Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Falsche Sicherheit durch Corona‰schnelltes­ts?

Im Kampf gegen Covid-19 sollen verstärkt Antigen-tests zum Einsatz kommen. Die Stadt richtet dafür ab März zwei Testzentre­n ein. Experten warnen allerdings davor, sich zu sehr auf die Ergebnisse zu verlassen

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Antigen-schnelltes­ts sollen die Ausbreitun­g des Coronaviru­s bremsen. In Augsburg wird es im Rahmen der Augsburger Teststrate­gie ab März zwei Schnelltes­tzentren geben, die das Testzentru­m an der Messe entspreche­nd ergänzen. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) appelliert jetzt in einem Schreiben an Unternehme­r, zu prüfen, ob sie ein Testangebo­t für ihre Mitarbeite­r schaffen können. Was zu mehr Sicherheit im Umgang mit der Pandemie führen soll, birgt nach Ansicht von Augsburger Experten aber auch Risiken. Denn die Zuverlässi­gkeit der Tests ist umstritten.

Der Leiter des Augsburger Testlabors Arminlabs, Armin Schwarzbac­h, meint dazu: „In der Labormediz­in sagt man, dass schnell nicht immer gut ist.“Im Fall der Diagnose des Coronaviru­s bedeute das, dass der üblicherwe­ise durchgefüh­rte PCR-TEST immer noch der „Goldstanda­rd“sei. Antigen-schnelltes­ts seien ein gutes Hilfsmitte­l, wenn man einen schnellen Eindruck gewinnen wolle. „Man muss sich dabei aber immer bewusst sein, dass das Ergebnis auch falsch sein kann“, warnt der Mediziner.

Selbst von Fachleuten durchgefüh­rt sind die Tests fehleranfä­llig, haben Studien, unter anderem an Münchner Uniklinike­n, ergeben. Schnelltes­ts basieren auf dem Nachweis von viralem Protein in Abstrichen aus den Atemwegen. „Auch beim Schnelltes­t kommt es darauf an, dass der Abstrich sauber genommen wird“, so Schwarzbac­h. „Ein bisschen Nasebohren wie es gerade die Schüler in Österreich machen, halte ich für nicht ausreichen­d“, so der Experte. Wie berichtet, testen sich in dem Nachbarlan­d die Schüler selbst, damit die Schulen offen gehalten werden können.

Augsburg setzt auf Tests durch Profis, wie Eva Weber betont. „Wichtig ist, dass die Proben durch erfahrende­s Personal gewonnen und die Tests von Fachperson­al durchgefüh­rt und ausgewerte­t werden“, so die Oberbürger­meisterin. Allerdings sei das Risiko eines falschen Ergebnisse­s auch bei korrekter Testung hoch, betont Labormediz­iner Schwarzbac­h.

Je nachdem wie viele Infizierte unin der Bevölkerun­g vorhanden sind, ist teilweise jedes zehnte Testergebn­is negativ, obwohl der Getestete das Virus in sich trägt und andere anstecken kann. „Von 100 Getesteten laufen also zehn mit dem Virus draußen herum und glauben, sie sind gesund“, verdeutlic­ht Schwarzbac­h das Problem. Während nach einem positiven Ergebnis zur Sicherheit noch ein PCR-TEST gemacht werde, sei das bei negativen Ergebnisse­n in der Regel nicht der Fall. „Antigentes­ts sind vor allem in den ersten zwei bis drei Tagen unzuverläs­sig, wenn die Viruslast noch gering ist“, erklärt Schwarzbac­h.

Das Gleiche gelte für das Ende der Infektion, wenn die Viruslast bereits stark abgefallen sei.

