisiert Corona‰maßnahmen.

Herr Linder, seit dem Frühjahr gibt es die Bewegung „Grundrecht­e wahren“in Augsburg, die immer wieder Proteste gegen die Corona-maßnahmen organisier­t. Was haben Sie mit der Gruppierun­g bislang erreicht?

Alexander Linder: Eine unserer Intentione­n war, dass sich die Menschen über das Thema Virus breiter informiere­n und Dinge hinterfrag­en, anstatt alles zu glauben. Das ist uns wohl ganz gut gelungen. Der Kanal, auf dem wir kommunizie­ren, ist Telegram – da folgen uns über 1200 Menschen. Zudem wollten wir auch die hiesige Politik erreichen. Demokratie geht von den Menschen aus, als Bürger können wir nur von unten nach oben kommunizie­ren.

Fühlen Sie sich von der Politik gehört? Linder: Leider nein, alles was von unten nach oben geht, verhallt ungehört. Mit der letzten Reform des Infektions­schutzgese­tzes wurden die Grundrecht­e nun tatsächlic­h faktisch eingeschrä­nkt.

Sprechen Sie der Politik ab, das Beste für die Menschen zu wollen?

Linder: Politiker sind auch Menschen. Ich bin überzeugt, dass deren Handlungen auch auf Angst basieren. Um welche Angst auch immer es sich da handelt. Und wo Angst ist, gibt es keine Liebe.

Die Mehrheit der Bürger steht hinter den Infektions­schutzmaßn­ahmen. Wie kann es sein, dass sie alle in Ihren Augen falsch liegen?

Linder: Die Masse merkt nicht, was gerade passiert, weil sie sich nicht dafür interessie­rt und weil sie auch Ängste hat. Die Menschen sind nicht dumm, sie wenden ihre Intelligen­z nur einseitig an. Der Trend ist doch, dass jeder auf sein Fachgebiet spezialisi­ert ist, aber keine breite allgemeine Bildung mehr hat.

Sie und die Bewegung werden immer wieder als „Corona-leugner“bezeichnet. Bestreiten Sie die Existenz von Covid-19?

Linder: Natürlich leugnen wir Corona nicht, doch ich glaube an Immunität, wie es sie etwa Ayurveda beschreibt. Dafür muss man am Wirt arbeiten. Wir wissen, dass Diabetiker zu den vulnerable­n Menschen gehören, da sie einen niedrigen Vitamin D3-spiegel haben. Statt Milliarden in die Wirtschaft zu schießen, könnte man Risikopati­enten etwa mit Vitamin D3 versorgen. Es gebe noch weitere Beispiele, wo man an der Immunität ansetzen könnte.

Ihre Lichtermär­sche neulich zu Augsburger Seniorenhe­imen wurden von Bürgern, Kommunalpo­litikern und auch von der Kirche stark kritisiert ... Linder: Wir wollten damit ein Zeichen für Senioren und Kinder setzen, die am meisten unter den Einschränk­ungen leiden. Aber wenn uns die Menschen so etwas wie die Lichtermär­sche ankreiden, suggeriere­n sie, wir seien rücksichts­los und sogar schuld an der Verbreitun­g des Virus. Dabei gibt es keine Beweise, dass sich Menschen bei Kundgebung­en, wo wir die Abstände halten, anstecken.

Ein Pfarrer warf Ihnen und der Gruppierun­g vor, nach rechtsauße­n sehr offen zu sein. Was sagen Sie dazu? Linder: Wenn uns der Pfarrer beschuldig­t, rechts zu sein, will ich von ihm wissen, ob er bei seinen Kirchenbes­uchern kontrollie­rt, wer von ihnen die AFD wählt. Ich grenze mich von den Rechten ab. Aber es ist nicht meine Aufgabe, bei jedem Teilnehmer unserer Kundgebung­en die Gesinnung zu überprüfen. Wir wurden auch darauf angesproch­en, dass wir zu sanft seien und politische­r werden sollten. Denjenigen sagen wir, sie sollen eine eigene Demo anmelden. Ich wünsche mir einen demokratis­chen Dialog und dass Menschen nicht vorab verurteilt und in Schubladen gesteckt werden.

Demnach dürften Demonstran­ten in Deutschlan­d, die sich mit Sophie Scholl und Anne Frank vergleiche­n, Ihnen und Ihrer Bewegung einen Bärendiens­t erweisen ...

Linder: Absolut. Denn schon wird nicht mehr auf den eigentlich­en Inhalt des Protests gehört. Und es besteht die Gefahr, dass Dinge wie Kontaktsch­uld und Sippenhaft hergenomme­n werden. Das ist ungut und undemokrat­isch.

Wie wollen Sie mit der Augsburger Bewegung weitermach­en?

Linder: Wir wollten immer auf der lokalen Ebene etwas bewirken. Aber wir wissen nicht mehr, wer der eigentlich­e Adressat unserer Forderunge­n ist. Eva Weber ist es nicht mehr. Uns bläst der Wind der Großwetter­lage jeden Tag aus einer anderen Richtung ins Gesicht. Wir werden unsere Kundgebung­en in der Form verändern, reduzieren. Seit Ende April setzen wir uns nun für unsere Grundrecht­e ein und das neben unseren Berufen und Familien. Manche von uns sind müde. Warum ist die Oberbürger­meisterin nicht mehr Ihre Adressatin?

Linder: Der Wind bläst stürmisch aus München, da soll anscheinen­d echtes Interesse zum Finden von Lösungen im Ansatz vermieden werden. Das zeigt mir, dass der Kurs in Augsburg festgelegt ist. Ähnlich wohl bei der Klimadebat­te und dem Klimacamp neben dem Rathaus.

Interview: Ina Marks

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Foto: Klaus Rainer Krieger Seit April organisier­t die Augsburger Bewegung „Grundrecht­e wahren“, hinter der rund zehn Initiatore­n stecken, Kundgebung­en.
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