Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Was die CSU zu Söders Coronapolitik sagt
Zuletzt war Kritik am strengen Kurs des Ministerpräsidenten laut geworden, auch innerhalb seiner Partei. In der Augsburger CSU rumort es ebenfalls, offenen Widerstand gibt es aber nicht
Peter Schwab merkt, dass die Stimmung zuletzt angespannter, schwieriger geworden ist. In seinem Beruf als Polizist, als Familienvater mit Kindern im Homeschooling – und als Vorsitzender der CSU im Augsburger Stadtteil Bärenkeller. Der weiter strikte Corona-kurs von Ministerpräsident und CSU-CHEF Markus Söder stieß zuletzt immer wieder auf Kritik – und das nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch innerhalb seiner Partei. „Die Leute haben Fragen, und es fehlt eine Perspektive, wie es weitergehen soll“, sagt Schwab. Wackelt jetzt die Autorität des Parteichefs?
Grundsätzlich nicht, glaubt Peter Schwab. Aber es sei wichtig, dass Söder seine Politik erkläre – und ein Ohr für die Basis habe. Das erkennt Schwab aber auch. Man werde ernst genommen und gehört, wenn man Kritik und Anregungen vorbringt, so der Eindruck von Schwab, der für die CSU auch im Augsburger Stadtrat sitzt. Ähnlich sieht es sein Stadtratskollege Horst Hinterbrandner. Er sagt, man hadere innerhalb der Augsburger CSU nicht generell mit dem Agieren Söders. Die fehlenden Perspektiven im weiteren Umgang mit der Pandemie würden aber immer häufiger für Diskussionsstoff sorgen. „Es fehlen verlässliche Aussagen darüber, wie es konkret weiter gehen soll. Manchmal fragen wir uns schon: Müssen wir immer strenger sein als viele andere?“Nicht alle Stadträte der CSU sind so offen wie Schwab und Hinterbrander. Andere bei dem Thema schnell ab und verstecken sich lieber hinter der Augsburger Parteispitze.
Auch Rolf Schnell, Ortsvorsitzender in Kriegshaber, hat den Eindruck, dass es an der Parteibasis zu rumoren beginnt. „Wir sprechen viel über die aktuellen Geschehnisse und kommen schon auch mal an einen Punkt, wo wir sagen, das können wir so nicht mehr mittragen“, sagt er. So könne er selbst beispielsweise nur schwer nachvollziehen, warum Busse und Straßenbahnen zu Stoßzeiten weiter gut gefüllt sein können, Restaurants aber nicht öffnen dürfen. Bürger im Stadtteil ebenso wie Vereine, Gewerbetreibende oder auch die Feuerwehr würden vermehrt auf ihn zukommen und ihre Nöte durch Corona bei fehlender Perspektive auf ein Ausstiegsszenario aus dem Lockdown schildern.
„Ich denke, dass Herr Söder durchaus weiß, dass es an der Basis brodelt“, nimmt Schnell den Ministerpräsidenten aber auch in Schutz. Am Montag kündigte Söder weitere, wenn auch zaghafte Öffnungen für kommende Woche an – Fußpfleger etwa dürfen wieder arbeiten, Gärtnereien und Blumenläden sollen öffnen. Den Mitgliedern an der Basis fehle in manchen Bereichen einfach auch das Wissen, auf welche Expertenmeinungen und wissenschaftliche Erkenntnisse sich das Handeln von Söder im Detail stütze, meint Rolf Schnell. Eine Frage sei auch: Wie sollte die Alternative aussehen? Horst Hinterbrandner sieht diese Frage ebenfalls. Wenn man sich nach den Alwinken ternativen frage, komme man auch im Gespräch mit Bürgern meist zu keinem vollends überzeugenden Ergebnis.
Thomas Lidel, Chef der CSU in Oberhausen, ist davon überzeugt, dass der Söder-kurs nach wie vor der richtige Weg ist. „Ich habe in meinem Unternehmen beobachtet, dass viele Infektionen im privaten Umfeld, aber auch in Schulen stattfinden. Deshalb finde ich es gerade hier richtig, eine Rückkehr zur Normalität langsam angehen zu lassen“, so Lidel. Dennoch dürfe man die Sorgen der Bürger und der Wirtschaft zu den Folgen der Pandemie nicht außer Acht lassen. Regelungen für die Zukunft nach dem Motto „Wenn – dann“hält Lidel jedoch für den falschen Weg. „Vielmehr müssen wir stärker lokal agieren und versuchen, das Vorgehen an das Pandemiegeschehen vor Ort anzupassen“, ist er überzeugt.