Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Welt ohne Siegfried und Roy

Im Mai 2020 starb der eine des legendären Magier-duos an Covid-19. Nun ist auch der gebürtige Oberbayer Siegfried Fischbache­r tot. Wie sie zu Legenden wurden

- Barbara Munker, dpa

Las Vegas Als „Siegfried & Roy“waren sie umjubelt. Der gebürtige Rosenheime­r Siegfried Fischbache­r und sein aus Nordenham bei Bremen stammender Partner Roy Horn hatten sich mit ihrer Show in Las Vegas – einem explosiven Mix aus Zauberei, Illusionen und exotischen Tieren – einen Traum erfüllt. Der nahm im Oktober 2003 ein jähes Ende, als der Dompteur Horn von dem weißen Tiger Montecore angefallen und lebensgefä­hrlich verletzt wurde, vor den Augen von mehr als 1500 entsetzten Zuschauern.

Der tragische Unfall zwang die vielfach preisgekrö­nten „Meister des Unmögliche­n“in den vorzeitige­n Ruhestand. Der fünf Jahre ältere Fischbache­r wurde plötzlich zum Betreuer und zur Stütze des halbseitig gelähmten Tierbändig­ers. Dessen Ärzte sprachen von einem „Wunder“, dass er die schweren Verletzung­en überhaupt überlebte.

Horn starb vor wenigen Monaten an Covid-19. Nun folgte ihm Fischbache­r, der am Mittwoch mit 81 Jahren einem Krebsleide­n erlag. „Er war zu Hause in Las Vegas“, sagte Fischbache­rs Schwester. Sie habe ihn noch angerufen. „Ich konnte mit ihm noch beten und ihm sagen, dass ich mit meinen Herzensged­anken immer bei ihm bin.“Nach dem Gespräch habe er sich hingelegt und sei dann eingeschla­fen.

Gemeinsame öffentlich­e Auftritte des ehemaligen Magier-duos waren in den Jahren zuvor selten geworden. Horn war seit dem Unfall auf eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl angewiesen. Im November 2017 reisten sie allerdings noch zusammen nach Deutschlan­d. In seiner bayerische­n Heimat traf Fischbache­r seine jüngere Schwester, eine Nonne, und seinen noch in Rosenheim lebenden älteren Bruder.

Seiner Geburtssta­dt war Fischbache­r immer verbunden geblieben. 2010 war er als Ehrengast zur Eröffnung der Landesgart­enschau angereist. „Ich bin hier aufgewachs­en“, bekannte er sich zu seinen Wurzeln, „und darauf immer sehr stolz gewesen.“In einer Mischung aus oberbayeri­schem Dialekt und Deutsch mit englischem Akzent fügte er hinzu: „I bin an Rosenheime­r.“

Fischbache­r wurde am 13. Juni 1939 in Rosenheim geboren und lernte dort schon als Junge die ersten Zaubertric­ks. Nach dem Schulende jobbte er in einem Hotel am Gardasee, bevor er als Schiffsste­ward auf der „TS Bremen“anheuerte und bald mit magischen Tricks zum Entertaine­r der Passagiere avancierte. Dort lernte er den Tierliebha­ber Roy Horn kennen, der von Siegfrieds Zauberküns­ten fasziniert war. Statt Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, regte Roy an, seinen an Bord versteckte­n Geparden in die Nummer einzubauen. Das Duo brachte fortan immer mehr exotische Tiere auf die Bühne.

Zusammen tingelten sie mit Zauberund Tiertricks durch kleinere Theater, bis ihnen 1966 in Monaco mit einer Galavorste­llung beim Fürstenpaa­r Rainier und Gracia Patricia

der internatio­nale Durchbruch gelang. 1967 kamen sie nach Angaben ihres Deutschlan­d-management­s erstmals nach Las Vegas, ab 1970 waren sie dort drei Jahre im Stardust zu sehen.

1988 handelten sie mit dem Mirage-hotel den bis dahin dicksten Millionen-deal in der Geschichte der Kasinostad­t aus. Mit ihren seltenen weißen Tigern und anderen Raubkatzen hielt das Duo Millionen Fans in Atem, bis zu der Attacke von Montecore am 3. Oktober 2003.

Schon wenige Tage nach dem grausigen Vorfall hatte Fischbache­r den weißen Tiger in Schutz genommen. Montecore habe Roy nicht töten, sondern ihm vielmehr helfen wollen, sagte der Magier beim Ustalker Larry King. Als Roy auf der Bühne ausrutscht­e, habe der Tiger ihn am Hals gepackt und hinter den Bühnenvorh­ang gezogen, um ihn an einen sicheren Ort zu bringen, beschrieb Fischbache­r den Vorfall. Auch Horn gab der Raubkatze keine Schuld, im Gegenteil. Nach Montecores Tod im Jahr 2014 schrieb der Dompteur auf Facebook, sein „geliebter 17 Jahre alter weißer Tiger, Freund und Bruder“sei gestorben.

Ihren Alterssitz „Little Bavaria“am Stadtrand von Las Vegas hatten die Illusionis­ten zu einem exotischen Dschungelp­alast ausgebaut. Auf dem riesigen Anwesen lebten sie mit zahlreiche­n Raubkatzen und anderen Tieren zusammen. Nach dem Tod von Roy im Mai 2020 sprach Fischbache­r davon, seinen besten Freund verloren zu haben. Der Bild am Sonntag sagte er damals, dass Roy noch immer bei ihm sei: „Ich werde beim Abendessen weiterhin für ihn decken lassen, so wie es immer war. Ich bin nicht allein.“

Alles lief gut – bis zur Attacke eines weißen Tigers

 ?? Foto: Fotoreport, dpa ?? Siegfried Fischbache­r (links) und Roy Horn, die die Welt nur als „Siegfried & Roy“kannte, kurz vor Weihnachte­n 1999 in süßer Umgebung.
Foto: Fotoreport, dpa Siegfried Fischbache­r (links) und Roy Horn, die die Welt nur als „Siegfried & Roy“kannte, kurz vor Weihnachte­n 1999 in süßer Umgebung.

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