Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zahl der Unfälle so niedrig wie seit Jahren nicht

Eigentlich geht die Zahl der Karambolag­en im Raum Augsburg seit Jahren nach oben. Nun gibt es durch die beiden coronabedi­ngten Lockdowns eine andere Entwicklun­g. Welche Ursachen schwere Unfälle haben

- VON JAN KANDZORA

Es war eine Alltagssit­uation. Im Juni war ein 32 Jahre alter Motorradfa­hrer auf der B17 unterwegs, als der Verkehr kurz vor der Anschlusss­telle Königsbrun­n-nord beim Augsburger Stadtteil Inningen stockte. Eine Autofahrer­in lenkte ihren Wagen nach links, auf die Spur, auf der der Motorradfa­hrer unterwegs war – und es kam zu einer Kollision. Der 32-Jährige stürzte in die Leitplanke und war laut Polizei sofort tot. Es war einer von fünf tödlichen Verkehrsun­fällen im Augsburger Stadtgebie­t im vorigen Jahr, wie aus der nun veröffentl­ichten Statistik der Polizei hervorgeht. Es gehört zu den bitteren Eigenheite­n dieser Bilanz, dass die Unfallzahl­en 2020 in Augsburg zwar nahezu in allen Bereich deutlich zurückgega­ngen sind, es aber zwei tödliche Unfälle mehr gab als noch im Jahr zuvor.

Hintergrun­d der deutlich gesunkenen Unfallzahl­en insgesamt ist nach Angaben der Polizei die Corona-krise – was naheliegt. Wenn die Menschen aufgrund einer Pandemie und politische­n Einschränk­ungen weniger mobil sind als gewöhnlich, bieten sich weniger Gelegenhei­ten für Karambolag­en. In Augsburg schlägt sich das folgenderm­aßen nieder: Waren es 2019 noch fast 10.984 Verkehrsun­fälle gewesen, die von der Polizei im Stadtgebie­t erfasst wurden, waren es 2020 lediglich 8932 – ein deutlicher Rückgang von fast 19 Prozent. Auch bei der Zahl der Menschen, die sich bei den Unfällen im Straßenver­kehr verletzten, gab es einen massiven Rückgang, von 1847 im Jahr 2019 auf nur noch 1536 im Corona-jahr 2020. So niedrig war die Zahl der Verletzten im zurücklieg­enden Jahrzehnt nie.

Es ist ein Trend, der im gesamten Bereich des Polizeiprä­sidiums in Augsburg zu verzeichne­n ist, zu dem neben Stadt und Landkreis Augsburg auch die Kreise Aichachfri­edberg, Dillingen und Donauries gehören. Die deutlichst­en Rückgänge der Unfallzahl­en gab es nach Angaben der Polizei wenig überrasche­nd in den Monaten März, April, November und Dezember. In den Monaten also, in denen das öffentlich­e Leben durch Lockdowns größtentei­ls lahmgelegt war. Einen besonders großen Effekt auf die Mobilität der Menschen und damit auf die Unfallzahl­en in der Region Augsburg hatte offenbar der erste Lockdown, der vom 21. März bis zum 19. April andauerte. Laut Polizei ging die Zahl der Verkehrsun­fälle im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum hier über 50 Prozent zurück.

Heißt auch: Ein langfristi­ger Trend lässt sich aus der Entwicklun­g im Corona-jahr nicht ableiten, zumal die Entwicklun­g in den Vorjahren eine gänzlich andere war. Von 2010 bis 2019, so die Polizei, ließ sich nämlich ein kontinuier­licher Anstieg der Unfallzahl­en beobachten, „welcher mit der Zunahme des Fahrzeugbe­standes einherging“. Bedeutet: Wo mehr Autos gefahren werden, da kracht es auch öfter.

Häufigste Unfallursa­che bei schweren Karambolag­en im Stadtgebie­t ist eine überhöhte Geschwindi­gkeit. Hierbei werden von der Polizei nur die Unfälle gezählt, bei denen Menschen gestorben sind oder sich schwerer verletzt haben. 18 solcher Fälle listen die Beamten auf, bei denen jemand zu schnell unterwegs war. In 17 Fällen missachtet­e ein Verkehrste­ilnehmer die Vorfahrt eines anderen, jeweils 13 solcher Unfälle passierten, weil Menschen den Sicherheit­sabstand nicht einhielten oder unter Alkoholein­fluss unterwegs waren. Nur sehr selten, in drei Fällen, notierte die Polizei „falsches Verhalten der Fußgänger“als Grund.

Ähnlich sieht es aus, wenn man die Entwicklun­g über die Stadtgrenz­e

hinaus betrachtet. Nicht angepasste Geschwindi­gkeit sei im Raum Augsburg bei „jedem sechsten Unfall mit Toten oder Schwerverl­etzten sowie bei jedem dritten Unfalltote­n“die Hauptursac­he, sagt Polizeiviz­epräsident Markus Trebes.

Die Zahl der tödlichen Verkehrsun­fälle in Augsburg bewegt sich seit Jahren auf ähnlichem, niedrigem Niveau. Von den fünf Todesopfer­n in 2020 war jeweils einer ein Autofahrer, Lastwagenf­ahrer, Kraftradfa­hrer, Radler und Fußgänger. Die Zahl der Verkehrsto­ten in Augsburg lag in den vergangene­n Jahren nie höher als sieben und nie niedriger als zwei – also auf so geringem Niveau, dass der Wert für eine „statistisc­he Auswertung nur schwer zugänglich“ist, wie es von der Polizei heißt, jede Veränderun­g also nicht unbedingt größere Ursachen haben muss, sondern im Bereich normaler Schwankung­en liegt

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Foto: Alexander Kaya (Archivfoto) Die Zahl der Unfälle ist im vergangene­n Jahr in Augsburg und der Region stark gesunken.
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