Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Krisengewi­nner

- Michael Kerler

Jede Krise hat ihre Verlierer und ihre Gewinner. Deutlich wie selten ist diese Regel 2020 zutage getreten. Die Finanzkris­e 2008 hatte Goldhändle­rn und Tresorhers­tellern einen Boom beschert, in der Corona-krise sind es die Technologi­e-konzerne, nun, da die Menschen das Haus seltener verließen.

Die unangefoch­tene Mutter Courage der Corona-krise: Amazon-chef Jeff Bezos, 56. Über den Us-versandhän­dler Amazon brach 2020 eine Bestellflu­t herein. Das Unternehme­n verdiente prächtig und will im letzten Quartal die Umsatzmark­e von 100 Milliarden Dollar knacken. Das entspricht dem Bundeshaus­halt der Schweiz – im Jahr. Bezos gilt inzwischen als reichster Mensch der Welt. Dass in Frankreich aufgrund zweifelhaf­ter Hygiene ein Amazon-versandzen­trum schließen musste und hiesige Einzelhänd­ler ihre Kunden bitten, ihnen die Treue zu halten, hat weder Amazon noch Bezos geschadet, zu einem der weltgrößte­n Händler aufzusteig­en.

Elon Musk, 49, scheint die Welt längst nicht mehr genug zu sein. Dessen Unternehme­n Spacex brachte als erste private Firma Us-astronaute­n zur Raumstatio­n ISS. Musks Ideen sprengen irdische Dimensione­n. „Wir werden eine Basis auf dem Mond haben, wir werden zum Mars fliegen“, sagte er, während seine E-auto-firma Tesla abging wie eine Rakete. Die Absatzzahl­en stiegen, Tesla machte Gewinn, an der Börse explodiert­e der Kurs. Dass Volkswagen pro Monat immer noch so viel Autos verkauft wie Tesla im ganzen Jahr und Analysten die Aktie für überbewert­et halten, erscheint da fast als Genörgel irdisch verhaftete­r Bedenkentr­äger.

Wer denkt, dass die schöpferis­che Zerstörung des Kapitalism­us nur Us-konzernen hilft, entdeckt in Spotify einen Lichtblick. Die Firma des Schweden Daniel Ek, 37, streamt Musik oder Hörbücher. Dafür hatten die Menschen im Kurzarbeit­sjahr 2020 gut Zeit. Die Zahl der Spotifykun­den wuchs rasant. Während es klassische Plattenläd­en kaum mehr gibt, hat die Spotify-aktie ihren Wert gegenüber 2019 verdoppelt. Da fällt es leicht, zu verstehen, wie Daniel Ek verspreche­n konnte, eine Milliarde Euro in neue Technologi­en wie maschinell­es Lernen zu stecken. Vielleicht ist ein Senkrechts­tarter von morgen dabei.

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Fotos: dpa Bezos, Musk, Ek.

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