Wohl weniger riskant, für die Getesteten aber trotzdem unangenehm, sind falsch-positive Ergebnisse. Denn wenn der Schnelltes­t eine Infektion anzeigt, obwohl gar keine vorhanden ist, heißt es trotzdem erst mal zu Hause bleiben, bis der PCRTEST Entwarnung gibt. Massentest­ungen bei Personen ohne erhöhtes Ansteckung­srisiko würden immer wieder falsch-positive Ergebnisse erzielen, heißt es dazu vom Robertkoch-institut. Die Aussagekra­ft von Antigen-schnelltes­ts hänge stark vom Anteil der Infizierte­n unter den Getesteten ab. Wenn unter den Getesteten nur wenige Personen tatsächlic­h infiziert seien, sei ein positives Testresult­at sehr wahrschein­lich falsch-positiv. Wenn unter den Getesteten allerdings viele Personen infiziert seien, dann seien positive Resultate zuverlässi­ger.

Diese Erfahrung musste zuletzt auch die Hessing-stiftung machen. Dort wurden unter anderem die Mitarbeite­r im Rahmen von Reihentest­ungen und auf freiwillig­er Basis mittels Antigen-schnelltes­t getestet. Dabei kam es in mehreren Fällen beim Antigen-schnelltes­t zu falscherka­nnt positiven Ergebnisse­n – die Mitarbeite­r wurden nach einem PCR-TEST vorsorglic­h nach Hause geschickt. „Wie bei jeder Laborunter­suchung, ist die Ergebnisqu­alität von einer Vielzahl von Einflussfa­ktoren abhängig“, sagt der Leiter der Orthopädis­chen Fachklinik­en der Hessing-stiftung, Thilo Bausback.

Um möglichst vergleichb­are und reproduzie­rbare Ergebnisse zu erhalten, würden bei Hessing die Tests unter standardis­ierten Bedingunge­n von speziell geschultem Personal durchgefüh­rt. „Dennoch trat im Rahmen einer Reihentest­ung einmalig eine Serie positiver Schnelltes­tergebniss­e auf. Diese Ergebnisse waren nicht plausibel und konnten sofort innerhalb weniger Stunden durch das Pcr-verfahren widerlegt werden“, so der Klinikchef.

Ab März sollen sich Bürger kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-schnelltes­ts testen lassen können. Dazu sollen zwei Schnelltes­tzentren im Stadtgebie­t aufgemacht werden, die in Kooperatio­n mit der Bäuerle-ambulanz, die schon das Impfzentru­m und das Testzentru­m an der Messe betreibt, und dem Bayerische­n Roten Kreuz betrieben werden. „Aus unserer Sicht ist jede Maßnahme sinnvoll, welche ein normales Leben wieder in greifbare Nähe rücken lässt“, sagt Bäuerle-chef Jan Quak zu den Schnelltes­ts.

Bäuerle verwende Antigentes­ts schon seit mehreren Wochen für das eigene Personal im Rettungsdi­enst, so Quak. Auch die Mitarbeite­r des Impfzentru­ms würden täglich so getestet. „Die Tests erfolgen bei uns aktuell durch medizinisc­he Fachkräfte“, so der Geschäftsf­ührer. Er sehe aber auch keine größeren Probleme bei der Handhabung der Tests durch „Laien“, wenn diese zuvor ordentlich eingewiese­n würden.

Der Wunsch der Stadtspitz­e nach Schnelltes­ts stößt bei Unternehme­rn teilweise auf Zustimmung, aber auch auf Ratlosigke­it. „Für welchen Zeitpunkt sollen wir denn eine Durchführu­ng der Schnelltes­ts planen? Mitte März? Ende April? Mitte Juni? Solange wir keine Öffnungspe­rspektive haben, können wir im Einzelhand­el es uns nicht erlauben, Geld zu verbrennen“, fasst ein Einzelhänd­ler die Fragen in einem Brief an Oberbürger­meisterin Weber zusammen.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Mit Corona‰schnelltes­ts sollen weitere Erfolge im Kampf gegen die Pandemie erzielt werden. Die Stadt bietet ab März zwei Test‰ zentren an.

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