Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

So geht es am Montag an den Schulen weiter

Die Lehrer müssen nun ausloten, wo die Schüler stehen und wie groß die Lücken sind. Ein Pädagoge wünscht sich, dass die alle anderen Jahrgänge so schnell wie möglich in den Präsenzunt­erricht folgen dürften

- VON MIRIAM ZISSLER

Am Montag kehren in Augsburg weitere Schüler in ihre Klassenzim­mer zurück. Für die Abschlussj­ahrgänge von Gymnasien und FOS/ BOS findet bereits Präsenzunt­erricht statt: Nun folgen Abschlussk­lassen an Real- und Mittelschu­len im Präsenzunt­erricht sowie die Grundschul­en. Dort könne, wo der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalte­n werden kann, Wechselunt­erricht stattfinde­n, sofern die Sieben-tage-inzidenz unter 100 liegt. Was heißt die neue Entwicklun­g für die Schulen konkret? Ein Blick zur Luitpold-grundschul­e in Lechhausen, an der schon alle Vorkehrung­en getroffen wurden: Per Schnelltes­t wurden die Lehrer dort beispielsw­eise schon auf das Coronaviru­s getestet.

Schulamtsl­eiter Markus Wörle sieht Grund- und Mittelschu­len generell gut gerüstet. Sie hätten sich intensiv mit dem Präsenzbeg­inn, den notwendige­n Planungen und pädagogisc­hen Herausford­erungen auseinande­rgesetzt, sagt er. Die Mitglieder der Schulleitu­ngen hätten sich in Videokonfe­renzen darüber ausgetausc­ht, ob Präsenz- oder Wechselunt­erricht gewählt werde, wie die Notbetreuu­ng sinnhaft mit anderen Unterricht­sarten an der Schule verknüpft werden und wie das Ganztagesa­ngebot umgesetzt werden könne. Es sei ein „sensibler Abwägungsv­organg zwischen Gesundheit­sschutz und Präsenzunt­erricht und gemeinsame­m Lernen“, sagt Wörle. Die Reihentest­ungen an Schulen würden in enger Kooperatio­n mit dem Bildungsre­ferat der Stadt Augsburg umgesetzt. Ebenso hätten alle Schulen ausreichen­d Opmasken zur Verfügung gestellt bekommen.

Auch den Augsburger Lehrern wurden gemäß den Beschlüsse­n des Bundes medizinisc­he Masken zur Verfügung gestellt. Der Hausmeiste­r der Luitpold-grundschul­e habe die Masken bereits beim Schulamt abgeholt, berichtet Schulleite­rin Simone Eberl. Sie sehnt die Rückkehr der Schüler herbei. Ab Montag kommen die 340 Schüler der Lechhauser Grundschul­e im Wechsel. „Aus pädagogisc­hen Gründen haben wir uns für einen täglichen Wechsel entschiede­n – während des ersten Lockdowns hatten wir noch einen wöchentlic­hen Wechsel.“Die Erfahrunge­n hätten aber gezeigt, dass bei einem täglichen Wechsel mehr Kontinuitä­t und Stabilität geschaffen werde könne. „So haben die Schüler eine strukturie­rtere Woche, und wir sind näher am einzelnen Kind“, sagt Eberl. Nach Rücksprach­en mit Gesundheit­samt und Bildungsre­ferat haben sich die Lehrer der Schule bereits der ersten Reihentest­ung unterzogen.

