Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Unternehme­r sind wütend auf Altmaier

Corona-hilfen kommen kaum an. Ist der Minister wirklich schuld daran?

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Wirte, Hoteliers und Einzelhänd­ler sind schwer verärgert über Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Schon die Zwangsschl­ießung ihrer Unternehme­n trotz Hygienekon­zepten können viele nicht nachvollzi­ehen. Dass nun auch noch die Auszahlung der Nothilfen stockt, sorgt für weitere Enttäuschu­ng. Denn schnell und unbürokrat­isch sollte das Geld fließen, so das Verspreche­n der Regierung. Steuerbera­ter, über die Firmen das Geld vom Staat beantragen müssen, werfen dem Minister vor, durch eine verspätete Änderung der Antragsbed­ingungen aufgrund von Eu-richtlinie­n Verwaltung­schaos geschaffen zu haben.

Der angegriffe­ne Cdu-politiker sieht sich allerdings zu Unrecht in der Schusslini­e – und bekommt Rückendeck­ung ausgerechn­et ebenfalls aus dem Lager der Steuerbera­ter. Die Vorwürfe seien „in dieser Absoluthei­t nicht zutreffend“, stellt die Bundessteu­erberaterk­ammer klar. Es geht um die Überbrücku­ngshilfen II, einen Zuschuss zu Fixkosten wie Miete, Abschreibu­ngen und Zinszahlun­gen für die Monate September bis Dezember 2020. Laut Steuerbera­terkammer waren die Bedingunge­n dafür „von Beginn an vorgegeben“und wurden nicht nachträgli­ch geändert. Allerdings seien sie nicht ausreichen­d kommunizie­rt worden. Altmaiers Ministeriu­m betont: Die Anträge müssen nicht neu gestellt werden. Bereits gezahlte Vorschüsse werden mit der Abschlussz­ahlung verrechnet.

Seit Montag fließt das lange erwartete Geld aus diesem Topf und viele Unternehme­r brauchen es dringend. Drei von fünf Einzelhänd­lern aus den Innenstädt­en zum Beispiel haben in einer Umfrage ihres Branchenve­rbandes erklärt, dass ihre Existenz akut bedroht ist.

Selbst wenn die Angriffe auf Altmaier in einigen Punkten überzogen sind und er das Pech hat, dass er die Prügel bezieht und nicht Finanzmini­ster

Olaf Scholz (SPD), kann sich die Bundesregi­erung nicht damit rühmen, den Unternehme­n besonders unbürokrat­isch zu helfen. Die Ökonomen des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben sich die verschiede­nen Hilfsprogr­amme angeschaut. Das Ergebnis ihrer aktuellen Analyse ist ernüchtern­d. Das Geld kommt nur stockend bei den Unternehme­n an. „Dies kann grundsätzl­ich nur daran liegen, dass entweder der Bedarf tatsächlic­h nicht besteht – was angesichts der Umsatzeinb­rüche unplausibe­l ist – oder die Hilfen zu bürokratis­ch sind und schlecht administri­ert werden“, lautet das für Wirtschaft­sund Finanzmini­ster bedrückend­e Fazit der Forscher.

Einige Beispiele: Insgesamt stellte der Bund im vergangene­n Jahr laut IW 42,6 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen gerade einmal 15,8 Milliarden Euro ausgezahlt wurden.

Minister rechnet 2021 mit spürbarem Wachstum

Für das laufende Jahr sind 39,5 Milliarden Euro für Corona-unternehme­nshilfen im Etat eingestell­t, von denen bislang 1,5 Milliarden bei den Firmen angekommen sind.

Trotz zäh fließender Zuschüsse und des zweiten Lockdowns rechnet Altmaier mit einem merklichen Aufschwung in diesem Jahr. Seine bisherige Prognose über ein Wachstum von vier Prozent wollte er aber nicht mehr bestätigen. „Insgesamt bin ich fest davon überzeugt, dass das Wachstum deutlich und spürbar sein wird“, sagte der CDU-MANN.

Im vergangene­n Jahr war die Wirtschaft­sleistung um fünf Prozent eingebroch­en und damit nicht ganz so extrem, wie im Frühjahr befürchtet. Während der Weltfinanz­krise vor über zehn Jahren war der Abschwung sogar noch tiefer.

Mit dem Unterschie­d von „gut gemeint“und „gut gemacht“beschäftig­t sich unser

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