Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Der Elfmeter‰kieler Gelios

Mit seiner Parade lässt der gebürtige Augsburger den FC Bayern scheitern. Sie ist Höhepunkt einer späten Karriere

- VON JOHANNES GRAF

Kiel „Noch mal?“, fragte Ioannis Gelios. Soeben hatte er in der ARD ein Interview gegeben, nun erkundigte er sich bei Holstein Kiels Klubsprech­er, ob weitere Auskünfte seinerseit­s gewünscht sind. Gelios war nach dem nicht für möglich geglaubten Pokalsieg gegen den FC Bayern München einer der Helden des Abends. Dass er ein gefragter Mann sein würde, durfte ihn nicht überrasche­n. Der Torhüter des Fußball-zweitligis­ten hatte mit einer Parade im Elfmetersc­hießen der Sensation den Weg geebnet, als letzter Kieler Schütze hatte Fin Bartels diese perfekt gemacht.

Als Gelios schildern sollte, wie er denn die entscheide­nde Szene erlebt habe, erzählte er erstaunlic­h nüchtern von seinen Erlebnisse­n im Schneetrei­ben. Laute Töne sind nicht Sache des gebürtigen Augsburger­s mit griechisch­en Wurzeln, nach dem bisherigen Höhepunkt seiner Profikarri­ere blieb er seinem Wesen treu. Dass er zum Elfmeterki­ller avancieren würde, hätte er niemals gedacht, meinte der Torhüter nur. „Umso schöner ist es, dass es heute passiert ist.“

Von Heldenstat­us war der gelb gewandete Ballfänger zu Beginn der Partie weit entfernt. 14 Minuten waren absolviert, als er sich einen folgenschw­eren Fehler erlaubte. Dass Bayern-star Serge Gnabry vor der Münchner Führung im Abseits gestanden hatte, tröstete Gelios wenig. Unglücklic­h hatte er den Ball abgewehrt, Gnabry schubste diesen über die Linie. Der Abend schien den erwartbare­n Verlauf zu nehmen. Die Münchner Seriensieg­er würden den Zweitligis­ten besiegen, Kiel würde in der zweiten Hauptrunde

des Dfb-pokals ausscheide­n. Doch statt sich in ihr Schicksal zu ergeben, wehrten sich die Kieler. Allen voran Gelios. Ard-experte Bastian Schweinste­iger zeigte sich beeindruck­t, wie gefestigt sich der Kieler Schlussman­n im Anschluss seines Fauxpas’ präsentier­te. „Er hat danach ein super Spiel gemacht“, betonte Schweinste­iger. Gelios ließ zwar den Ball ein weiteres Mal passieren, als Leroy Sané den Ball per Freistoß ins Netz zirkelte, erwies sich sonst aber als unüberwind­bar. Im Elfmetersc­hießen genügte ein gehaltener Schuss von Gelios, um die Bayern aus dem Wettbewerb zu werfen.

Wie vor zwei Jahren, als Gelios mit Drittligis­t Hansa Rostock

den

Erstligist­en VFB Stuttgart besiegt hatte, ließ er im Pokal einen Favoriten stolpern. Dass der Grieche diese Gelegenhei­ten bekommen würde, war nicht abzusehen. Erst jetzt, mit 28 Jahren, hat er sich einen der wenigen Profiplätz­e zwischen den Pfosten gesichert, zuvor musste er lange auf diese Chance warten. Aus der E-jugend der MBB-SG Augsburg wechselte er einst zum FC Augsburg, durchlief dort alle Jugendteam­s und erhielt einen Vertrag als Profi. Ein Pflichtspi­el bestritt er für den Erstligist­en indes nie, Gelios komplettie­rte als dritter Torhüter den Kader und kam in der Bundesliga-reserve zum Einsatz. Sieben Jahre ging das so. In Augsburg fühlte sich Gelios wohl, hier lebten Familie und Freunde. Dem Bundesliga­kader anzugehöre­n, genügte ihm. „Ich habe mich immer über ein Angebot für eine Vertragsve­rlängerung gefreut“, sagte er einmal gegenüber unserer Redaktion. Selbst als sein Vertrag 2015 ausgelaufe­n war und er keinen neuen Arbeitgebe­r fand, landete er wieder beim FCA, – der ihn doch noch mal mit einem neuen Kontrakt ausstatten.

Mit Mitte 20 verließ Gelios Augsburg dann doch. Wollte er noch als Fußballer Karriere machen, musste er die Komfortzon­e verlassen. Vom Süden wechselte er in den hohen Norden und empfahl sich als Stammkraft in Rostock. Der Transfer zu Holstein Kiel im Sommer 2019 bedeutete den nächsten Schritt. Wirklich bekannt ist Gelios aber erst seit Mittwochab­end.

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