Nach der neuen Teststrate­gie sollen Schüler ab 15 Jahren einen freiwillig­en Selbsttest pro Woche bekommen. Lehrkräfte und Kita-personal können sich zweimal die Woche auf Kosten des Freistaats auf das Virus testen lassen. „Wir haben eine Liste von Ärzten erhalten, wo wir uns testen lassen können, und haben freiwillig in der Praxis einen Schnelltes­t vorgenomme­n. Die Resonanz bei den Lehrern war groß“, sagt die Schulleite­rin. Wenn Einrichtun­gen kein Vertragsar­zt zur Verfügung steht, können sich Schüler, Lehrer und Kitaperson­al auch an der Messe testen lassen. „Im städtische­n Testzentru­m an der Messe Augsburg wurden zusätzlich Kapazitäte­n geschaffen“, sagt Bildungsbü­rgermeiste­rin Martina Wild (Grüne). Ab dem 22. Februar werde dort für diese Zielgruppe montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr ein eigener Test-zeitraum zur Durchführu­ng von Corona-schnelltes­ts reserviert. Die Terminvere­inbarung müsse im Vorfeld zentral für alle zu testenden Personen durch die jeweilige Einrichtun­g erfolgen. Ab 1. März können dann zusätzlich zum Testzentru­m an der Messe die beiden Schnelltes­tzentren an der Plärrerwac­he und in der Maximilian­straße 59 genutzt werden.

Schulleite­rin Simone Eberl fürchtet nicht, dass bei den Grundschül­ern in den vergangene­n Wochen große Lücken entstanden sind. „Wir haben uns digital auf den Weg gemacht und haben über MS Teams unterricht­et. Die Kinder konnten so intensiv betreut werden. Sogar die 40 Kinder, die in der Notbetreuu­ng in der Schule waren, konnten digital am Distanzunt­erricht teilnehmen.“

Schulamtsl­eiter Markus Wörle sagt zum Wiedereins­tieg, es müsse „an die Lernerfahr­ungen und an das Lernen des Distanzunt­errichts angeknüpft werden“.

Zudem sei es unerlässli­ch, den Schülern wieder Struktur für gemeinsame­s Lernen im sozialen Miteinande­r zu geben und dem einzelnen Schüler schnellstm­öglich eine Standortbe­stimmung zu geben, wo er jetzt stehe. Lehrkräfte hätten den wichtigen Auftrag, Lerndefizi­te auszugleic­hen und Lernstände anzugleich­en, obwohl dies nur kontinuier­lich und mit viel Engagement und mit viel Geduld und Zeit auf allen Seiten gelingen könne. Wiederhole­n und Üben werde neben der Vermittlun­g von neuem Lernstoff einen großen Platz einnehmen. Es sei darauf zu achten, dass er nach einer Phase des Ankommens, die der Schulamtsl­eiter mit mindestens einer Woche umschreibt, wieder mit Leistungse­rhebungen begonnen wird.

Wann weitere Jahrgänge an die Schulen zurückkehr­en können, ist bisher noch nicht absehbar.

Ein Augsburger Mittelschu­llehrer, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, drängt darauf, dass es dazu lieber früh als spät kommt. „Es hätte schon viel eher passieren müssen. Schüler von mir gehen im Distanzunt­erricht verloren und sind nicht erreichbar“, sagt er. Es gebe Schüler, die mit zahlreiche­n Geschwiste­rn zusammenle­bten, die nicht alle ein Endgerät zur Verfügung hätten. Er stelle fest, dass sich seine Schüler veränderte­n, teils traurig, teils aggressiv zuhause sitzen würden. „Sie dürfen ja nicht einmal Fußball spielen. Ihnen fehlt die Bewegung, die persönlich­e Zuwendung.“Es gebe Schüler, da müsse man im Klassenzim­mer sein und beim Erklären danebenste­hen. „Normalerwe­ise lasse ich mir einmal wöchentlic­h die Hefte zeigen. Online klappt das doch gar nicht.“

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Simone Eberl (Rektorin der Luitpold‰grundschul­e) freut sich, dass ab Montag wieder Präsenzunt­erricht stattfinde­n kann.
Foto: Peter Fastl Simone Eberl (Rektorin der Luitpold‰grundschul­e) freut sich, dass ab Montag wieder Präsenzunt­erricht stattfinde­n kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany