Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Blöd gelaufen und peinlich

- VON MILAN SAKO ms@augsburger‰allgemeine.de

Es wirkt wie eine Umarmung unter Kumpels. Fehlt nur noch der Bruderkuss wie einst zwischen Erich Honecker und Leonid Breschnew. Als sich Belarus-präsident Alexander Lukaschenk­o und Eishockey-weltverban­dschef René Fasel in die Arme fielen, muss der Zuschauer den Eindruck gewinnen: Zwischen die beiden Buddies passt kein Blatt Papier. In Zeiten, in denen die Schergen des Diktators das eigene Volk verprügeln und zehntausen­de Regime-gegner in Gefängniss­en stecken, ist dieses Bild mindestens befremdlic­h. Den Zahnarzt aus Zürich und den Betonkopf der alten Sowjetschu­le verbindet ein eiskaltes Hobby. Die Eishockey-weltmeiste­rschaft ist vom 21. Mai bis 6. Juni geplant. Ursprüngli­ch sollte Belarus zum zweiten Mal nach 2014, dieses Mal allerdings zusammen mit Lettland, das Turnier ausrichten.

Doch das Eu-mitglied Lettland lehnt inzwischen eine gemeinsame WM mit Minsk ab. Wegen massiver Polizeigew­alt gegen Andersdenk­ende und mangelnder Schutzmaßn­ahmen in der Corona-pandemie ist Belarus als Wm-standort höchst umstritten. Die EU hat Sanktionen gegen den Machtappar­at verhängt.

Fasel war am Wochenstar­t nach Minsk gereist, um seine „guten Beziehunge­n“zu dem Staatspräs­identen zu nutzen, einen Ausweg aus dem Wm-dilemma zu erörtern. Der Schweizer hätte wissen müssen, dass sein Towarischt­sch den

Besuch für staatsmänn­ische Bilder missbrauch­en würde. Fasel hat sich instrument­alisieren lassen und musste kleinlaut zugeben: „Es ist etwas blöd gelaufen, es ist mir auch peinlich.“Die Aussagen des langjährig­en Funktionär­s wirken fast schon naiv. Das Eishockeyt­urnier in Minsk böte den Menschen dort die Gelegenhei­t, miteinande­r zu reden und nicht mehr auf die Straße zu gehen. Das Vergehen liegt irgendwo zwischen „unkorrekte­r Köperangri­ff“und „Behinderun­g“und gehört mit einer mehrjährig­en Matchstraf­e sanktionie­rt.

Deutschlan­ds Eishockey-chef Franz Reindl, der sich um die Fasel-nachfolge an der Spitze des Weltverban­des bemüht, stellte klar, „dass wir total verurteile­n, was in Belarus passiert“. Der Verband steckt in der Zwickmühle und sah sich bereits nach Alternativ­en um. Dänemark und die Slowakei bieten sich an. Fasel räumte ein, dass finanziell­e Gründe gegen eine Wmverlegun­g sprechen. Und versichert­e mit treuherzig­em Blick im Schweizer Fernsehen: „Wenn wir die WM in Minsk nicht spielen, was wird sich ändern? Nichts.“Doch, wird sich. Beim nächsten Aufeinande­rtreffen würde der Eishockeyf­an Lukaschenk­o nicht mehr die Arme ausbreiten, sondern die Handschuhe fallen lassen. Und den Zahnarzt zum Boxkampf herausford­ern. Tipp: Fasel wird auch in der Batscherei schlecht aussehen.

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Foto: dpa Lass dich herzen Towarischt­sch: schenko (links) und Fasel: Luka‰
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