Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Strafbefehl gegen Peter Hummel erlassen
Der Freie-wähler-stadtrat soll unter falschem Namen Menschen diffamiert haben – unter anderem einen Stadtrats-kollegen. Ein Strafbefehl sieht eine Bewährungsstrafe vor. Hummel will Einspruch einlegen
Das Amtsgericht hat einen Strafbefehl gegen den Freie-wähler-kommunalpolitiker Peter Hummel erlassen, wie die Behörde auf Anfrage bestätigt. Wie berichtet, soll der frühere Ob-kandidat der Freien Wähler und heutige Stadtrat der Fraktion „Bürgerliche Mitte“den Ermittlungen zufolge andere Menschen unter falschem Namen diffamiert haben. Der Strafbefehl sieht eine Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung vor. Der Fall hat vor allem wegen eines Vorwurfs eine enorme politische Brisanz, es geht um falsche Belästigungsvorwürfe gegen Stadtrat Peter Grab von der Gruppierung „Wir sind Augsburg“. Mitglieder von Hummels Stadtratsfraktion und der Freien Wähler betonen in ersten Reaktionen, dass für Hummel weiter die Unschuldsvermutung gelte. Peter Hummel äußerte sich indes dazu, wie er weiter vorgehen will.
Hummel kündigte an, Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen. Wenn ein Gericht einen Strafbefehl erlässt, heißt das noch nicht, dass die Vorwürfe juristisch erwiesen sind oder der Verdächtige die beantragte Strafe tatsächlich bekommt. Zwar ist ein Strafbefehl quasi ein Urteil, das Richter nach der Prüfung der Aktenlage fällen – wenn sie nach Stand der Dinge von der Schuld des Betroffenen überzeugt sind. Wenn der Beschuldigte allerdings innerhalb von zwei Wochen Einspruch gegen einen Strafbefehl einlegt, wird der Strafbefehl zu einer Anklageschrift. Das bedeutet, es kommt dann in der Regel zu einem öffentlichen Prozess, in dem alles aufgerollt wird.
Peter Hummel gehört dem Stadtrat seit den Kommunalwahlen im vergangenen Frühjahr an. Er trat bei den Wahlen für die Freien Wähler auch als Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters an und landete mit 3,2 Prozent der Stimmen auf Rang von fünf bei 13 Bewerbern. Nach der Wahl schlossen sich Freie Wähler, FDP und Pro Augsburg zur Fraktion „Bürgerliche Mitte“zusammen. Hat das Bündnis nun noch Bestand? Die Stadträte äußern sich bisher vorsichtig – mit Verweis darauf, dass das Verfahren nicht abgeschlossen ist. Sollte Hummel aber rechtskräftig verurteilt werden, dürfte es Konsequenzen für die fünfköpfige Fraktion haben. Die frühere Richterin und Pro-augsburg-stadträtin Beate Schabertzeidler sagt auf Anfrage, sie sehe den Fall „streng rechtsstaatlich“. Solange es keine Verurteilung gebe, sehe sie keine Veranlassung, etwas zu unternehmen. Bei einer möglichen Verurteilung müsste man aber „neu denken“.
äußert sich Fdp-stadtrat Lars Vollmar. Zur Aufklärung der Vorwürfe gebe es ein Gerichtsverfahren. Man wolle die gute Zusammenarbeit im Stadtrat fortsetzen. Im Falle einer Verurteilung sei dies nicht weiter möglich, bei einem Freispruch natürlich schon. Auch der Bezirksvorsitzende der Freien Wähler in Schwaben, Alexander Hold, sagt, es gelte die Unschuldsvermutung. Er vertraue darauf, dass die Vorwürfe aufgeklärt würden. Sollten sie zutreffen, müssten sich die Freien Wähler in Augsburg aber Gedanken machen, welche Konsequenzen daraus zu ziehen wären.
Wie berichtet, legt die Staatsanwaltschaft Hummel Verleumdungsdelikte sowie einen Fall von versuchter Erpressung zur Last. Insbesondere ein Vorwurf ist politisch brisant, da er einen politischen Kontrahenten Hummels betrifft: Hummel soll den Ermittlungen zufolge im Jahr 2018 unter dem erfundenen Namen einer Frau ein Schreiben an die Freien Wähler im Landkreis Augsburg verfasst haben, in dem Wsa-stadtrat Peter Grab wahrheitswidrig sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Zudem enthält der Strafbefehl den Vorwurf der versuchten Erpressung. Hummel soll den Ermittlungen zufolge versucht haben, einem weiteren Stadtrats-kandidaten der Freien Wähler zu verbieten, das Logo der Freien Wähler im Wahlkampf zu verwenden – außer, dieser Stadtratskandidat zahle eine Spende von mehreren Hundert Euro an den Verein der Freien Wähler.
Die Freien Wähler in Augsburg haben in einer Pressemitteilung den Sachverhalt aus ihrer Sicht anders dargestellt. Demnach sei der Kandidat in einem Gespräch mit dem Vorstand darauf aufmerksam gemacht worden, „mögliche Urheberrechtsverletzungen im Zusammenhang mit eigenständig in Auftrag gegebener Wahlwerbung in Kauf genommen zu haben“. Peter Hummel habe als stellvertretender Vorsitzender der Freien Wähler das Gespräch protokolliert und für alle Teilnehmer in einer E-mail zusammengefasst, bei einem Mediationsgespräch wenige Tage später seien „sämtliche Irritationen und Missverständnisse in dieser Angelegenheit ausgeräumt“worden. „Auf eine Zahlung seitens des Listenkandidaten für die – ohne Absprache mit dem Rechteinhaber – verwendeten Logos, wurde dabei einvernehmlich verzichtet“, so die Freien Wähler.
Für Betroffene, die einen Strafbeähnlich fehl erhalten, birgt es Chancen, dagegen vorzugehen, schließlich kann es auch zu einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens kommen – aber auch ein gewisses Risiko. Das liegt daran, dass ein Strafbefehl eine sogenannte „Geständnisfiktion“enthält. Das bedeutet: Der Richter verhängt eine relativ milde Strafe, da der Beschuldigte, sollte er den Strafbefehl akzeptieren, damit formell auch ein Geständnis abgelegt hat. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Wenn es nach einem Einspruch zu einem Prozess und einem Urteil ohne Geständnis des Angeklagten kommt, dann kann die Strafe auch höher ausfallen, als es ursprünglich der Fall war. Laut Gemeindeordnung verliert ein Stadtrat bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr automatisch sein Mandat.