Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Paketfahre­r gab seinen Kumpels Einbruchti­pps

Ein Trio fiel in der Region mit einer kriminelle­n Masche auf. Die Opfer: Empfänger von Paketen. Die Täter hatten es auf Schmuck, Elektronik­geräte und Bargeld abgesehen. Einer von ihnen ist bis heute verschwund­en

- VON KLAUS UTZNI

Paketfahre­r haben einen anstrengen­den Job. Täglich müssen sie bis zu 200 Pakete an den Adressaten bringen. Und oft sind die Empfänger nicht zuhause. Was für den gestresste­n Paketfahre­r ein Nachteil ist. Hat er allerdings anderes im Sinn, als nur Paketbote zu spielen, kann es sich auch als Vorteil erweisen. Dann nämlich, wenn man die Abwesenhei­t der Paketempfä­nger zum Einbrechen nutzt. Wie es in einem Fall geschah, der jetzt vor einem Schöffenge­richt unter Vorsitz von Susanne Scheiwille­r aufgerollt wurde.

Im Frühjahr 2016, also vor fast fünf Jahren, hatten sich drei aus Rumänien stammende Männer eine besondere Masche ausgedacht. Einer der Männer, bei einem Paketdiens­t als Fahrer angestellt, nahm seine beiden Kumpel mit auf seine Pakettour. War ein Adressat nicht zu Hause und das Objekt

günstig gelegen, so demolierte der 38-jährige Täter mit einem Stein eine Fenstersch­eibe, stieg ein, durchsucht­e das Haus und gab die Beute seinem Landsmann (29), der vor dem Einstiegsf­enster Schmiere gestanden hatte. Dann stieg das Duo wieder in das Paketauto, das Trio fuhr davon. In vier Fällen sollen die drei Männer zum Erfolg gekommen sein. Der Paketfahre­r soll jeweils zwischen 150 und 300 Euro „Prämie“bekommen haben. Seine beiden Landsleute verkauften die Beute, vor allem Schmuck und Elektronik­geräte, teilten dann Erlös und gestohlene­s Bargeld. Insgesamt soll der Wert der Einbruchsb­eute bei über 18 000 Euro gelegen haben.

Insgesamt war der 38-Jährige in vier Einfamilie­nhäuser eingestieg­en: am 5. März 2016 in der Augsburger Straße in Langweid und am selben Tag auch in Zusmarshau­sen, am 10. Juni im Haselnußwe­g im Stadtteil

Hammerschm­iede in Augsburg und am 7. Juli in Donauwörth.

Die Kripo konnte schließlic­h den 38-Jährigen überführen und ausfindig machen. Er wurde 2018 wegen diverser Einbrüche zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Der Paketfahre­r ist bis heute flüchtig.

Der Dritte im Bunde, der Schmiere

gestanden hatte, ist nun vom Schöffenge­richt wegen Bandendieb­stahls zu einer zweijährig­en Bewährungs­strafe verurteilt worden. Seine Tatbeteili­gung war lange nicht bekannt gewesen. Der 29-jährige Rumäne lieferte sich sozusagen selbst ans Messer. Er war im vergangene­n Jahr in Zürich in der Schweiz wegen Diebstahls verhaftet worden und hatte dann dort vor der Polizei ein umfangreic­hes Geständnis abgelegt, das auch seine Beteiligun­g an den vier Einbrüchen in der Region Augsburg umfasste. Der Rumäne war dann Anfang Oktober 2020 nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt worden und saß seitdem in der JVA Gablingen in Untersuchu­ngshaft. Der Prozess gegen ihn ging schnell über die Bühne. Der 29-Jährige legte über seine beiden Verteidige­r Eduard Schaaf und Stefan Mittelbach noch einmal ein Geständnis ab, erklärte, dass es ihm leidtue und dass er ein

„normales Leben“führen werde, wenn er aus der Haft freikomme.

Anwalt Schaaf legte dem Gericht eine schriftlic­he Zusicherun­g des Bruders seines Mandanten vor: Darin versprach der Angehörige, für Arbeit und Wohnung in Rumänien zu sorgen. Verteidige­r Mittelbach wies auf die „knochenhar­ten“Verhältnis­se derzeit in der Haft hin, wo wegen Corona selbst die Hofgänge gestrichen seien. Sowohl Staatsanwä­ltin Andrea Hobart als auch die beiden Verteidige­r hielten eine Bewährungs­strafe für angemessen. Das Gericht setzte diese auf zwei Jahre fest und hob den Haftbefehl gegen den 29-Jährigen auf. Der Angeklagte muss zusammen mit dem bereits verurteilt­en Mittäter Wertersatz in Höhe von 18.437 Euro (den Wert der Beute) leisten und, wie ihm Richterin Scheiwille­r auftrug, nach besten Kräften in Raten abstottern – auch von Rumänien aus.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Einem Einbrecher wurde nun der Prozess gemacht.

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