Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Umkämpfte Villa wird zum Fall für die Feuerwehr
Der Eigentümer will das Haus an der Hochfeldstraße abreißen, einige Anwohner wollen es retten. Dann schlagen sie Alarm, weil das historische Gebäude plötzlich unter Wasser steht. Jetzt wird über die Ursache gerätselt
Der Eigentümer will das Haus an der Hochfeldstraße abreißen, einige Anwohner wollen es retten. Dann muss die Feuerwehr anrücken.
Sie sieht fast aus wie ein romantisches kleines Schlösschen, die alte Villa in der Hochfeldstraße 15. Aber wie lange die Villa noch existiert, ist fraglich. Der neue Eigentümer hat bei der Stadt einen Antrag auf Abbruch gestellt, um ein großes modernes Wohngebäude zu errichten. Nun fordern Bürger, die Villa zu retten. Am Samstag wurde das umkämpfte Gebäude zu einem Fall für Polizei und Feuerwehr.
Anwohner Werner Petrak sagt: „Diese Villa hat Charakter“. Für ihn sei es unvorstellbar, das alte Gebäude abzureißen und stattdessen einen deutlich größeren Neubau hinzustellen. Sein Wunsch: „Die Stadt sollte dafür sorgen, diese Villa zu erhalten“. Der neue Eigentümer hat indes andere Pläne. Immobilienunternehmer Maximilian Wolf hat bei der Stadt den Abbruch des alten Gebäudes und einen größeren Neubau mit zehn Wohneinheiten und Tiefgarage beantragt. Wolf sagt, ursprünglich habe er die Villa sanieren wollen. Doch dann habe man größere Schäden im Anbau festgestellt. Das Haus drohe zu kippen. Wolf erklärt seinen Schwenk hin zum Neubau nicht nur mit einer maroden Bausubstanz, sondern auch mit finanziellen Gründen. „Ich habe die Villa für mehrere Millionen Euro gekauft und trage das wirtschaftliche Risiko.“Der Investor versichert, er werde alles daran setzen, eine architektonisch passende Lösung für das Viertel zu finden. Auch die alte Rotbuche im Garten der Villa werde erhalten und die Baumkrone eigens gesichert.
Nicht nur Anwohner sehen den geplanten Abriss kritisch. Auch Fachleute wie die beiden Augsburger Architekturhistoriker Barbara Wolf und Gregor Nagler sehen wichtige Gründe, warum dieses Gebäude erhalten werden sollte. Sie verweisen etwa auf die besondere Baugeschichte, die es auch für den Touristen interessant mache. Danach wurde die Villa um 1902 von den Architekten Albert Jack und Maximilian Wanner errichtet. Das Architekturbüro zählte um 1900 zu den erfolgreichsten und angesehensten in Augsburg. Bauherr war damals der Unternehmer Hermann Diesel, ein Vetter des berühmten Ingenieurs und Erfinders Rudolf Diesel. Zwar wurde die urJugendstil-villa im Krieg schwer beschädigt und danach in etwas einfacherer Form wieder aufgebaut. Deshalb steht sie nicht unter Denkmalschutz. Aus Sicht der beiden Architekturexperten bildet sie aber zusammen mit den benachbarten Reihen- und Mietshäusern an der Hochfeld-, Neidhart- und Lessingstraße eine in sich geschlossene, aufeinander abgestimmte und reizvolle Baugruppe. Gregor Nagler und Barbara Wolf fordern, die Villa zu erhalten und zu sanieren, wie ursprünglich geplant. Notfalls müsse die Stadt dies mit einer Art Milieuschutz durchsetzen. Dies sei mit einer Erhaltungssatzung in bestimmten Gebieten möglich. Dieses Instrument wird in anderen deutschen Städten bereits angewandt. In Augsburg wäre es neu.
Wie wird die Stadt mit dem Streitfall umgehen? Nach Angaben des Baureferats ist über den Antrag für einen Neubau in der Hochfeldstraße 15 noch nicht entschieden. Nach erster Vorprüfung werde das Bauvorhaben durch mehrere Fachämter abgelehnt. Offenkundig versucht man auch bei der Stadt, die alte Villa zu retten. Das Baureferat teilt mit: In der Bauverwaltung sei man der Auffassung, dass das gesamte Bismarckviertel mit seinen Gründerzeitgebäuden und seiner größtenteils noch erhaltenen alten Bausubstanz, unabhängig von ihrer Denkmaleigenschaft, in ihrer heute noch vorhandenen Ursprünglichkeit erhalten werden sollte. Zwischenzeitlich wurde auch untersucht, ob die Villa nachträglich in die Denkmalliste aufgenommen werden kann. Dies sei vom Landesamt für Denkmalpflege verneint worden. Für den Abbruch sei damit keine Genehmigung nötig.
Trotzdem scheint es die Chance zu geben, in Augsburg neue Wege zu gehen. Denn auch in der Bauverwaltung hält man in diesem Fall eine Erhaltungssatzung für wünschenswert.
Diese werde nun angestrebt. Das Instrument im Baugesetzbuch kann man anwenden, um die städtebauliche Eigenart eines Gebiets zu erhalten. Voraussetzung ist, dass dort Bauten vorhanden sind, die das Ortsbild prägen oder sonst von städtebaulicher, geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind. „Wir sehen die rechtlichen Kriterien im Bismarckviertel erfüllt“, so das Baureferat. Ob die Villa dann aber noch zu retten sein wird, ist unklar. Am vergangenen Samstag kam es zu einem dramatischen Vorfall. Anwohner schlugen Alarm, weil das unbewohnte historische Gebäude plötzlich unter Wasser stand.
Polizei und Feuerwehr rückten am Vormittag an. Die Einsatzkräfte verschafften sich Zutritt zum Gebäude und drehten den Haupthahn der Wasserleitung ab. Nach Angaben der Polizei handelte es sich wohl um einen Wasserrohrbruch. Man habe im Gebäude keine Manipulation festsprüngliche stellen können. Deshalb habe die Polizei kein Strafverfahren eingeleitet. Dennoch wurde am Samstag von vielen Seiten gerätselt, wie es zu dem Schaden kommen konnte. Nachbar Petrak hat ein Foto, das zeigt, wie unter einem Waschbecken im zweiten Stock der Villa die Wasserleitung zum Eckventil unterbrochen ist. „Wurde sie herausgezogen?“, fragt er sich. Auch andere Anwohner rätseln, ob der Schaden möglicherweise absichtlich herbeigeführt worden sein könnte.
Eigentümer Wolf weist Vorwürfe und Spekulationen zurück. Er sagt, der Hausmeister sei vor etwa einer Woche in der Villa gewesen, um das Gebäude zu sichern, weil dort eingebrochen worden sei. Bei dem Termin habe er auch das Wasser abgestellt. Wolf sagte, er könne sich selber nicht erklären, wie es zu dem Schaden gekommen sei. Er beklagte, dass im Internet eine „Hetzjagd“gegen ihn stattfinde.