Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Was ein Monat Lockdown gebracht hat

Die Zahl der Corona-neuinfekti­onen geht zurück, wenn auch noch nicht weit genug. Auch die Kliniken haben etwas weniger Patienten, gehen aber nur von einer vorübergeh­enden Entspannun­g aus

- VON STEFAN KROG

Der seit Mitte Dezember herrschend­e harte Lockdown hat einen Monat nach Inkrafttre­ten in Augsburg die Infektions­zahlen sinken lassen. Diese vorläufige Bilanz zieht das Gesundheit­samt. Lag der Inzidenzwe­rt (Zahl der Neuerkrank­ungen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner) für den

13. Dezember bei 257,4, vermeldete die Stadt am Donnerstag für den

13. Januar eine Inzidenz von 157,5. Zur Erinnerung: Anfang November erreichte dieser Richtwert eine Spitze von 383. Allerdings, so Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU), seien auch die aktuellen Zahlen noch deutlich zu hoch. Man sei noch nicht am Ziel, habe es mit dem Vermeiden von Kontakten und dem Einhalten der Regeln aber selbst in der Hand. „Wenn wir weiterhin alle zusammen die Regeln einhalten, wird es weiter aufwärtsge­hen“, so Weber.

In den vergangene­n Wochen, so Dr. Thomas Wibmer, kommissari­scher Leiter des Gesundheit­samtes, hätten sich mehrere Faktoren überlagert, sodass eine Interpreta­tion der Zahlen schwierig gewesen sei. Nach den Weihnachts­feiertagen gingen die Inzidenzwe­rte in den Keller, was aber zunächst vor allem an der niedrigere­n Zahl der Tests über die Feiertage lag. Die seit einigen Tagen errechnete­n Werte zwischen 140 und 160 seien aber eine aussagekrä­ftige Größe. Betrachte man, in welchem Ausmaß die Augsburger in den vergangene­n Wochen unterwegs waren und somit Kontakte hatten, passten die Entwicklun­gen zusammen. Sowohl aus anonymisie­rten Mobilfunkd­aten als auch aus den Laserscann­er-messungen zur Passantenf­requenz in der Innenstadt sei ersichtlic­h, dass die Augsburger nach Weihnachte­n deutlich häuslicher wurden als vor einem Jahr. „Mit einer gewissen Verzögerun­g von ein bis zwei Wochen hat sich das bei den Inzidenzwe­rten niedergesc­hlagen“, so Wibmer.

Inwieweit sich der zuletzt beobachtba­re Trend zu niedrigere­n Zahlen in Augsburg fortsetzt, ist freilich offen. Zuletzt kamen in Augsburg pro Tag um die 70 Neuinfekti­onen dazu. Um den Inzidenzwe­rt von 50 zu unterschre­iten (er galt ursprüngli­ch als kritische Marke), dürften es nur noch um die 20 sein. Wibmer sieht erhebliche Herausford­erungen für die nahe Zukunft. Betrachte man deutschlan­dweit die Zahl der Atemwegsin­fektionen im Jahresverl­auf, gebe es in den ersten beiden Kalenderwo­chen typischerw­eise einen leichten Rückgang, gefolgt von einem rasanten Anstieg. „Insofern ist auch der aktuelle Rückgang der Corona-inzidenzen mit Vorsicht zu interpreti­eren, da der alljährlic­he erneute Anstieg der Raten von Atemwegser­krankungen mit ähnlichem Übertragun­gsweg aktuell noch bevorsteht“, so Wibmer. Man müsse auch abwarten, welche Folgen die Corona-mutationen auf die Infektions­zahlen hätten. „Insofern ist es gerade jetzt von besonderer Wichtigkei­t, bereits im Vorfeld die weitere Ausbreitun­g des Virus zu verhindern“, so Wibmer.

Die Entwicklun­g bei den Infektions­zahlen macht sich inzwischen auch in den Krankenhäu­sern bemerkbar. In der Uniklinik als größter Corona-klinik im Raum Augsburg

waren Anfang der Woche über 100 Patienten (75 auf Normalstat­ion, 33 auf Intensivst­ation) in Behandlung. Zum Vergleich: Kurz vor Weihnachte­n lag die Zahl bei 157 Patienten. Allerdings hatte sich die Lage damals aufs Äußerste zugespitzt und war nur noch im Griff zu behalten, weil Patienten aus übervollen Krankenhäu­sern in Kliniken verlegt wurden, die gerade wieder etwas Luft hatten. Insgesamt wurden seit November zwischen den Krankenhäu­sern aus Augsburg, den Landkreise­n Augsburg, Aichach-friedberg, Dillingen und Donau-ries knapp 300 Patienten – davon gut 100 Intensivpa­tienten – umverlegt. Teils wurden Patienten auch in entfernter­e Krankenhäu­ser in Regionen mit damals niedrigere­n Corona-fallzahlen geflogen.

Aktuell, so Prof. Axel Heller, Chefarzt für Intensivme­dizin an der Uniklinik und regionaler Koordinato­r der Corona-versorgung, lasse der Patientenz­ustrom etwas nach. Heller warnt aber eindringli­ch davor, zu glauben, dass man Corona nun auf die leichte Schulter nehmen könne. Die Lage könne sich jederzeit sprunghaft verschlech­tern, etwa wenn es regionale Ausbrüche in Pflegeheim­en gebe. Gerade im Intensivbe­reich könne von Entspannun­g noch keine Rede sein. Was man an Kapazitäte­n gewonnen habe, brauche man immer noch dringend als Puffer für Tagesschwa­nkungen.

Auf Verlegunge­n zur Entlastung werde man nicht verzichten können. Zudem rechnen die Kliniken damit, in den kommenden Wochen verstärkt Patienten aus anderen Regionen Bayerns aufzunehme­n. „Da wir früh und hart getroffen wurden, ist meine Hoffnung, dass wir auch früher durch die Welle durch sind. Dann müssen wir aber solidarisc­h sein mit denen, die uns in der ersten Phase entlastet haben und jetzt deren Patienten bei Bedarf übernehmen“, so Heller. Dass die medizinisc­he Versorgung für Patienten aus dem Raum Augsburg bisher geklappt habe, sei dem Engagement aller Beschäftig­ten aus Krankenhäu­sern und dem Rettungsdi­enst sowie der guten Zusammenar­beit zwischen den Krankenhäu­sern zu verdanken. „Die Mitarbeite­nden in den Kliniken sind in der Krise trotz immenser Belastung in der Gewissheit zusammenge­rückt, dass sie sich auch in schwierige­n Situatione­n aufeinande­r verlassen können“, betont Heller.

 ?? Archivfoto: Michael Hochgemuth ?? Seit Mitte Dezember herrscht in Bayern ein Lockdown. Seitdem sind die Bürger weniger unterwegs. Das hat Auswirkung­en auf die Pandemie.
Archivfoto: Michael Hochgemuth Seit Mitte Dezember herrscht in Bayern ein Lockdown. Seitdem sind die Bürger weniger unterwegs. Das hat Auswirkung­en auf die Pandemie.
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