Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Spalter

- Simon Kaminski

Das Jahr der Spalter, 2020? Dafür spricht einiges. Nicht, weil es 2019 an Politikern fehlte, die mit der Spaltaxt gesellscha­ftliches Wurzelholz teilten, sondern weil Männer wie Us-präsident Donald Trump oder der britische Premier Boris Johnson besonders wild das Beil schwangen.

Fangen wir ganz oben an. Die These, dass potenziell­e Spalter immer dann mit besonderem Furor ans Werk gehen, wenn sie unter Druck geraten, bestätigte sich in Washington eindrucksv­oll. Der noch amtierende Us-präsident streifte die Reste der bereits löchrigen Maske mit einer unwilligen Handbewegu­ng vollends ab. Seine Tweets, oft eine Mixtur aus hasserfüll­ten Botschafte­n und dreisten Lügen, zeigten Wirkung. Zumal seine eigene Partei längst kein Korrektiv mehr ist. Die Angst ist dort auch in gemäßigten Kreisen größer als das Verantwort­ungsgefühl. Das Ergebnis der Wahlen bestätigt die Diagnose: Die Us-bevölkerun­g fällt recht sauber auseinande­r in zwei vergleichb­ar große Gruppen, die sich unversöhnl­ich gegenübers­tehen. Aus Sicht des Spalters, heißt das: Gute Arbeit! Schönheits­fehler ist jedoch, dass Trump in Zukunft aus der zweiten Reihe weiterspal­ten muss.

Auf solch ein Zeugnis darf Boris Johnson für 2019 nicht hoffen. Sicher, er war „stets bemüht“, aber in Großbritan­nien dämmert auch konservati­ven Wählern, dass der Brexit eben nicht ein einziger beglückend­er Rausch aus Freude über die gesprengte­n Fesseln sein wird. Offen ist die Frage, ob Johnson den Weg einer harten Trennung von Festlandeu­ropa vollendet oder diesen Schritt, wenn es hart auf hart kommt, doch noch vermeidet. Immerhin konnte der wilde Boris an der Heimatfron­t zweifelhaf­te Erfolge herbeispal­ten: Seine Torys sind ähnlich zerstritte­n wie das ganze Land. Den Rest erledigt der große Macher mit seiner katastroph­alen Corona-politik.

Global gesehen ist Andreas Edwin Kalbitz natürlich eher ein Spalter im Westentasc­henformat. Das macht seinen Fall nicht weniger interessan­t. Die Galionsfig­ur des rechtsextr­emistische­n Flügels in der AFD spaltete offensicht­lich nicht nur politisch, sondern bisweilen auch handgreifl­ich. Nach einem „freundscha­ftlichen Knuff“ging ein Riss quer durch die Milz seines Parteifreu­ndes und Konkurrent­en Dennis Holoch. Kalbitz ist seit Mai offiziell nicht mehr Mitglied der AFD. Er spaltet nun vorerst von außen weiter.

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Fotos: dpa Trump, Kalbitz, Johnson.

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